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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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was kümmert’s dich. Das ist doch auch völlig gleich. Für mich ist nur wichtig, wie ich aus dieser Sackgasse wieder rauskomme.«
    »Dann geh doch einfach zu diesem Menschen, und dann verschwindet ihr gemeinsam.«
    »Das geht nicht. Henner weiß um den Jungen. Da ich mit dem Diebstahl sein ehrenwertes Haus in Verruf gebracht habe, wird er mir dort sicher auflauern lassen.«
    Noch ein Kerl. Wie viele Liebschaften mochte Jenne nur haben? »Da wärest du wohl besser heute Nacht sofort zu deinem Liebsten gegangen.«
    »Du hast mir ja leider meine Beute geklaut. Sonst wäre ich schon längst mit ihm über alle Berge.«
    »Dann hilf mir.«
    Sie sah ihn überrascht an. »Bitte?«
    »Hilf mir. Ich bin in der gleichen Sackgasse wie du und völlig schuldlos dort hineingeraten. Wenigstens habe ich kein Geld gestohlen, und noch weniger habe ich einem Menschen ein Haar gekrümmt. Wenn wir den Kerl finden, der mir das angetan hat, ist zumindest die große Jagd auf uns beendet, die sicher schon begonnen hat. Also hilf mir.« Paulus empfand das dringende Bedürfnis, Verbündete um sich zu scharen. Jenne mochte eine Hure und eine Lügnerin sein, doch sie war gewiss nicht auf den Mund und schon gar nicht auf den Kopf gefallen.
    »Ich habe meine eigenen Schwierigkeiten.«
    »Wir können uns gegenseitig helfen.«
    »Um die Jagd zu beenden, brauchst du nur zum Hochgericht im Domhof zu gehen und diesen Nox anzuzeigen. Das habe ich dir gestern schon gesagt.«
    »Das könnte dir so passen. Die bringen mich doch gleich auf den Turm. Und du wärest mit einem Schlag eine Menge unerwünschte Aufmerksamkeit los.«
    »Warum sollten sie dich auf den Turm bringen? Wenn du nichts getan hast, hast du nichts zu befürchten. Der Herr wird dir schon beistehen.«
    »Es geht um mein Leben. Da wird es mir der Herr sicher nachsehen, wenn ich mich einzig auf mich selbst verlasse. Denn niemand wird mir glauben.«
    »Ich glaube dir.«
    Paulus war überrascht. »Warum?«
    »Wenn du ein solch eiskalter Mörder wärst, hättest du dich auch meiner entledigt.«
    Jenne warf den Gürtel zurück aufs Plankendeck. Sie schaute die Lederbeutel an und nickte. Paulus verstand die Geste. Sie hatte jeden Gedanken an eine Flucht aufgegeben.
    »Was willst du nun machen?«, fragte sie.
    »Das weiß ich noch nicht. Aber es wird mir schon noch was einfallen.«
    Jenne sah ihm zwischen die Beine. »Vielleicht beginnst du damit, dir etwas anzuziehen. Viel kleiner kann er nämlich nicht mehr werden.«
    Paulus schaute an sich hinab. Hastig schützte er sich mit seinen Händen vor ihren Blicken und stakste flugs zu seinen Kleidern. Obwohl er noch nicht ganz trocken war, zog er sie schnell über. Dann ging er – mit leicht geröteten Wangen – zur Esche zurück und half Jenne wieder aufs Mühlenschiff. Sie hob den Gürtel auf und reichte ihn Paulus, der ihn mit einem Nicken umlegte.
    »Also gut, nehmen wir an, wir helfen uns gegenseitig«, sagte Jenne. »Du weißt noch nicht, wie du dein eigenes Problem lösen könntest. Wie aber könntest du  mir  eine Hilfe sein?«
    Paulus knetete sein Kinn. »Henner wird dir sicher nicht selbst auflauern, denn er muss sich um sein Geschäft kümmern. Aber irgendjemand wird dich sicher erwarten. Weil mit mir jedoch niemand rechnet, könnte ich deinem Freund einen Besuch abstatten und ihn holen.«
    Jenne sah wehmütig zur Stadt hinüber und ließ sich vom Wind das Haar zerzausen. Ihrem Auge fehlte das Leuchten. Sie musste schon viel gesehen haben, aber wenig Gutes. Ihr Mund war leicht geöffnet. Paulus fiel eine kleine Lücke zwischen ihren Schneidezähnen auf. Sie war hübsch, auch mit Augenklappe, erst recht mit Zahnlücke. Kein Wunder, dass die Männer ihr hinterherliefen. Schade, dass sie solch ein freches Biest war. Aber es war ohnehin nicht die Zeit für solche Gedanken. Er musste um sein Leben mit Angela kämpfen.
    »Und?«, fragte er.
    Jenne sah ihn lange an. Er konnte den Blick nicht von ihrer Zahnlücke abwenden.
    »Also gut«, sagte sie. »Eine Hand wäscht die andere. Du hilfst mir mit Jax, und ich versuche, dir aus der Patsche zu helfen.«
    »Jax?«
    »Jakob. Meine Familie wohnt einige Meilen rheinabwärts. Wir nennen dort jeden Jakob Jax.«
    Jenne streckte die Hand aus, und Paulus schlug ein, um den Handel zu besiegeln, auch wenn ihm ihr Freund schon jetzt wenig liebenswert schien. Jax – schon wieder so ein kurzer Name mit einem X am Ende. Das konnte kein gutes Omen sein. Warum konnte sich dieser Kerl nicht bei seinem Taufnamen

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