Dolly - 18 - Sag ja, Dolly!
Fragen beantworteten sie höflich lächelnd,
wichen ihm jedoch aus, sobald er das Thema ihres Verhaltens
innerhalb ihrer Klasse anschnitt. Sie paßten einfach nicht zusammen,
sagte Helene schließlich achselzuckend. In Paris führe man ein
anderes Leben und hätte andere Interessen. Dieses Landleben in so
einem rauhen, ungemütlichen Klima sei nun mal nichts für sie. Rauh
und ungemütlich? An so einem windstillen, sonnigen Tag? Klaus
schüttelte verwundert den Kopf und wollte etwas erwidern, aber da
zogen Angelika und Martina ihn mit sich fort und überschütteten ihn
mit Fragen. Jacqueline und Helene blieben zurück.
Im Strandcafe gab es ein wildes Durcheinander, bis jede einen Platz
gefunden und ihre Bestellung aufgegeben hatte. Klaus-Henning
Schwarze ging von Tisch zu Tisch und vergewisserte sich, daß alles
seine Ordnung hatte. Jacqueline und Helene saßen an einem Tisch für
sich und löffelten gleichmütig ihren Eiskaffee.
„Warum rückt ihr nicht ein bißchen zusammen, dann könnten eure
französischen Freundinnen bei euch mit am Tisch sitzen!” schlug der
Lehrer AnnaSophie und Franziska vor.
„Freundinnen?” Franziska zog eine Grimasse.
„Es ist sowieso schon so eng”, behauptete AnnaSophie und rührte
sich nicht vom Fleck.
Klaus-Henning Schwarze ging seufzend zu seinem Platz, wo eine
Portion Kaffee auf ihn wartete. Neben ihm saßen Iris, Juliane und
Helga, und bald drehte sich das Gespräch um die Fischer, die draußen
auf dem Meer ihre Netze einholten, und um ein großes, weißes
Passagierschiff, das am Horizont vorbeizog. Dann kam man auf
Ferienerlebnisse am Meer und Abenteuer, von denen man gehört oder
gelesen hatte. Zu spät merkte Klaus, daß die Zeit zum Aufbruch längst
gekommen war und trieb zur Eile an. In aller Hast wurde bezahlt, und
man machte sich auf den Heimweg.
Später war sich der Lehrer sicher, die beiden Französinnen beim
Bezahlen und Hinausgehen gesehen zu haben. Erst nach einer halben
Stunde bemerkte er, daß sie fehlten. Er bat Bine, die neue
Klassensprecherin, die Verantwortung für die Gruppe auf dem letzten
Stück des Heimwegs zu übernehmen, und kehrte um, die
Verlorengegangenen zu suchen.
Jacqueline und Helene hatten das Strandcafe zwar verlassen, aber
nur, um zwanzig Meter weiter in die nächste Tür wieder
hineinzuschlüpfen, in das Panorama-Restaurant des Strand-Hotels!
Hier waren sie schon seit einiger Zeit Stammgäste, kamen in der
Freistunde eilig herein, um einen Eiskaffee oder Tee zu trinken, und
wenn das Geld reichte, sich ein großes Stück Kuchen oder einen
Eisbecher mit Früchten zu leisten.
Wenn sie Glück hatten, hatte der hübsche Kellner Pietro
Nachmittagsdienst. Sein Freund Francesco arbeitete als Koch in der
Hotelküche. An solchen Tagen schlemmten sie gratis – auf Kosten der
beiden feurigen Kavaliere, die nicht aufhörten, ihnen Komplimente zu
machen und mit herzerweichenden Liebesschwüren um sie zu werben. Jacqueline und Helene wären keine Französinnen gewesen, wenn
sie auf die plumpen Schmeicheleien hereingefallen wären. Aber sich
ein wenig umsorgen und verwöhnen zu lassen, tat gut, also achteten
sie darauf, niemals ,Ja’, aber auch nie ein klares ,Nein!’ zu sagen. Schon als sie eilig die Terrasse des Restaurants betraten, sahen sie,
daß ihre Freunde anwesend waren. Pietro stand an der Durchreiche
zur Küche und flüsterte mit Francesco. Es war wenig Betrieb an
diesem Wochentag im Oktober, die Saison war längst vorbei, und nur
ein paar ältere Damen saßen an einem Ecktisch beim
Kaffeekränzchen. Jacqueline und Helene suchten sich einen Tisch
möglichst nah am Personalausgang, der zugleich ihr Fluchtweg war.
Pietro hatte ihnen gezeigt, wie sie von dort aus ungesehen auf den
Hinterhof und weiter an den Garagen vorbei auf einen Fußweg hinter
Gärten und Strandhäuschen gelangten, den nur wenige Leute kannten. Francesco entdeckte sie zuerst. Er drehte die Augen verzückt zur
Decke, dann warf er jedem der Mädchen eine Kußhand zu. Pietro
schoß herum. Es hätte nicht viel gefehlt, und er wäre Jacqueline um den Hals gefallen. Im letzten Moment wurde ihm bewußt, daß er sich im Dienst befand und der Oberkellner nur darauf lauerte, ihn bei einer Unkorrektheit zu erwischen. Also beschränkte er sich auf eine
höfliche Verbeugung.
„Guten Tag, die Damen, Sie wünschen bitte?” Er warf einen
raschen Blick in Richtung des Oberkellners, der von den alten Damen
an den Tisch gerufen worden war, und fuhr flüsternd fort: „Mia bella,
endlich! Wo
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