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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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und ihn an den nächsten Baum knüpfen oder mit Knüppeln totschlagen.
    Nox drückte sich enger an die Mauer. Die Steine hatten die Hitze des Tages gespeichert und gaben sie ab. Er genoss die wohlige Wärme in seinem Rücken. Das machte die Muskeln beweglich.
    Die Tür des Hauses, das ihm als Stütze diente, öffnete sich. Im Dunkeln nahmen ihn die Bewohner, die neugierig auf den Platz traten, nicht wahr. Endlich kam auch der Mann heraus, den er für den Herrn des Hauses hielt. Sicher war sich Nox nicht, aber der alte Quatermart würde sich schon noch zu erkennen geben. Der Mann war eine eindrucksvolle Erscheinung, auch in der Dunkelheit. Er überragte alle, die um ihn herumstanden. Nox sorgte sich dennoch nicht, es mit ihm aufnehmen zu können.
    »Was ist hier los?«, fragte der Mann mit einer brummenden Stimme, die eines Bären würdig gewesen wäre.
    Einer der anderen Männer sah ihn an und schüttelte den Kopf. »Wir wissen es nicht. Der Lärm kommt aus der Richtung von Sankt Alban.«
    Unfreundliches Volk, nennt sich noch nicht mal beim Namen, dachte Nox. Er verlagerte sein Gewicht auf den anderen Fuß.
    »Gerhard, ich fürchte mich«, sagte eine Frau, deren Stimme so klang, als wäre sie ähnlich alt wie der groß gewachsene Mann. Vermutlich war es die Gattin von Quatermart.
    Na also, geht doch, dachte Nox. Die Frau war so freundlich, ihm Gerhard Quatermart und damit sein nächstes Opfer vorzustellen.
    »Ich hole mein Schwert.«
    Mit diesen Worten verschwand Quatermart wieder in seinem Haus, während seine Frau weiter auf den Platz trat. Nox stieß sich leise von der Wand ab und folgte ihm durch die offene Tür. Keiner der Umstehenden sah ihn. Sie hatten die Augen und Ohren zu sehr auf das gerichtet, was einige Häuser weiter geschah. Nox’ Finger umklammerten den Schaft einer Klinge.
    »Paulus? Was machst du denn hier?«
    Angela saß vor einem Berg von Äpfeln, denen der Winter im dunklen Keller ein schrumpeliges Kleid angezogen hatte. Sie hielt eine Reibe in der Hand. Vermutlich musste sie für eines der verwöhnten Kinder des Hauses noch ein Mus zubereiten, wie so oft. Völlig verdattert sah sie ihn an. Paulus rang nach Worten, aber wie sollte er ihr erklären, warum er zu dieser Stunde mit blutverschmiertem Hemd und Gesicht im Haus ihres Herrn stand, dazu noch mit einer Waffe in der Hand und Verfolgern im Rücken?
    »Ich habe keine Zeit«, stieß er hervor. »Verrate mich nicht, es stimmt alles nicht, bitte glaub mir!«
    »Was? Was stimmt nicht? Was soll ich dir glauben? Und was ist das für ein Lärm?«
    Er wollte ihre Hände in die seinen nehmen, wollte ihr alles erklären. Aber sie wich vor ihm zurück, und er blieb stehen. »Verrate mich nicht! Bitte!«
    Er lief zurück und stieß die zweite Tür auf. Dahinter verbarg sich ein Lagerraum voller Tuche, jeder Menge Tuche, gerollt oder gefaltet und hoch gestapelt. Und er sah etwas, worüber er am liebsten laut gejubelt hätte – eine Doppelflügeltür in einer Mauer, die unverkennbar aus alten römischen Steinen gesetzt war. Paulus schnappte sich ein rechteckiges Tuch, warf es wie einen Umhang um und drückte die Tür auf. Keinen Augenblick zu früh. Mit lautem Schreien und Getrampel kamen seine Verfolger den Gang heruntergestürmt.
    Auf der Martinstraße waren nur wenige Menschen mit Laternen unterwegs. Sie beachteten ihn nicht weiter. Paulus fühlte sich dennoch wie ein Nackter im Markttreiben. Der Umhang verbarg zwar das blutgetränkte Hemd, aber an diesem schwülen Abend fiel er mit solch warmer Kleidung sicher auf. Er musste zusehen, dass er fortkam, fort in ein Versteck. Sein Vorsprung war nur klein. Es würde nicht lange dauern, bis Mummerslochs Familie gewahr wurde, was geschehen war. Dann ging das Geschrei erst richtig los.
    Wohin? Rechts, links, geradeaus?
    Paulus entschied sich für den Weg nach links Richtung Judenviertel. Das Labyrinth der Gassen um Sankt Laurentius auf der einen und rund um den Alter Markt auf der anderen Seite versprach ihm noch die besten Möglichkeiten für die Flucht. Die ersten zwanzig, dreißig Schritte rannte er, dann verfiel er in einen zügigen, aber möglichst unauffälligen Gang. Er drängte sich an die Römermauer, wo er unbemerkt die blutverschmierte Klinge fallen lassen wollte. Doch plötzlich hielt Paulus inne. Die kleine Waffe wog schwer in seiner Hand. Vielleicht brauchte er sie noch. Vielleicht würde er sie gegen Nox führen müssen.
    Dieser eiskalte Mörder hatte sich bestimmt nicht grundlos zu drei

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