Domfeuer
zu lassen.« Konstantin schüttelte abermals den Kopf. »Nein, diese ganze Mailänder Geschichte stört mich.«
»Was meinst du?«
»Es ist fast hundert Jahre her, dass die Gebeine der drei Magier nach Köln gekommen sind …«
»Welch schöne Umschreibung für einen blutigen Beutezug.«
»Eine Ewigkeit also – und jetzt erst soll den Mailändern einfallen, wie sie die Reliquien zurückgewinnen können? Warum stehen sie nicht einfach mit einem Heer vor Köln?«
»Oh Einfalt der Jugend.« Roland verdrehte die Augen. »Weil sie dann gleich einen Krieg mit dem ganzen Reich in Kauf nehmen würden. Und wie hätten sie das Heer bis hierher marschieren lassen sollen? Der Kaiser hätte das doch niemals zugelassen.«
»Wie auch immer. Die Kriege von damals sind jedenfalls längst ausgestanden. Ich habe gehört, dass Mailänder Kaufleute sogar ein Handelshaus hier in Köln eröffnen wollen, irgendwo zwischen Heumarkt und Hafen. Welchen Grund sollten die Mailänder haben, es sich wieder mit uns zu verscherzen? Und die Geschichte unseres Häftlings erklärt auch nicht, warum die drei Kaufleute sterben mussten.«
»Das können wir diesen Nox oder Bruno von Madras fragen.«
»Wie stellst du dir das vor? Ich kann doch jetzt nicht hinaus auf den Platz gehen und vor aller Augen mit dem Finger auf Bruno von Madras zeigen.«
Roland wiegte den Kopf hin und her. »Sagen wir es so – wenn du Bruno anklagst und die Geschichte unseres Häftlings nicht stimmt, hätten viele Leute einen triftigen Grund, Groll gegen dich zu hegen. Der Erzbischof etwa, das Domkapitel, die Patrizier, ja alle Bürger dieser Stadt. In diesem Fall würde ich meine Freundschaft zu dir leugnen.«
»Na, vielen Dank auch«, sagte Konstantin. »Scherze helfen uns jetzt nicht weiter. Zweihundert Schritt von hier bricht gleich im Beisein der gesamten Stadt ein Viertel des Doms ein, und in der Zelle hinter dir behauptet ein Irrer durchaus glaubhaft, dass gleichzeitig die Gebeine der heiligen Kaspar, Melchior und Balthasar gestohlen werden sollen.«
»Zumindest können wir dafür Sorge tragen, dass Letzteres nicht geschieht. Der Schrein steht auf der anderen Seite des Doms im Atrium. Wir geben den Wachen Bescheid und lassen sie verdoppeln.«
Konstantin schüttelte den Kopf. Auch wenn Rolands Vorschlag sinnvoll war, am heutigen Tage war er nicht umsetzbar. »Alle Bewaffneten, seien sie nun von städtischer oder erzbischöflicher Seite, haben heute alle Hände voll zu tun. Wir brauchen handfeste Beweise. Eine Mailänder Münze und das Gerede eines Jungen, der unter Mordverdacht steht, genügen nicht. Wir müssen die Geschichte überprüfen.«
»Dann gehen wir doch an Bord des Schiffes und sehen nach, was sie geladen haben.«
»Nein, nein und nochmals nein. Wir unternehmen nichts, was den Zorn der Obrigkeit erregen könnte.« Roland hatte gut reden. Er musste ja nicht den Kopf hinhalten.
»Angst um deine Stellung?«
»Na und?«, rief Konstantin. »Mir hat die ganze Suppe schon nicht geschmeckt, als Theoderich Gir sie mir eingebrockt hat. Wenn ich sie schon auslöffeln muss, dann bitte auf meine Weise. Der junge Gir hat mit aller Macht versucht, mich gegen Dietrich von der Mühlengasse aufzubringen. Gänzlich unbegründet, wie es jetzt scheint.«
»Bitte sehr.« Roland verschränkte die Arme vor seiner Brust. »Wenn du niemandem auf die Füße treten willst, dann wüsste ich gerne, wie wir weiter vorgehen.«
Konstantin rieb sich die Unterlippe. Wenn er Paulus Glauben schenken wollte, lag eines auf der Hand – der Tod der drei Kaufleute musste ebenfalls etwas mit den falschen Herren von Madras zu tun haben. Genauer: mit den echten Herren von Mailand.
»Es gibt einen Weg, die Geschichte zu überprüfen«, sagte er. »Mir nach.«
Mit einer knappen Handbewegung sandte Konrad von Hochstaden von der Tribüne aus das Zeichen. Gerhard gab ein Nicken zurück und legte mit seiner Fackel selbst das erste Feuer. Mehrere Werkmeister taten es ihm nach. Gierig und wie ausgehungert fraßen sich die Flammen durch den Zunder und das Reisig, drangen tiefer in die Erde ein und labten sich an dem Futter, das Gerhards Helfer in den Tunneln ausgelegt hatten.
Als aus den Luftschächten Rauchfäden aufstiegen und sich sacht in den Himmel kräuselten, gab ihnen der Dombaumeister einige stille Gebete mit auf den Weg. Burkhart, mein lieber Burkhart, dachte er, hoffentlich hast du mir ein gutes Werk geliefert.
Das Feuer, das unter dem Dom aufloderte, gab ihm die Antwort. Schnell
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