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Dom Casmurro

Dom Casmurro

Titel: Dom Casmurro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joaquim Maria Machado de Assis
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ausgeben, was sie für mich ausgegeben hätte, und eine Waise bräuchte auch keinen besonderen Komfort. Er erinnerte an die Summe der Mieteinnahmen, eintausendsiebzig Milreis, und an die Sklave n …
    «Es gibt keinen anderen Weg», sagte ich.
    «Und wir treten gemeinsam aus.»
    «Du auch?»
    «Ja, ich auch. Ich verbessere noch meine Lateinkenntnisse, und dann trete ich aus. Die Theologie gebe ich auf. Selbst das Latein brauche ich eigentlich nicht. Wozu denn auch, als Kaufmann?»
    «In hoc signo vinces» , 60 sagte ich lachend.
    Ich kam mir geistreich vor. Oh, wie die Hoffnung doch alles beflügelt! Escobar lächelte, meine Antwort schien ihm zu gefallen. Dann dachte jeder von uns über sich selbst nach, und wir wirkten sicherlich beide gedankenverloren. Auf ihn traf dies zumindest zu, als ich aus meiner Versenkung auftauchte und ihm erneut für seinen Plan dankte. Einen besseren konnte es gar nicht geben. Escobar freute sich über meine Worte.
    «Und wieder einmal zeigt sich», sagte er in ernstem Ton, «dass Religion und Freiheit ein gutes Paar bilden.»
    97
    Der Austritt
    So geschah es. Meine Mutter zögerte zwar ein wenig, gab aber nach, als Pater Cabral, der mit dem Bischof gesprochen hatte, ihr noch einmal versicherte, dass dies eine gangbare Lösung sei. Am Ende des Jahres trat ich aus dem Seminar aus.
    Damals war ich etwas über siebzeh n …
    Hier müsste ich eigentlich bei der Hälfte des Buches angelangt sein, doch die Unerfahrenheit ließ mich hinter meine Feder zurückfallen, und nun geht das Papier zur Neige, obwohl das Beste noch gar nicht erzählt ist. Daher muss ich meine Geschichte fortan mit großen Schritten Kapitel um Kapitel vorantreiben, ohne Korrekturen oder Reflexionen, alles in Kurzfassung. Diese Seite hier steht für ein paar Monate, andere werden für Jahre stehen, und so werden wir ans Ende gelangen. Was diesem Zwang zur Kürze auf jeden Fall zum Opfer fallen wird, ist die Analyse der Emotionen meiner siebzehn Jahre. Ich weiß nicht, ob du je siebzehn warst, lieber Leser. Aber falls ja, dann weißt du wohl, dass es ein Alter ist, in dem aus einem halben Mann und einem halben Jungen ein kurioses Etwas gebildet wird. Und ich war äußerst kurios, wie unser alter Hausfreund José Dias sagen würde, womit er wohl auch recht hätte. Was dieser Superlativ konkret bedeutet, kann ich hier leider nicht darlegen, ohne jenem Fehler zu verfallen, den ich vermeiden will, nämlich die Emotionen aus jener Zeit einer Analyse zu unterwerfen. Obgleich ich sowohl ein Kind des Seminars als auch das meiner Mutter war und für gewöhnlich keusche Zurückhaltung übte, hatte ich gelegentlich auch kecke und verwegene Anwandlungen. Das war den Hormonen geschuldet, aber auch den Mädchen auf der Straße und an den Fenstern, die Unruhe in mein Leben brachten. Sie fanden mich sehr ansprechend und gaben mir dies auch zu verstehen. Einige wollten meine Schönheit von Nahem betrachten, und Eitelkeit ist der Anfang der Bestechlichkeit.
    98
    Fünf Jahre
    Es siegte die Vernunft; ich begann zu studieren. Ich wurde achtzehn, neunzehn, zwanzig, einundzwanzig, und mit zweiundzwanzig beendete ich mein Jurastudium.
    Alles um mich herum hatte sich verändert. Meine Mutter hatte beschlossen zu altern, obgleich die grauen Haare nur widerwillig, zögernd und spärlich zum Vorschein kamen. Die Haube, ihre Kleider und die flachen Schuhe mit den weichen Sohlen waren unverändert. Doch sie lief nicht mehr so viel hin und her wie früher. Onkel Cosme hatte Probleme mit dem Herzen und setzte sich zur Ruhe. Base Justina war einfach nur älter geworden. José Dias ebenfalls, doch noch nicht so alt, als dass er es sich hätte nehmen lassen, zu meiner Abschlussfeier zu kommen und danach leichtfüßig und beschwingt mit mir den Hügel hinabzusteigen, als hätte gerade er das Studium abgeschlossen. Capitus Mutter war verstorben, der Vater hatte sich aus jener Stellung in den Ruhestand verabschiedet, wegen der er damals aus dem Leben scheiden wollte.
    Escobar begann, mit Kaffee zu handeln, nachdem er vier Jahre in einem der besten Handelshäuser Rio de Janeiros gearbeitet hatte. Base Justina meinte, er habe mit dem Gedanken gespielt, meine Mutter zu einer zweiten Ehe zu führen, doch falls dies je seine Absicht gewesen war, galt es immer noch den großen Altersunterschied zu berücksichtigen. Vielleicht wollte er sie auch nur an seinen ersten kaufmännischen Versuchen beteiligen. In der Tat lieh sie ihm auf mein Bitten hin Geld, das er ihr

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