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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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wandelten sich die schmalen Rauchfäden zu mächtigen schwarzen Säulen, die aus der Erde drängten. Ja, Burkharts Werk war gut, die Schächte fütterten die Flammen reichlich. Pfeifend und knackend entwich die Luft aus dem toten Holz, immer lauter schwoll das Knistern und Rauschen aus der Tiefe an, geradeso, als habe Gerhard mit der Fackel die Pforte zu einer Vorkammer der Hölle geöffnet.
    Die Hitze, die bald aus den Tunneln strömte, drängte die Männer zurück. Gerhards Wangen glühten. Ihm schien, als stieße der Dom einen heißen Atem aus, als hebe und senke er seine Brust in furchtsamer Erregung. Wieder überkam Gerhard Mitleid mit dem stolzen Bau. Doch es gab kein Zurück mehr. Dieser Teil des Doms würde fallen, noch heute.
    In wenigen Stunden, vielleicht auch schon in kürzerer Zeit, würde das Feuer ihm den Boden unter den Füßen wegziehen. In den Kölner Kirchen begannen die Glocken zu läuten. Sie verabschiedeten sich vom Dom.
    Konstantin drängte sich durch die Menschenmenge bis zum Fuß der Tribüne. Auf dem Weg hatte er Roland aus den Augen verloren, weil der Anblick des Doms ihn ablenkte. Pechschwarze Schwaden wanden sich die weißen Wände hinauf, griffen nach dem Stein wie gierige Hände, die das Heiligtum in den Abgrund reißen wollten. Aus der Tiefe der Tunnel drang ein Grollen. Doch noch blieb der Ostchor standhaft.
    Nur mit Mühe konnte Konstantin sich von dem Geschehen lösen und die Tribüne hochschauen. Er hoffte, den Mann, den er suchte, hier zu finden. Hin und her jagte sein Blick, bis er endlich den hochgewachsenen Patrizier mit den schlohweißen Haaren entdeckt hatte. Dietrich von der Mühlengasse saß nah bei Konrad von Hochstaden, natürlich, denn der Kaufmann gehörte zu den wenigen Parteigängern des Erzbischofs in der Stadt. Und er saß nahe bei Bruno von Madras.
    Konstantin musterte das hagere alte Männlein. Bruno hielt den Blick starr auf das Schauspiel gerichtet, so wie alle anderen Menschen auf der Tribüne und im Domhof auch. Es war kaum vorstellbar, dass dieser Greis hinter einer Verschwörung gegen das Allerheiligste der Stadt stecken sollte. Bruno wirkte harmlos, machtlos.
    Konstantin rannte die Stufen hinauf, schob sich in die Reihe, in der der Weise Platz genommen hatte, und überhörte die Flüche der feinen Herren, deren gute Aussicht er dabei störte.
    »Herr Dietrich, auf ein Wort.«
    Dietrich von der Mühlengasse sah verwundert zu ihm auf. »Büttel, du schon wieder. Was kann so wichtig sein, dass du nicht einmal auf den Abbruch des Doms warten willst?«
    »Glaubt mir einfach, wenn ich Euch sage, dass es eilt. Dietrich, verzichtet bitte auf alle Umschweife und sagt mir ehrlich, wie Euch Gir, Mummersloch und Quatermart betrogen haben.«
    Dietrichs Miene gefror zu Eis. Er stand auf, packte Konstantin am Kragen und zog ihn zu sich. »Büttel, bist du des Wahnsinns?«, zischte er leise. »Was wagst du hier vor den anderen Geschlechterherren so laut von Dingen zu reden, die niemandes Sache sind außer meiner und die der Toten?«
    Mit festem Griff umklammerte Konstantin Dietrichs Hand. »Das lasst meine Sorge sein. Ich bin Büttel dieser Stadt, und ich bestimme, wo und wie ich über welche Dinge rede. Antwortet mir schnell und antwortet meinetwegen leise, dann seid Ihr mich schnell wieder los. Wenn nicht, dann spucke ich hier noch lautere Töne, so laut, dass sie selbst der Erzbischof nicht überhören kann.«
    Dietrich kniff die Lippen zusammen, doch dann öffnete er den Mund wieder. Noch näher zog er Konstantin zu sich heran und flüsterte ihm ins Ohr: »Ich sagte dir doch schon, sie taten so, als wollten sie mit mir im Fernhandel gemeinsame Sache machen, doch waren sie nur auf ihren eigenen Vorteil bedacht.«
    »Auf der Reise nach Italien?«
    »So ist es.«
    »Ihr meintet bei unserem letzten Gespräch, die drei hätten sich von Euch abgesetzt.«
    Dietrich nickte. »Wir waren auf dem Rückweg von Venedig, wo ich ihnen viele Türen geöffnet hatte. Wir wollten zurück ins Rheinland, weil es nun an ihnen war, meine Waren zu verkaufen. Doch noch in der Lombardei wachte ich eines Morgens in unserer Herberge auf und fand meine Partner verschwunden. Drei Wochen später trafen wir uns zufällig wieder. Sie hatten die Zeit genutzt, sich eigene Kontakte aufzubauen. In einer anderen Stadt. Auf den Verkauf meiner Tuche in Köln hatten sie eigenmächtig verzichtet und die beiden Wagen mit meinen Waren irgendwo zurückgelassen.«
    »In welcher?«
    »Was?«
    »In welcher Stadt

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