Domfeuer
verbissenem Ehrgeiz auf einer Hure starb.
Irmel wollte, dass es ein Ende nahm, so oder so. Die Schmerzen waren fast unerträglich. Wie irre stieß er immer wieder zu, als wollte er sie ans Bett nageln. Ihr Unterleib brannte, ihre Schenkel mussten voller blauer Flecken sein. Es war feucht unter ihr. Sie wusste nicht, wovon. Es musste aufhören.
Beherzt griff sie mit der rechten Hand unter ihrem Hintern hindurch nach dem, was von seinem Gemächt frei umherbaumelte. Als er ihr Reiben mit einem dunklen Stöhnen beantwortete, wusste sie, sie war auf dem richtigen Weg. Fester drückte sie den Hautsack, knetete und walkte ihn, immer im Rhythmus seiner Bewegungen, bis das Stöhnen lauter wurde. Mickel bäumte sich auf, stieß ein letztes Mal tief in sie hinein, ein letztes Mal ächzte das Bett unter ihnen. Das Stöhnen ging in ein unterdrücktes Röcheln über. Dann krallte er seine Finger so fest in ihre Arme, dass sie am liebsten geschrien hätte.
Aus dem Mühlstein wurde ein schlaffer Sack. Alle Spannung wich mit einem Schlag aus Mickels Körper, der schwer atmend neben ihr aufs Bett sank. Allmählich beruhigte er sich. Er würde es wohl überleben.
Sie starrte an die Decke und spürte, wie sein Samen aus ihr herausfloss. Wut stieg in ihr auf. Während sein Atem langsam flacher wurde, hob sich ihr Brustkorb vor Zorn immer heftiger.
»Du vertrocknetes Würstchen! Hast du nur noch Luft in den Lenden? Glaubst du, ich habe Lust, mich endlos pflügen zu lassen wie einen Acker? Beim nächsten Mal kostet es einen Denar mehr, Mickel, darauf kannst du Gift nehmen.«
Sie kostete es aus, dass Mickel zusammenzuckte. Er war schon fast eingeschlafen, als sie ihn mit ihrem Angriff überraschte. Nun richtete er sich auf.
»Bist du noch bei Trost, Irmel? Meinst du, es bereitet mir Freude, auf dir altem Gaul herumzureiten? Glaubst du, ich verzehre mich nach deinen Nörgeleien? Ich wähle dich, weil ich dich schon so lange kenne. Weil du mir leidtust. Ginge es mir nur ums Vergnügen, wärst du meine allerletzte Wahl, das kannst du mir getrost glauben.«
Irmel brachte keine Antwort heraus. Noch nie hatte es jemand gewagt, ihr so etwas zu sagen.
»Sieh dich doch nur an – Schamlappen statt Schamlippen, altes und speckiges Leder statt fester Brüste, und dein Arsch ist so knochig wie der einer alten Kuh. Dein einziger Vorzug ist dein zahnloses Maul, und das auch nur dann, wenn du dir was reinstecken lässt. Das tut nicht weh, und du bringst wenigstens für eine kurze Zeit mal kein Wort heraus.«
Mickel stand auf und schlüpfte in seine Beinlinge.
»Wir waren hier so etwas wie ein altes Ehepaar, Irmel. Das ist jetzt vorbei, ein für alle Mal. Beim nächsten Mal bestelle ich mir was Jüngeres. Wie heißt diese Kleine? Jenne? Genau die nehme ich. Bei der komme ich schon, wenn sie mir nur lieb zwischen die Beine guckt.«
Er raffte seine übrigen Kleider zusammen und verließ halb nackt die Kammer.
»Du … du … du altes Ekel!«, schrie Irmel ihm hinterher. »Du besteigst doch immer nur mich, weil du weißt, dass mein Schoß keine Kinder mehr gebären kann. Du hast doch nur Angst, dass dir die jungen Dinger Blagen anhängen. Nächste Woche schon kommst du wieder angekrochen.«
Sie wusste, das stimmte nicht. Irmel spie vor Ärger auf den Boden. Soeben hatte sie ihren letzten Stammfreier verloren.
Grunzen, Kreischen, Fidelspiel, Gelächter und Gesang – kurz bevor die Salzgasse Paulus und seinen Begleiter auf den Heumarkt entließ, schlugen ihnen bereits die sonderlichsten Geräusche entgegen. Fahrendes Volk hatte sich auf dem Platz niedergelassen, der sonst den Händlern vorbehalten war. Der bevorstehende Abbruch des Marienchores zog viele Menschen von nah und fern an, auch jene, die ihr eigenes kleines Schauspiel im Schatten des großen veranstalteten, um ein wenig Geld zu verdienen. Die prächtigen Häuser der Kaufleute drängten sich wie neugierige Zuschauer um das Treiben auf dem Heumarkt, als gelte es, sich schon am Abend die besten Plätze für das Gauklerspektakel am nächsten Tag zu sichern.
Paulus führte den Fremden auf den Platz, der einem riesigen Lager glich. Durch die Gassen zwischen Holzbuden, Bühnen und Zelten gingen neugierig Kölner und Auswärtige umher, um einen Vorgeschmack auf die Aufführungen zu bekommen. Fast vergaß Paulus ob der vielen fremden Eindrücke seinen Auftrag. Aus einem Käfig brummte ihnen ein alter, trauriger Tanzbär seinen Missmut entgegen, auf einer Holzbühne probten Possenreißer ihren
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