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Dolores

Dolores

Titel: Dolores Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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wie ich mich wand, bevor er mich schließlich umbrächte.
    Einmal fragte er, ob ich ihm die Flasche Scotch runterwerfen würde. Könnt ihr euch das vorstellen? Er wollte seine verdammte Flasche, und als er begriffen hatte, daß ich es nicht tun würde, verfluchte er mich und nannte mich eine dreckige, verbrauchte alte Fotze. Endlich wurde es wieder dunkler - diesmal wirklich -, also muß es mindestens halb, vielleicht auch um neun gewesen sein. Ich fing an, darauf zu achten, ob wieder Wagen auf der East Lane fuhren, aber bisher waren keine gekommen. Das war gut, aber ich wußte, ich konnte nicht damit rechnen, daß mein Glück ewig anhielt.
    Eine Weile später riß ich den Kopf von der Brust hoch und begriff, daß ich eingedöst war. Lange kann es nicht gewesen sein, denn am Himmel war noch ein wenig Helligkeit zu sehen, aber die Glühwürmchen waren wieder da und gingen wie üblich ihren Geschäften nach, und die Eule rief auch wieder. Jetzt, beim zweiten Mal, hörte es sich angenehmer an.
    Ich versuchte, mich zu regen und mußte die Zähne zusammenbeißen; sobald ich mich bewegte, stach und kribbelte es - ich hatte so lange gekniet, daß mir die Beine von den Knien abwärts eingeschlafen waren. Aber aus dem Brunnen war nichts zu hören, und ich begann zu hoffen, daß er endlich tot war - daß es mit ihm zu Ende gegangen war, während ich geschlafen hatte. Dann hörte ich schwache, schlurfende Geräusche und Stöhnen und Weinen. Das war das Schlimmste - er weinte, weil er Schmerzen hatte, wenn er sich bewegte.
    Ich stützte mich auf die linke Hand und richtete das Licht der Taschenlampe wieder in den Brunnen. Es fiel mir verdammt schwer, das zu tun; inzwischen war es fast völlig dunkel geworden. Irgendwie hatte er es geschafft, auf die Beine zu kommen, und ich konnte sehen, wie sich das Licht in drei oder vier nassen Stellen auf seinen Arbeitsstiefeln spiegelte. Ich mußte daran denken, wie ich die Sonne in den Scherben aus geschwärztem Glas gesehen hatte, nachdem er es satt gehabt hatte, mich zu würgen, und ich auf die Veranda gestürzt war.
    Als ich hinunterschaute, begriff ich endlich, was passiert war - wie er es geschafft hatte, zehn oder zwölf Meter tief zu fallen und sich nur zu verletzen, anstatt sofort tot zu sein. Der Brunnen war nicht mehr gänzlich trocken. Er hatte sich nicht wieder gefüllt - wenn das der Fall gewesen wäre, dann wäre er vermutlich ertrunken wie eine Ratte in einer Regentonne -, aber der Grund war feucht und sumpfig und hatte seinen Sturz abgemildert, und daß er betrunken war, dürfte auch geholfen haben.
    Er stand da mit gesenktem Kopf und schwankte von einer Seite zur anderen; um nicht gleich wieder umzufallen, hatte er die Hände gegen die Steinwände gestemmt. Dann schaute er hoch und sah mich und grinste. Bei diesem Grinsen überlief es mich heiß und kalt, Andy, denn es war das Grinsen eines Toten - eines Toten mit dem Gesicht und dem Hemd voller Blut, eines Toten mit etwas, das aussah wie in die Augen gesteckte Steine. 
    Dann fing er an, in dem Brunnen hochzuklettern.
    Ich sah es ganz genau und konnte es trotzdem nicht glauben. Er bohrte seine Finger in den Spalt zwischen zwei Steinen, die aus der Wand herausragten, und zog sich hoch, bis er seine Füße zwischen zwei weitere Steine keilen konnte. Da ruhte er sich eine Minute aus, und dann sah ich, wie eine seiner Hände wieder über seinem Kopf herumtastete. Sie sah aus wie eine fette weiße Made. Er fand einen weiteren Stein, krallte sich an ihm fest und holte die andere Hand nach. Dann zog er sich wieder hoch. Als er das nächste Mal ausruhte, hob er sein blutiges Gesicht ins Licht der Taschenlampe, und ich sah, wie Bröckchen von dem Moos auf dem Stein, an dem er sich festhielt, herunterrieselten auf seine Wangen und seine Schultern.
    Er grinste noch immer.
    Kann ich noch etwas zu trinken bekommen, Andy? Nein, keinen Jim Beam davon habe ich für heute abend genug gehabt. Nur ein Glas Wasser, mehr brauche ich nicht. Danke. Vielen Dank.
    Also, er tastete herum nach seinem nächsten Halt, als seine Füße abrutschten und er fiel. Ich hörte ein schlammig schmatzendes Geräusch. Er war auf dem Hintern gelandet und schrie und griff nach seiner Brust, genau wie im Fernsehen, wenn jemand so tut, als hätte er einen Herzanfall, und dann sank ihm der Kopf auf die Brust.
    Ich hielt es nicht mehr aus. Ich stolperte aus dem Brombeergestrüpp heraus und rannte zurück ins Haus. Ich ging ins Badezimmer und kotzte mir die Seele aus

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