Dolly - 13 - Ueberraschung auf der Burg
Verfolgungswahn.“
„Um Himmels willen, wenn wir so was machen, trifft sie am Ende vor Schreck der Schlag!”
„Oder sie dreht durch!”
„Es darf natürlich nichts Dramatisches sein, nein, ich denke da an etwas ganz Sanftes, Liebes, Kleines…” sagte Anja listig.
Clara prustete los.
„Na klar, daß wir darauf nicht eher gekommen sind! Kleine liebe Streicheltiere”, sang sie vor sich hin.
„Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr!” sagte Hannelore ärgerlich.
„Weiße Mäuse! Liebe kleine, weiße Mäuse”, sang Clara kichernd und warf sich vor Vergnügen auf ihrem Bett hin und her.
„Und wie willst du das anstellen?” erkundigte sich Inge.
„Na, denkt doch mal logisch. Wann hat unsere liebe Innig am meisten von dem Zeug geschluckt?”
„Vormittags ist sie noch einigermaßen normal”, überlegte Ulla. „Aber nachmittags, wenn sie Aufsicht in der Studierzeit hat, da braucht sie das Fläschchen schon häufiger. Und kurz vor dem Abendessen werden ihr die Augenlider meist schon ziemlich schwer.”
„Beim Abendessen hält sie sich noch einigermaßen aufrecht, und danach ist sie verschwunden”, vollendete Renate den Satz. „Sie liebt es zwar, früh zu Bett zu gehen, doch wenn sie morgens beim Frühstück erscheint, ist sie nervös und müde, bis sie die ersten Tropfen genommen hat.”
„Es sei denn, sie hat schon beim Zähneputzen damit gegurgelt”, fügte Irmela hinzu.
„Seit wann schluckt man sein Gurgelwasser runter?” murmelte Inge.
„Was folgt daraus?” dozierte Anja. „Wir müssen die Tierchen in der Studierstunde erscheinen lassen, kurz vorm Abendessen, wenn’s draußen schon fast dunkel ist. Und nur Fräulein Innig darf sie sehen. Für uns müssen sie absolut unsichtbar bleiben!”
„Na, ob ich mich da beherrschen kann.” Irmela wiegte zweifelnd den Kopf. „Ich glaube, ich sterbe vor Lachen.”
„Dann brauchen wir das Ganze gar nicht erst zu starten. Wenn sich eine von euch vor Mäusen fürchtet oder einen Lachkrampf bekommt, dann hat es keinen Sinn”, sagte Anja.
„Und was ist, wenn die Mäuse ihr auf den Schoß krabbeln? Oder auf die Hand? Dann merkt sie doch, daß sie echt sind!” gab Ulla zu bedenken.
„Ganz einfach – wir setzen sie zwischen die Doppelfenster, da haben sie Platz genug, um herumzuspringen, und wenn Fräulein Innigs Blick wie immer traumverloren zum Fenster hinaus wandert, muß sie sie sehen. Natürlich müssen wir verhindern, daß sie sie zu früh bemerkt. Wir müssen sie so mit Fragen ablenken, daß sie gar keine Zeit zum Träumen hat.”
Die weißen Mäuse zu beschaffen, war nicht schwer. Renate und Ulla besorgten sie bei ihrem nächsten Stadtgang in der Tierhandlung, fünf niedliche Kerlchen mit roten glitzernden Augen und langen Barthaaren.
„Süß!” sagte Inge hingerissen. „Und was machen wir hinterher mit ihnen?”
„Wir schenken sie den Nestmöwen. Oder wir setzen sie drüben im Pferdestall aus, da können sie sich gemeinsam mit den Stallmäusen ihrer Freiheit erfreuen.”
„Oder sie werden von der Katze gefressen.”
„Das ist ihr Risiko. Immerhin haben sie eine echte Chance, zu überleben.”
Am nächsten Tag schien die Gelegenheit so günstig wie nie. Fräulein Innig ließ eine Klassenarbeit schreiben, und während sich die Köpfe über die Hefte neigten und die Federhalter über die Zeilen flogen, begann sie sich bald zu langweilen. Mit der Aufsicht nahm sie es ohnehin nicht so genau, und so lag es nahe, alsbald zu dem tröstenden Fläschchen zu greifen und etwas für die Gesundheit zu tun.
Am Ende der zwei Stunden, die für die Klassenarbeit anberaumt waren, war das Fläschchen fast leer, und die Apfelbäckchen der Lehrerin leuchteten purpurrot. Selbst die Nase begann, sich sanft zu verfärben, was ein sicheres Zeichen für erhöhten Konsum der Seelenmedizin war.
Beim Mittagessen war Fräulein Innig ziemlich schweigsam, auch fehlte es ihr am rechten Appetit, und sie zog sich bald zu einer Ruhepause zurück.
„Jetzt nimmt sie noch einen kleinen Schlaftrunk”, flüsterte Ulla, „und wenn sie aufwacht, einen Schluck zum Mundspülen und einen weiteren zur Anregung des Kreislaufs. Und dann noch einen, um den Nachmittag zu überstehen.”
„Und wie geht es unseren kleinen Schätzen?” erkundigte sich Anja.
„Oh, vorzüglich, sie ruhen sich für ihren großen Auftritt aus, nachdem sie köstlich gespeist haben. Kurz vor Beginn der Studierstunde setze ich sie ins Fenster.”
Daß Fräulein Innig sich für den Nachmittag ausgiebig
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