Dolly - 06 - Abschied von der Burg
Nicolette beim nächsten Spritzer und trat den Rückzug zur Klippe an.
„O nein“, sagte Fräulein Pott. „Du bleibst hier. Wenn du dich selbst schon nicht überwinden kannst, dann schau doch wenigstens zu!“
„Billett?“ fragte Nicolette mit ausdruckslosem Gesicht. Hätte ich doch Nicolette nur einen einzigen Tag unter meiner Fuchtel! wünschte sich Fräulein Pott. Dann würde sie dieses alberne Wort bestimmt nicht mehr in den Mund nehmen.
Obwohl es Ewigkeiten gedauert hatte, bis sie ihre Angst vor kaltem Wasser überwunden hatten, konnten Evelyn und Margret schließlich doch schwimmen. Aber immer noch warteten sie, bis die anderen alle im Wasser waren. Waren Alice, Betty oder Martina in der Nähe, bekamen sie sonst zu viele „zufällige Stöße“. Und wenn Evelyn etwas verabscheute, dann war es die plötzliche, unvorbereitete Bekanntschaft mit Wasser.
An schönen blauen Tagen sah das Schwimmbecken herrlich aus. Es hatte eine tiefere Farbe als der Himmel, und nach ein paar Sommerwochen war das Wasser angenehm warm… bis zur nächsten Springflut, die das Becken überspülte und kaltes Wasser zurückließ.
Dolly liebte das Schwimmbecken. Auch wenn sie nicht schwamm, nahm sie ihre Bücher mit hinunter und träumte am leuchtend blauen Wasser.
Martina, Susanne und Dolly waren von jeher gute Schwimmerinnen gewesen. Aber die Neue – Amanda – stellte alle in den Schatten. Sie schwamm einfach hervorragend. Und als sie zum erstenmal ins Wasser sprang, hielten alle den Atem an. Amanda durchquerte das Becken mit gewaltigen Zügen.
„Kinder, was für eine Schwimmerin!“ rief Dolly. „So etwas habe ich noch nie gesehen! Die ist tatsächlich gut genug für die Olympischen Spiele! Sie wird uns alle schlagen, Susanne.“
Amanda war mit dem Schwimmbecken nicht zufrieden, obwohl es groß und tief war. Sie schaute auf das Meer hinaus. „Ich werde hinausschwimmen“, sagte sie.
„Das ist verboten“, sagte Dolly, die sich gerade abtrocknete. „Bei Flut ist dort ein sehr gefährlicher Strudel!“
„Strudel sind für so kräftige Schwimmer wie mich nicht gefährlich“, sagte Amanda und streckte die Arme, um Dolly ihre gewaltigen Muskeln zu zeigen. Auch ihre langen Beine waren kräftig. Sie ging etwas schwerfällig und sah für gewöhnlich nicht gerade graziös aus. Beim Tennisspielen oder Schwimmen jedoch bot sie den Anblick eines großen anmutigen Tieres. Die kleineren Mädchen bewunderten sie und kamen oft herbei, wenn es sich herumsprach, daß Amanda schwamm.
„Willst du vielleicht ein paar von den Kleinen trainieren, Amanda?“ fragte Susanne eines Tages. Als Spielführerin suchte sie ständig begabten Nachwuchs.
„Vielleicht“, sagte Amanda zurückhaltend. „Solange ich damit keine Zeit verplempere.“
„Na höre mal, das ist aber ein falscher Standpunkt!“ sagte Martina entrüstet. Martina war nicht sehr liebenswert, doch immerhin kümmerte sie sich um die jüngeren Schülerinnen und war für Susanne eine große Hilfe.
„Auf Burg Adlerhorst brauchten wir uns mit den Kleinen nicht abzugeben“, sagte Amanda und rubbelte sich so heftig ab, daß ihre Haut krebsrot wurde.
„Wir hatten jede Menge Sportlehrer, die sich um die Kleinen kümmerten. Ihr habt einfach zu wenig Sportlehrerinnen!“
Dolly kochte innerlich über diese Meckerei an Burg Möwenfels. Es gab genügend Lehrerinnen für alles! Bloß weil man hier aus dem Sport keine Religion machte, rümpfte dieses plumpe Ding die Nase!
Susanne sah Dollys Gesicht und gab ihr einen leisen Stoß. „Es hat gar keinen Zweck, etwas zu sagen“, meinte sie, als Amanda außer Hörweite war. „Sie ist so dickhäutig und selbstsicher, da macht ihr nichts Eindruck. Wahrscheinlich war sie völlig verzweifelt, als sich Burg Adlerhorst in Rauch auflöste. Jetzt haßt sie Burg Möwenfels, weil sie hier neu ist und im Sport nicht so weitermachen kann.“
„Sie soll sich gefälligst freuen, daß sie herkommen durfte“, schnaubte Dolly immer noch wütend.
Susanne lachte. Schon lange hatte Dolly keinen ihrer berühmten Wutanfälle mehr bekommen. Es hatte eine Zeit gegeben, da war Dolly praktisch bei jeder Gelegenheit in die Luft gegangen, und die ganze Schule war darüber entsetzt gewesen. Jetzt zeigte sich dieser Jähzorn nur noch sehr selten. Dolly hatte sich in der Gewalt.
„Laß dich nicht aus der Fassung bringen“, sagte Susanne nun. „Es genügt, wenn sie mich in Fahrt bringt. Denk dir, sie hält es nicht einmal der Mühe für wert, mit uns Tennis zu spielen.
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