Dolly - 13 - Ueberraschung auf der Burg
noch einmal und prüfte das Fensterbrett übertrieben genau. Dann schloß sie es schnell.
„Da ist wirklich nichts, Fräulein Innig!”
„Vielleicht hat sich etwas in der Scheibe gespiegelt?” meinte Ulla teilnahmsvoll.
Aber Fräulein Innig wußte es besser. Jetzt war es klar, der trügerische Leib-und Seelentröster hatte sie ruiniert. Sie hatte zum erstenmal Halluzinationen gehabt – das war das Ende. Die sonst so glühenden Apfelbäckchen wurden blaß.
„Entschuldigt bitte, mir ist nicht wohl”, stammelte sie und wankte zur Tür. „Renate, du übernimmst die Aufsicht über die Klasse. Ich muß mich etwas hinlegen.”
Am späten Abend erschien Fräulein Innig bei Dolly und Klaus und bat um die Adresse eines guten Arztes. Sie müsse sich dringend einer gründlichen Untersuchung unterziehen. Ihr Kreislauf… Dolly wüßte ja schon. Es wäre reizend, wenn sie gleich einen Termin bekäme, vielleicht schon für den nächsten Tag. Es sei wirklich sehr dringend.
„Selbstverständlich”, sagte Dolly freundlich. „Wenn es Ihnen recht ist, fahre ich Sie hin. Ich habe ohnehin ein paar Besorgungen in der Stadt zu machen. Morgen früh werde ich mich um den Termin kümmern, und nach dem Mittagessen fahren wir los.”
„Das ist gut”, seufzte Fräulein Innig erleichtert. „Ja, so wird es das Beste sein. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Hilfe!”
„Irre ich mich oder hatte das alte Mädchen eine Fahne?” fragte Klaus, als Fräulein Innig gegangen war.
„Du irrst dich nicht, mein Schatz. Und wenn du mich fragst – ich glaube, es ist an der Zeit, daß wir der Guten bei der Lösung ihres kleinen Problems helfen.”
Die Burg wird zur Insel
Drei Wochen lang blieb es kalt und klar. Drei Wochen lang marschierte nach dem Mittagessen eine kleinere oder größere Prozession, die Schlittschuhstiefel über den Schultern, zum Möwennest hinüber und vergnügte sich durcheinanderwirbelnd in immer gekonnteren Schwüngen und Bögen auf der Eisfläche.
Die Kochschülerinnen des Möwennestes hatten einen kleinen Kiosk gleich neben der Bahn aufgebaut, an dem heißer Tee und Kakao angeboten wurde, und das, was sie an Gebackenem in ihrem Kursus produziert hatten. Tag für Tag gab es neue Überraschungen. Der Erlös aus dem Verkauf der Erfrischungen sollte dem Eröffnungsfest der neuen Sporthalle zugute kommen.
Doch eines Tages war es mit dem Vergnügen vorbei. Dicke graue Wolken zogen am Himmel auf, und noch während alle beim Mittagessen saßen, begann es zu schneien. Die Kälte ließ nach, und ein kräftiger Wind kam auf, der bald zum Sturm wurde. Schon nach einer Stunde war es klar, daß für diesen Tag das Eislaufvergnügen ausfallen mußte, und daß man stattdessen eine Truppe freiwilliger Schneeräumer benötigte, die Innenhof, Auffahrt und Wege freihalten mußten.
Zunächst war das nichts weiter als eine unterhaltsame Spielerei, doch sehr bald merkten sie, daß sie Verstärkung brauchten, und daß es unmöglich war, mit den vom Himmel fallenden Schneemassen fertig zu werden.
„Hoffentlich kommt der Schneepflug bald”, sagte Dolly zu Klaus. „Mit dem Auto ist auf der Straße nicht mehr durchzukommen. Ich wollte ins Dorf, um Besorgungen zu machen!”
„Das kannst du jetzt nicht riskieren, du kämst sicher nicht weit. Ich werde mal bei der Gemeinde anrufen.”
„Nun, was sagen sie?” fragte Dolly, als ihr Mann zurückkam.
„Es sieht schlecht aus. Die Straßen sind zum großen Teil unbefahrbar, und es sind nur zwei Räumfahrzeuge im Einsatz. Natürlich müssen sie erst die Hauptstraßen freischaufeln. Bis wir drankommen, kann es später Abend werden. Aber mach dir keine Sorgen, vielleicht hört es ja in einer Stunde wieder auf zu schneien.”
„Nun ja, die Einkäufe könnte ich zur Not auf morgen verschieben. Dann werde ich mir jetzt noch ein paar Mädchen für das Räumkommando suchen und weitere Schaufeln organisieren. Solche Schneemengen hatten wir seit Jahren nicht mehr!”
Dolly zog sich ihren Kapuzenmantel über und steckte sich dicke Fausthandschuhe ein. Sie hätte zwar genug anderes zu tun gehabt, aber wenn sie ehrlich war, machte ihr die Arbeit draußen in den stiebenden Schneeflocken richtig Spaß. Wie herrlich frisch und würzig die Luft war! Die Flocken schmolzen auf den heißen Gesichtern, legten sich in einer dichten Schicht auf Mäntel und Mützen und verwandelten die Schar der Helfer in eine Armee von Schneemännern.
Klaus war mit einer Truppe aus älteren Mädchen, Lehrern und Hausangestellten
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