Dolly - 14 - KLassentreffen auf der Burg
erraten?
Babsi war so in Gedanken versunken, daß sie das Eintreten KlausHenning Schwarzes gar nicht bemerkte.
„Guten Morgen, meine Lieben!“ sagte der Lehrer gutgelaunt. „Eigentlich wollten wir uns ja heute einen Text aus dem Lesebuch vornehmen und uns damit befassen, wie man ein Referat aufbaut. Da ich aber festgestellt habe, daß es mit der Rechtschreibung bei einigen von euch noch gewaltig hapert, wollen wir zunächst ein kleines Übungsdiktat schreiben. Und jetzt schlagt bitte eure Übungsschulhefte auf.“
Es war ein eigenartiges Diktat. Die Geschichte handelte von einem jungen Mann, der sich in einem Gewirr von Sackgassen verirrt hatte und nirgends einen Ausgang fand. Er tauchte nach unten, nach oben, nach rechts und nach links, aber alles, was er vorfand, waren enge, finstere Röhren. Die Mädchen aus dem West-und aus dem Ostturm schüttelten die Köpfe über diesen Quatsch, nur die aus dem Nordturm fingen bald an zu kichern. Doch nun wurde die Geschichte noch eigenartiger. Nachdem der junge Mann einen siegreichen Kampf gegen eine riesige schwarze Spinne ausgefochten hatte, erschien eine gute Fee über ihm und gestand ihm, ihn zu lieben. Er solle ihr folgen bis ans andere Ende der Welt, dort würden sie glücklich sein. Die Liebesbeteuerungen der Fee waren so schwülstig und übertrieben, daß bald die ganze Klasse in gickerndes Gelächter ausbrach.
Babsi biß sich auf die Lippen. Das war fast Wort für Wort der Text ihres Briefes! Glaubte er etwa, das sei nichts weiter als ein Teil ihres Streichs gewesen?
Sie schrak zusammen, als der Lehrer plötzlich hinter ihr stand und in ihr Heft schaute.
„Das habe ich befürchtet“, murmelte er. „Sammelt bitte die Hefte ein. Legt sie auf meinen Tisch. Danke. Und du, Babsi, gehst jetzt bitte mal an die Tafel. Schreib uns das Wort ,Herz’ auf.“
,Hertz’, schrieb Babsi. Die Klasse stöhnte.
„Und nun das Wort ,Liebe’.“
,Liehbe’, schrieb Babsi. Die Klasse jaulte auf. Jetzt ging KlausHenning Schwarze an die Tafel.
,Liebe Babsi’, schrieb er, ,du solltest in diesem Schuljahr von ganzem Herzen deine Muttersprache lieben – und sonst gar nichts.’
So geht es nicht weiter
„Müssen wir uns das eigentlich gefallen lassen?“ stöhnte Charlie. „Diese ewigen Sticheleien und Zänkereien unserer beiden Neuen vermiesen die ganze Stimmung!“
„Wirklich! Wie schön war es voriges Jahr bei uns! Kein Streit, alle hielten zusammen, und wenn jemand mal sauer war, dann wurde das schnell wieder in Ordnung gebracht“, bestätigte Vivi. „Ich glaube, wir waren die beste Schlafsaalgemeinschaft von ganz Möwenfels.“
„Wenn ich denke, wie ich mich auf das neue Schuljahr gefreut habe!“ Olly warf ärgerlich das Buch auf den Tisch, in dem sie eben gelesen hatte. „Manchmal wünschte ich wirklich, wir könnten die beiden wieder loswerden.“
„Ja, abschieben, eine in den Ostturm, die andere in den Westturm. Während des Unterrichts sollen sie sich dann meinetwegen angiften“, sagte Gusti. „Aber im Schlafsaal wären wir sie wenigstens los. Und hier im Gemeinschaftsraum auch.“
„Wie hinterhältig sie sich gegenseitig das Leben schwermachen. Heute hat Maria Andreas Turnschuhe in den Papierkorb geworfen, weil sie sie nicht saubergemacht hatte. Sie hat die Nase gerümpft und gesagt, so was Dreckiges gehört auf den Müll!“
„Und gestern hat Andrea Marias Haarbürste in ihre Cremedose fallen lassen. Marias Haare waren völlig von Fettcreme verklebt! Sie ist total hysterisch geworden, weil es schon so spät war und sie keine Zeit mehr hatte, sich die Haare zu waschen.“
„Ach, darum hat sie so ein Theater gemacht. Ich war schon fast eingeschlafen“, erzählte Isa, „ich wußte gar nicht, was los war.“
„Natürlich hat unser Andrealein dann behauptet, ihr wäre das ganz aus Versehen passiert!“
„Wie immer.“
Vivi erhob sich seufzend. Dolly erwartete von ihnen, daß sie zwischen den beiden zerstrittenen Cousinen Frieden schafften und sie von ihrem sinnlosen Haß aufeinander befreiten. Aber wie sollten sie das jemals schaffen? Die beiden kamen ihr vor wie zwei durch einen Zaun voneinander getrennte Hunde, die – wann immer sie sich sehen
– mit wildem Bellen und Zähnefletschen aufeinander losgehen. „Pst, sie kommen!“ flüsterte Mona.
Aber es war nur Andrea. Ihr Gesicht strahlte vor unverhohlener Genugtuung, sie summte leise vor sich hin, holte ihr Briefpapier aus dem Schubfach und begann einen Brief zu schreiben.
Bald darauf wurde die Tür
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