Dolly - 18 - Sag ja, Dolly!
warst du so lange?”
Jacqueline kam um eine Antwort herum, denn der Oberkellner
drehte sich um und kam dicht an ihnen vorbei. So warf sie ihrem
Anbeter nur einen glutvollen Blick zu und sagte schmelzend: „Eine
Portion Erdbeereis bitte.”
„Für mich Pfirsich!” zwitscherte Helene mit Kußmündchen und
zwinkerte Francesco in der Küche verschwörerisch zu.
„Sehr wohl, gnädiges Fräulein.”
Die Mädchen kicherten hemmungslos, und der Oberkellner sah sich
stirnrunzelnd nach ihnen um. Aber Pietro hatte sich schon entfernt. Gleich darauf kehrte er mit dem Gewünschten zurück, bediente
zuerst Helene und stellte dann vor Jacqueline das Erdbeereis ab,
indem er sich dicht zu ihr neigte. „Oh, ich wünschte, dieses Eis wären
meine Lippen, bellissima! Wann darf ich dich endlich treffen?” „Bald…”, raunte Jacqueline und sah ihm tief in die Augen. „So lange kann ich nicht warten, ich werde sterben! Heute,
bellissima, sag, daß wir uns heute nacht treffen können. Ich muß dich
sehen, bitte! Und Francesco, mein Freund, er kann nicht mehr essen
und schlafen vor Sehnsucht nach Helene!”
Der Oberkellner kam zurück, ein Tablett mit Champagner und
Gläsern in den Händen. Pietro drehte sich um und tat, als sei er mit
anderen Dingen beschäftigt gewesen. Jacqueline und Helene steckten
tuschelnd die Köpfe zusammen. Dann baten sie ihren liebeskranken
Verehrer um Papier und Bleistift. Jacqueline schrieb eine Adresse
darauf, und Helene malte eine Skizze darunter. Ein Pfeil zeigte auf ein
Seitenfenster des Hauses, das sie gezeichnet hatte.
„Bitte zahlen!” rief Jacqueline und löffelte schnell ihr Eis hinunter. „Zweifünfundachtzig bitte”, schnarrte Pietro in geschäftsmäßigem
Ton.
„Stimmt so”, flötete Jacqueline und drückte ihm den Zettel in die
Hand. „Psst! Um Mitternacht, wenn ihr Dienstschluß habt, d’accord?
Es ist ein ganz einsames Haus, ihr könnt es nicht verfehlen”, wisperte
sie. „Aber seid leise, daß man euch nicht hört!”
Als Helene ebenfalls bezahlte, wurden ihre Augen plötzlich
riesengroß. „Attention! Monsieur Schwarze! Wir müssen gehn,
schnell!”
Über den Fluchtweg gelangten sie ins Freie, und als Klaus-Henning
Schwarze zur Burg zurückkehrte, saßen sie längst mit den anderen im
Speisesaal und erzählten, sie hätten wegen eines Ringes, den
Jacqueline verloren hatte, den ganzen Weg zurückgehen müssen.
Ein Liebhaber für Madame Monnier
Klaus war sicher, daß die raffinierten jungen Damen ihn ausgetrickst hatten, aber da er es ihnen nicht beweisen konnte, ließ er die Sache auf sich beruhen und nahm sich vor, sie in Zukunft besser im Auge zu behalten. Wichtiger war es jetzt, einmal in Ruhe mit den Monniers zu sprechen, und zwar noch an diesem Abend.
Der kleine wieselflinke Französischlehrer des Möwennests, ebenso rundlich und ebenso temperamentvoll wie seine Frau, die auf der Burg den Französischunterricht gab, freute sich über die Gelegenheit, ein wenig in seiner Küche zaubern zu dürfen und die überraschenden Gäste mit einigen Köstlichkeiten verwöhnen zu können, wenn er ihnen auch den Vorwurf machte, ihm zuwenig Zeit zur Vorbereitung, geschweige denn für ein paar Einkäufe gelassen zu haben.
Der Abend war sternenklar und recht kalt, deshalb scharte man sich um das prasselnde Kaminfeuer in dem behaglichen alten Strohdachhaus, das die Monniers seit ihrer Eheschließung bewohnten. Monsieur Monnier kredenzte einen seiner besten Burgunder, um – wie er sagte – auch von innen für die nötige Wärme zu sorgen. Es war so behaglich, daß es Dolly schwerfiel, in einem solchen Augenblick von
Problemen zu sprechen; aber es mußte sein.
„Unser überraschender Besuch hat natürlich einen Grund”, gestand
sie. „Ich bin zunehmend beunruhigt über das Verhalten unserer
französischen Mädchen. Sie sind höflich und nett, und über ihr
Benehmen kann ich nichts Negatives sagen. Aber sie sind einfach
nicht bereit, sich auf unser Leben einzulassen! Sie betonen bei jeder
Gelegenheit, daß sie ja nur Gäste seien und sich deshalb an unsere
Regeln nicht zu halten brauchten. Wenn man sie beobachtet, könnte
man meinen, es sei eine Strafe, auf Burg Möwenfels zu sein.” „Ja”, bestätigte Klaus Dollys Worte. „Gerade heute erklärten mir
Jacqueline und Helene wieder, in Paris führe man eben ein anderes
Leben, habe andere Interessen. Außerdem finden sie das Klima bei
uns unerträglich.”
„So ein Unfug!” empörte sich Madame Monnier temperamentvoll.
„Diese
Weitere Kostenlose Bücher