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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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Kaufleuten führen lassen. Eins war gewiss – auch Quatermart und Gir sollten in dieser Nacht sterben. Vielleicht hatte Nox sie schon in diesem Augenblick erreicht. Der Weg zum Haus von Hartmann Gir war Paulus abgeschnitten. Wenn er jetzt zurückrannte, lief er seinen Verfolgern geradewegs in die Arme. Gir war dem Tod geweiht. Wie sollte er Barthel erklären, dass er einen Mörder zu seinem Vater geführt hatte?
    Aber es gab zumindest eine wenn auch nur geringe Aussicht, Nox aufzuhalten, bevor er Quatermart vom Leben zum Tode beförderte. Wenn Paulus schnell genug war, konnte er den Kaufmann vielleicht noch warnen. Darauf wollte er setzen. Rettete er das Leben wenigstens eines der drei Tuchhändler, dann rettete er damit vielleicht auch sein eigenes.
    Er schob sich die Klinge in den Gürtel und zwang sich zu einem gemäßigten Schritt. Um wieder zum Quatermarkt zu gelangen, ohne seinen Verfolgern zu begegnen, musste er eine Runde um Sankt Alban drehen. So kam er zwar auch am Durchgang zum Hof von Hermann Mummersloch vorbei, doch dieses Wagnis wollte er auf sich nehmen. Wer außer den Frauen und Kindern, der Magd und Angela hatte ihn schon deutlich gesehen und konnte ihn wiedererkennen? Und wer würde ihn zurück am Quatermarkt vermuten? Niemand.
    Just als seine Verfolger auf die Martinstraße stürzten und »Mörder, Mörder« riefen, erreichte Paulus die nächste Ecke. Er drückte sich noch tiefer in den nachtschwarzen Schatten der Mauer, bog links ab und spurtete los. Ein kurzes Stück nur, und schon ging es wieder nach links, vorbei am Eingang der Kirche Sankt Alban. Erst als er den Durchlass zum Anwesen der Mummerslochs erreichte, verfiel er in einen langsameren Schritt.
    Im Innenhof beugte sich die Witwe Mummersloch im Licht der Fackeln über den Leichnam ihres Mannes, schrie sich das Herz aus dem Leib und war von den Umstehenden nicht zu trösten. Aus dem gegenüberliegenden Prachtbau der Quatermarts drangen jählings Wehklagen und Hilferufe. Paulus wurde bewusst, dass er zu spät kam. Die Geräusche konnten nichts anderes bedeuten, als dass der Mord an Quatermart bemerkt worden war. Erst strömten Menschen vom Platz in das Haus, kurz darauf trat Nox aus der offenen Tür. Er schlenderte im Licht der Fackeln hinaus auf den Quatermarkt. Als er Paulus gewahr wurde, winkte er ihm wieder zu, vollkommen ruhig, als sehe er einen guten alten Freund. Dann überquerte er den Quatermarkt und verschwand in Richtung der Martinstraße.
    In Richtung des Hauses von Hartmann Gir.
    Eine schöne Stadt, dieses Köln. Schön groß vor allem. Hier ließ es sich herrlich untertauchen. Und ließ es sich in einer Stadt gut untertauchen, dann ließ es sich noch besser morden. Zu nichts anderem war er hier, und er war überzeugt, der Beste seines Faches zu sein.
    Dennoch sputete sich Nox. Keine Frage, er hatte seinen jungen Führer unterschätzt. Das durfte er sich nicht noch einmal erlauben. Irgendwie war dieser Paulus aus der Mausefalle entkommen. Das war beachtlich genug. Doch der Junge hatte zudem noch die richtigen Schlüsse gezogen und verhindern wollen, dass er auch Quatermart das Licht auspustete. Paulus hatte sich aus dieser verfahrenen Lage herausgewunden und war dann wieder nah an den Ort des Verbrechens zurückgekehrt. Das zeugte von Wagemut und Geistesgegenwart. Paulus hätte einen guten Schüler abgegeben. Wirklich schade um den Jungen.
    Während Nox zielstrebig durch die Gassen auf das Haus von Hartmann Gir zueilte und das Geschrei und Gebell hinter sich ließ, spielte er mit der Waffe in seiner Rechten. Wie ein Trommler mit seinen Stöcken wirbelte, so ließ Nox den kleinen Panzerbrecher flink durch die Finger gleiten, eine Übung, die er zwischen zwei Morden gern vollführte, um zu prüfen, ob seine Hand ruhig genug für die nächste Tat war. Er liebte diese griffige kleine Klinge und führte immer einen ganzen Satz davon mit sich. Sollte er unauffällig und ohne viel Blutvergießen töten, brauchte er nur in einer geraden Bewegung zuzustechen. Die Klinge hinterließ dann nur eine kleine Wunde, ein Löchlein. Wollte er aber eine regelrechte Schweinerei veranstalten, etwa weil es im Sinne seines Auftraggebers war, dass das Opfer möglichst auffällig von dieser Welt ging, bat er die Waffe im Fleisch zum Tanz. Und ob er nun einen armen Bauern oder einen Ritter im Harnisch vom Diesseits ins Jenseits befördern sollte, bereitete Nox kein Kopfzerbrechen. Die verstärkte Spitze des Panzerbrechers durchstieß grobes Tuch

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