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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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genauso leicht wie Kettenglieder. Oder das teure Wams eines Kaufmanns.
    Vor ihm griff der Giebel des Gir-Ansiedels in die Nacht. Nox sah sich nach allen Seiten um. Die wenigen Menschen, die in den Gassen unterwegs waren, richteten ihre Aufmerksamkeit auf den Aufruhr, den er zweihundert Schritte von hier verursacht hatte. Von diesem Paulus war nichts zu sehen.
    Nox sah das Haus an und lachte leise. Diese Stadtmenschen. Er würde sie nie verstehen. Nur weil sie eine riesige Mauer um ihre Siedlung gezogen hatten, fühlten sie sich in ihren Häusern sicher und geborgen. Stünde dieses steinerne Haus draußen auf dem Land, wäre es mehrfach gesichert, wenigstens mit höher gelegenen und vergitterten Fenstern, mit einem schweren Tor und Kreuzscharten für Bogenschützen, vielleicht sogar mit einem Wassergraben und einem kleinen Wehrturm. Hier aber gab es nichts dergleichen. Das Gesinde hatte noch nicht einmal alle Läden zugezogen. In die Fensterrahmen waren, wie bei vielen Häusern, deren Bewohner nicht völlig verarmt waren und auf Lumpen zurückgreifen mussten, geölte Tücher gespannt. Sie dämmten und ließen doch auch Tageslicht herein. Doch vor allem bedeuteten sie leichtes Spiel für ihn.
    Er suchte sich ein Fenster, das unbeleuchtet und mit Abstand zum Eingang gelegen war. Die Leinwand gab nur ein leises Krächzen von sich, als Nox die Klinge in den Stoff stieß. Der Panzerbrecher riss sie der Länge nach auf. Nox glitt durch das nun offene Fenster ins Haus.
    Nach einer Weile konnte er in der Dunkelheit Tuche ausmachen, die sich bis an die Decke türmten, dazu einen Tisch mit Federkielen. Die Reichen machten es ihm immer leicht. Die Geschäftsräume lagen stets zur Straße, die Wohnräume im hinteren Bereich. Schade, dass niemand da war, mit dem er wetten konnte. Er hätte ein Vermögen darauf gesetzt, dass sich im oberen Geschoss ein Festsaal befand.
    Nox hörte gedämpfte Stimmen. Er ging auf leisen Sohlen zur Tür und zog sie einen Spalt auf. Die Stimmen gewannen Klarheit. Durch den Spalt konnte er mehrere Menschen sehen, die in der großen Wohnhalle an einem langen Tisch beisammensaßen und sich angeregt unterhielten. Auf einem Stuhl mit hoher Lehne und reich verzierten Armlehnen saß ein hagerer Mann, den Nox für Hartmann Gir hielt. Der Platz am Kopfende des Tisches wies darauf hin, dass es sich um das Familienoberhaupt handelte, und neben ihm saß ein jüngerer Mann, der Gir sehr ähnlich sah. Sicher war es Girs Sohn. Vermutlich gehörten auch alle anderen zur Familie. Wenigstens sechs Männer zählte Nox.
    Nox schob die Tür wieder zu – und klopfte. »Herr Gir!«, rief er. Es war der sicherste Weg, den richtigen Mann auf dem Silbertablett serviert zu bekommen.
    »Wer ist da?«
    Nox klopfte erneut, fordernder dieses Mal.
    »Wer zum Teufel ist da? Tretet ein!«
    Nox hämmerte gegen die Tür.
    »Zum Teufel noch eins!«
    Jemand sprang auf, ging mit donnerndem Schritt zur Tür und stieß sie auf. Nox musste unwillkürlich grinsen, als er in das fragende Gesicht von Hartmann Gir blickte. Menschen waren so einfach zu lenken.
    Der fragende Ausdruck gefror in Girs Miene, als Nox ihm den Panzerbrecher mit einer schnellen Bewegung in die Kehle stieß.
    Der braune Hund ließ sich nicht beruhigen. Weißer Geifer troff aus den riesigen Lefzen, als er mit seiner dunklen, kehligen Stimme jaulte und heftig am Strick riss. Das Wehgeschrei der Familie stachelte den Hund nur noch mehr an. Dem alten Wernher, der mühsam die Leine hielt, schmerzten schon die gichtknotigen Finger. Doch der Hausknecht konnte es dem Hund nicht verdenken. Dort drüben lag sein Herr in einer riesigen Lache Blutes.
    Der Hund war Hermann Mummerslochs Lieblingstier gewesen. Viel Geld hatte er für ihn bezahlt und war für den Kauf eigens in die Ardennen gereist. Dort züchteten die Mönche des Klosters Saint Hubert schon seit über vierhundert Jahren die Hunde und richteten sie für die Jagd ab. Der heilige Hubertus von Lüttich, ein großer Bischof und ein noch größerer Jäger, war der Gründer der Zucht und des Klosters. In der ganzen Welt waren seine Hubertushunde für ihren Spürsinn und ihre Hartnäckigkeit berühmt. Hatten sie einmal eine Fährte aufgenommen, ganz gleich, wie kalt und alt sie war, stellten die Bluthunde dem Wild unnachgiebig nach, immer mit der Nase auf dem Boden und durch nichts und niemanden aufzuhalten.
    Mummerslochs Hund war einer der besten  chiens de Saint Hubert . Der Leithund in der Meute. Mit Stolz hatte der

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