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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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Sandkaule und schließlich wieder ein Stück zurück zu den Mummerslochs bei Sankt Alban. Den Zickzackkurs musste sich der Fremde gefallen lassen. Das Haus von Hermann Mummersloch würde der Endpunkt der Führung sein, weil Paulus hoffte, sich in Angelas Kammer schleichen zu können und den langen, mühseligen Tag dort süß zu beschließen.
    Als sie die Mühlengasse kreuzten, öffnete sich der Weg ein wenig, und sie verließen die Dunkelheit der Ufergasse.
    »Geschäfte, Herr?«
    »Was meinst du?«
    »Geschäfte – führen Euch Geschäfte nach Köln? Die drei Kaufleute, zu denen ich Euch bringen soll, sind allesamt Tuchhändler. Gewandschneider, um genau zu sein, das heißt, sie handeln mit auswärtigen Tuchen.«
    Eine ganze Weile entgegnete der Fremde nichts. Sie tauchten in den pechschwarzen Schatten der Abtei Groß Sankt Martin ein, die sich rechter Hand in den Himmel reckte, und kamen auf den Fischmarkt. Hier verkauften die Händler tagsüber den grünen Fisch. Von der Frische der Fische war nicht mehr viel zu bemerken. Ein strenger Geruch stieg Paulus in die Nase. Das mochte an den Tonnen mit Abfall liegen, die immer noch herumstanden. Sie wurden abends gefüllt, wenn bei Marktschluss Büttel über den Platz gingen und den Fischen die Köpfe abschlugen, damit sie am nächsten Morgen nicht als frische Ware erneut feilgeboten werden konnten.
    »Keine Geschäfte«, sagte der Fremde endlich. »Mich führen Botschaften nach Köln.«
    Vor ihnen tat sich das Gassengewirr des Hafen- und Marktviertels auf. Zielstrebig wählte Paulus den Weg auf den Buttermarkt. Von Groß Sankt Martin läutete es zur Komplet, doch das Abendgebet schien zu Füßen des großen Vierecksturms niemanden zu scheren. Der Lärm der Gasthäuser stand im Wettstreit mit dem Geläut.
    Angewidert blickte der Fremde hinüber zu drei jungen Männern, die aus einem Gasthaus stolperten. Den Schimpfwörtern nach zu urteilen, die ihnen der Wirt hinterherwarf, waren sie im Unfrieden aus dem Schankraum geschieden. Ihrer Laune tat das keinen Abbruch. Singend und lärmend zogen sie weiter Richtung Kreidemarkt.
    Paulus bog nach rechts in die Salzgasse ein, die sie geradewegs zwischen die beiden großen Märkte führen würde, und unternahm einen weiteren Versuch, den Mann in ein Gespräch zu verwickeln. Er wusste nicht, warum, aber er ertrug es nicht, wortlos neben diesem wandelnden Fels herzugehen. Vielleicht brauchte er einfach nur immer wieder die Bestätigung, dass es sich bei dem Fremden auch wirklich um einen Menschen aus Fleisch und Blut handelte.
    »Was haltet Ihr von diesem Schiff?«
    Der Fremde horchte auf. »Welches Schiff?«
    »Na, das Schiff, vor dem Ihr mich angesprochen habt. Dieses riesige Ding, das so seltsam gebaut ist und unter Segel in den Hafen eingelaufen ist.«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Ist mir nicht aufgefallen.«
    Wie konnte ihm das entgangen sein? All die Menschen waren doch so spät nur deshalb auf dem Uferdamm gewesen, um das Schiff zu bestaunen.
    »Wann seid Ihr denn in Köln eingetroffen?«
    »Heute.«
    »Und mit welchem Schiff? Vielleicht kenne ich es sogar. Ich habe den ganzen Tag nur auf Niederländern gearbeitet.«
    »Warum willst du das wissen?«
    »Weil Ihr, falls Ihr ebenfalls heute angekommen seid, dieses große Schiff vielleicht unterwegs gesehen habt.«
    »Wie soll ich es da sehen, wenn ich doch auf einem anderen Schiff bin?«
    »An den Treidelstationen legen über Nacht immer mehrere Schiffe an. Dort vielleicht?«
    »Mach dir nicht so viele Gedanken. Ich bin auf dem Rücken eines Pferdes nach Köln gekommen.«
    Paulus sah den Mann an. »Warum sagt Ihr das denn nicht gleich? Ihr veralbert mich. Ich finde das ungehörig.«
    Der Fremde wandte ihm den Kopf zu. Es war nur eine kleine Bewegung, die Paulus in der Dunkelheit fast nicht ausmachen konnte. Aber sie wirkte bedrohlich wie das Zücken eines Schwertes. »Du redest zu viel. Dafür bezahle ich dich nicht.«
    Es bedurfte dieses Hinweises nicht. Paulus war ohnehin die Lust am Gespräch vergangen. Von nun an würde er den Mann beim Wort nehmen. Wollte er Paulus’ Stimme noch einmal hören, musste er dafür bezahlen.
    Mickel auf ihr war schwer wie ein Mühlstein. Irmel wusste nicht, wie lange er sie schon bearbeitete, sie wusste nur, dass es schon viel zu lange dauerte. Er hatte Schwierigkeiten, zu einem Ende zu kommen. Er japste nach Luft wie ein Karpfen auf dem Fischmarkt und schwitzte wie ein Schmied an der Esse. Mickel wäre nicht der erste Freier, der an

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