Dolly - 11 - Hochzeit auf Burg Moewenfels
lachte hell auf.
„Nein, Papa! Trotzdem glaube ich, daß du die Damen in höchste Verwirrung versetzt hast. Laß uns gehen, beim Abendbrot erkläre ich dir, was es mit diesem eigenartigen Auftritt auf sich hat.“
Gewitterstimmung
„Ihr wißt überhaupt nicht, wie gut ihr es habt!“ seufzte Ulla aus der Dritten und schaute neidisch zum Tisch der Ersten hinüber. „Wenn wir doch nur mal für eine Woche tauschen könnten!“
„Warum?“ fragte Mona.
„Sie meint, wegen der Sauergurke!“ erklärte Olly, die hinter Mona stand. „Ist dir noch nie aufgefallen, was für eine
Beerdigungsgesellschaft der Tisch der Dritten ist? Kein Wort dürfen sie beim Essen reden! Und dauernd werden sie wegen ihrer Tischmanieren ermahnt! Die Sauergurke drillt ihre Klasse, als sollten sie demnächst bei Hofe vorgestellt werden!“
„Du sagst es!“ stöhnte Ulla. „Und wehe, jemand wagt es, mal über das Essen zu reden! Was auf den Teller kommt, wird aufgegessen, egal wie es schmeckt und ob man es schafft! Und wenn es einem zu den Ohren wieder rauskommt, da kennt sie kein Pardon! Man darf noch nicht mal eine Bemerkung machen, wenn es einem gut schmeckt, stellt euch das mal vor! Gleich gackert sie los: ,Es ist ungehörig, über das Essen zu reden; ein gut erzogenes Mädchen tut so etwas nicht!’ In welchem Benimmbuch sie wohl diesen Mist gelesen hat?“
„Und da habt ihr euch noch nicht gerächt? Das verstehe ich nicht!“ sagte Mona.
„Wie denn?“
„Oh, da fiele mir schon etwas ein. Zum Beispiel…“
„Später! Ich muß an meinen Platz, sonst gibt’s gleich wieder Krach. Vergiß ja nicht, was du mir sagen wolltest!“
Die ganze Mahlzeit über beobachtete Mona die Mädchen am Tisch von Fräulein Sauer. Die waren wirklich arm dran! Kein Mucks, kein Lachen! Wie die Besenstiele hockten sie auf ihren Stühlen, die Arme lagen wie festgeleimt am Körper, so mußte einem ja noch das leckerste Leibgericht vermiest werden! Die einzige, die ununterbrochen sprach, war die Sauergurke. Wie Pistolenschüsse knallten ihre Ermahnungen über den Tisch. Zwischendurch stopfte sie gierig das Essen in sich hinein, und immer wieder langte ihre Hand nach dem Salzfaß und schüttete kräftig von seinem Inhalt über alles, was sie aß.
„Kein Wunder, daß sie so giftig ist“, flüsterte Mona der neben ihr sitzenden Olivia zu. „Bei den Mengen Salz, die sie zu sich nimmt!“
„Von wem redest du?“
„Sauergurke!“
„Ach so, ja, das scheint ein Tick von ihr zu sein. Das habe ich schon oft beobachtet.“
„Prima“, murmelte Mona vergnügt, „daraus läßt sich was machen.“
Gleich nach dem Mittagessen stürzten Ulla und ihre Freundin Renate auf Mona zu.
„Na? Hast du eine gute Idee für uns?“
„Ich glaube, eine sehr gute. Sie verlangt, daß man alles ißt, was man auf dem Teller hat?“ erkundigte sich Mona.
„Genau.“
„Und sie selbst? Hält sie sich auch daran?“
„Natürlich, sie will ja immer ein leuchtendes Beispiel sein!“
„Ausgezeichnet. Dann werdet ihr morgen ausnahmsweise eine ruhige Mahlzeit haben.“
„Und wie sollen wir das machen?“
„Ganz einfach. Zucker.“
„Zucker?“
„Ja, Zucker in die Salzfässer! Probiert es mal. Natürlich müßt ihr die anderen einweihen, daß sie nicht auch aus Versehen von dem ,verwandelten Salz’ nehmen. Ich könnte mir vorstellen, daß eine gewisse Dame dann morgen während des Mittagessens sehr mit sich selbst beschäftigt ist.“
„Fabelhaft! Ein Jammer, daß wir darauf nicht eher gekommen sind!“
Natürlich wurden nicht nur die Mädchen aus der Dritten eingeweiht, sondern Mona und Olivia sorgten dafür, daß es alle Burgmöwen aus dem Nordturm erfuhren. Auf ihre Verschwiegenheit konnte man sich verlassen, denn es gab keine, die der Sauergurke sonderlich wohlgesonnen war.
„Das ist unser Glückstag!“ flüsterte Ulla ihrer Freundin Renate zu, als sie nach vollbrachter Tat aus dem Speisesaal kam. „Die Mädchen vom Tischdienst haben nichts davon gemerkt, daß ich den Inhalt all unserer Salzfässer umgetauscht habe. Aber was das beste ist: Es gibt Sauergurkes Lieblingsessen! Hammelfleisch mit grünen Bohnen. Da packt sie sich den Teller immer ganz unfein voll!“
„Hoffentlich platze ich nicht vor Lachen. Na dann, guten Appetit, liebe Sauergurke!“
Die Glocke läutete zum Essen, die Mädchen nahmen an ihren Tischen Platz. Aus der Küche wurden die dampfenden Schüsseln mit gekochtem Hammelfleisch, grünen Bohnen und Kartoffeln hereingetragen.
Fräulein Sauer bediente
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