Domfeuer
macht vielleicht die Beine schwer, aber den Kopf leichter. Das kannst du gebrauchen, glaub mir.«
Pieter trank den Becher selbst aus. Jenne rührte sich nicht, auch dann nicht, als er begann, seine Kleider abzustreifen. Wieder drang Gelächter aus der Schankstube zu ihnen herauf, und Pieter hätte am liebsten mitgelacht. Seine Laune stieg mit jedem Schluck Wein, der den Weg in seine Adern fand.
»Aber reden wirst du doch wohl können. Lass mich dein süßes Stimmchen hören. Sag schon, wie alt bist du?«
»Das weiß ich nicht, Herr«, erwiderte Jenne leise, ohne sich zu ihm umzudrehen.
Der nackte Pieter goss sich Wein nach und stellte erstaunt fest, dass er den Krug schon fast geleert hatte. »Was bist du nur für ein drolliges Kind. Du trinkst nicht, du sprichst kaum, du weißt nicht, wie alt du bist … weißt du denn wenigstens, was mit deinem Auge geschehen ist?«
Jenne schüttelte den Kopf, und Pieter tat es ihr belustigt nach. Wieder setzte er den Becher an den Mund und genoss, wie die wohlige Wärme seinen Schlund hinunterrann.
Der Lärm aus der Schankstube schwoll an, die Gäste begannen rhythmisch zu klatschen. Pieter verstand die Worte nicht, die die Männer riefen, aber sie schienen etwas zu fordern. Ihr Klatschen verfiel in einen schnelleren Takt, dann ging es plötzlich in lauten Jubel über. Als das Johlen abebbte, erklang Musik. Die Spielleute fiedelten, zupften und trommelten eine schnelle Weise.
Jenne wandte sich um und zeigte Pieter ein leuchtendes Auge. »Ich … ich könnte für Euch tanzen, Herr.«
Pieter lachte. »Da schau her. Es ist ja doch ein wenig Leben in dem süßen Mädchen. Du willst wohl Zeit schinden. Meinetwegen gern. Lass mir einen Happen zu essen bringen und dann tanz für mich. Aber mach dir keine falschen Hoffnungen. Mit Tanzen allein ist es heute Nacht nicht getan.«
Als sei das die beste Nachricht, die sie hätte bekommen können, sprang Jenne auf und lief zur Tür. »Etwas Braten vom Schwein, Herr?«
»Braten, Brot – und Wein, viel Wein, mein Kind.«
Jenne machte einen Knicks, verschwand durch die Tür und blieb eine ganze Weile fort. Irgendwann schreckte Pieter von einem Geräusch auf. Er musste eingenickt sein. Jenne hatte die Tür zugedrückt und stand mit einem Brett vor ihm. Es war so schwer beladen, dass sie es kaum halten konnte. Pieter schüttelte kurz den Kopf und blickte vom Bett auf. Was er sah, weckte seinen Hunger. Krustenbraten vom Schwein, ein ganzer Laib Brot und ein Krug Wein, dazu etwas getrocknetes Obst – Pieter fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Das Mädchen setzte das schon bedrohlich schaukelnde Brett neben ihm auf die Schlafstatt.
»Kann ich Euch sonst noch etwas besorgen, Herr?« Jenne verschränkte die Hände vor ihrem Schoß.
Pieter grinste und ließ den Blick auf ihre Hüften wandern. »Allerdings.«
Jenne schlug die Augen nieder. Hastig griff sie nach einem Messer und schnitt ein Stück vom Braten ab. »Hier, Herr. Der Wirt richtet Euch aus, das Essen geht aufs Haus.«
Pieter grunzte. »Das will ich meinen. Von meinem Geld kann er sich ein Dutzend Schweine kaufen.«
Er lehnte sich auf dem Bett zurück, die Lider wurden ihm schwer. Wein, er brauchte Wein. Rebensaft war Lebenssaft. Ungeduldig forderte er mit einer schnellen Fingerbewegung den Becher, den Jenne ihm füllte und reichte. Pieter trank. Er verspürte brennenden Durst, obwohl er doch schon wenigstens einen Krug getrunken hatte. Es musste das Verlangen nach diesem Mädchen sein, das in ihm brannte und ihn verzehrte.
»Jetzt tanz endlich für mich!«
»Ja, Herr.«
Jenne trat einige Schritte zurück in die Mitte des Raums. Sie schien nach dem Rhythmus der Musik zu suchen, die von unten aus dem Schankraum durch den Boden drang. Mit ungelenken Bewegungen begann sie, den Tönen von Laute, Fiedel, Flöte und Trommel zu folgen. Unbeholfen wirkte es, beinahe tollpatschig, wie sie ihre Hüfte wiegte und die Arme kreisen ließ. Auf Zehenspitzen tänzelte sie auf ihn zu, spielte mit ihrem Hemd und entzog sich ihm wieder. Pieter lachte. Sie tapste umher wie ein Bärenjunges. Aber ihm gefiel, was er sah. Gleich würde er ihr den Pelz kraulen und sie abrichten. Er fühlte sich wie in einem Rausch. Wie durch einen Nebel nahm er die Musik und den Tanz des Mädchens wahr.
Er winkte Jenne zu sich. Sie verschränkte die Arme über dem Kopf und kam mit langsamen Schritten im Fluss der Klänge auf ihn zu. Mit dem gekrümmten Zeigefinger forderte er sie auf, sich zu ihm
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