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Domfeuer

Domfeuer

Titel: Domfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Vlaminck
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Jenne bereits auf schnellen Füßen im Durchgang aus dem Innenhof verschwunden.
    Ihre Sorgen war sie damit nicht los. Wenn jetzt jemand die Hunde von der Kette ließ, war es um sie geschehen. Sie musste dringend einen Weg finden, den Geruch von Blut an ihrem Körper loszuwerden. Sie eilte über den Quatermarkt, zurück zu dem Ort, an dem Paulus auf sie wartete.
    Konstantin fluchte still in sich hinein. Lumpen zu jagen, machte ihm nichts aus. Aber ihm widerstrebte es gewaltig, es mit einem Mann vom Schlage eines Dietrich von der Mühlengasse aufzunehmen. Hier ging es um Politik. Und das war nicht das Feld, auf dem er sich wohlfühlte. Allein schon Dietrich in dieser Sache zu befragen, käme einer schweren Anschuldigung gleich.
    Seit Jahrzehnten behauptete Dietrich sich in der Schicht der reichsten Kölner. Gut gelitten war er bei den meisten anderen Familien nicht, weil er sich leichten Herzens gegen die Richerzeche gestellt hatte, als er sich davon einen Vorteil versprach.
    Vor rund zwanzig Jahren noch war Dietrichs Ansehen in der Stadt ein anderes gewesen. Zu jener Zeit war er einer der beiden Bürgermeister von Köln gewesen. Als sich die Patrizier mit dem damaligen Erzbischof Heinrich von Müllenark überworfen hatten, war Dietrich es gewesen, der im Namen der Kölner Bürger beim Papst in Rom vorstellig wurde. In seinem Gepäck hatte er einen Blankokreditbrief der Stadt. Den musste er zwar weidlich ausnutzen, aber es gelang ihm nicht nur mit Geld, sondern auch viel diplomatischem Geschick, dass der Papst in der Auseinandersetzung Partei für die Kölner und gegen ihren Erzbischof ergriff. Eine Meisterleistung, denn Papst und Erzbischof waren für gewöhnlich nicht auseinanderzubringen. In den Straßen sprach jedermann über den Bürgermeister, der den Heiligen Vater für die Kölner hatte gewinnen können. Konstantin, der damals noch ein Knabe gewesen war und nicht in der Stadt lebte, hatte inzwischen durchaus wahrgenommen, was Dietrich geleistet hatte.
    Vielleicht stammte der zweite Name von Dietrichs Familie sogar aus dieser Zeit. Jene aus der Mühlengasse nannte man auch heute noch »Weise«. Doch Dietrich Weise hatte etwas getan, was die Kölner Reichen selten verziehen. Er hatte sich, kaum dass Konrad von Hochstaden den verhassten Erzbischof Heinrich von Müllenark abgelöst hatte, in die Dienste des neuen Erzbischofs gestellt. Bedingungslos.
    War man zu jener Zeit ein Freund des Erzbischofs, war man auch ein Freund des Papstes. Und als Freund des Papstes war man zugleich ein Gegner des Kaisers. Als Konrad im Thronstreit dann dem Stauferkaiser Friedrich II. die Stirn bot und sich auf die Seite von Gegenkönig Wilhelm von Holland schlug, musste Dietrich seine Treue beinahe mit seinem ganzen Besitz bezahlen. Anders als ihr Erzbischof sprachen sich die Kölner für das Haus der Staufer aus. Längst hatten sie Gefallen daran gefunden, das Gegenteil von dem zu vertreten, wofür ihr Erzbischof einstand. Ihren früheren Bürgermeister Dietrich ächteten sie und warfen ihn aus der Stadt. Am liebsten hätten die Kölner das wohl auch mit Konrad getan.
    Zwei Jahre war der Bannspruch gegen den Weisen nun her, und Konstantin wunderte sich, wie schnell es Dietrich gelungen war, wieder Mitglied der Richerzeche zu werden. Abermals war der Weise beim Papst vorstellig geworden, dieses Mal ausschließlich in eigener Sache, und abermals war er erfolgreich gewesen, dieses Mal jedoch ohne Zutun des Heiligen Vaters – die Kölner hatten schlicht die Fahnen gewechselt, und Dietrich fand sich unversehens in ihrem Lager wieder. Der Gegenkönig Wilhelm hatte die Kölner mit Privilegien gelockt und sie von lästigen Zöllen befreit, zum Dank durfte Wilhelm in Köln Hof halten.
    Zum ersten Mal nach vielen Jahren vertraten Kölner Bürger, Erzbischof und Papst dieselbe Sache. Gemeinsam standen sie nun gegen die Staufer. Dietrich von der Mühlengasse konnte das nur recht sein. Vor einigen Monaten erst war er in die Stadt zurückgekehrt, nachdem der Bann aufgehoben war. Wieder einmal zeigte sich, dass er doch alles richtig gemacht hatte.
    Alles in Konstantin sträubte sich dagegen, es mit solch einem Mann aufzunehmen. Mit einem Mann, der stets auf der richtigen Seite stand. Mit einem Mann, dem Erzbischof, Papst und Gegenkönig für seine Treue dankbar waren.
    Für Konstantin stand eines nun fest. Bevor er Dietrich Weise befragen würde, musste er sich Rückendeckung einholen. Die konnte ihm nur der Burggraf geben. Heinrich von Arenberg

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