Domfeuer
die Wahrheit ist.«
»Also gut, gehen wir davon aus, dass wir uns in einer Löwengrube befinden und sich in diesem Raum nur Gierhälse ohne Gewissen befinden. Fahrt fort.«
»Wie Ihr schon sagtet, nahezu jeder Kölner Kaufmann, der diesem Haus angehört, nimmt am Tuchhandel teil. Der Fernhandel mit Stoffen ist einträglich wie nichts sonst. Manchmal sind die Händler sogar bereit, sich auf Partnerschaften einzulassen. Wenn es denn dem eigenen Geschäft zuträglich ist.« Theoderich Gir machte eine Pause, als wollte er Konstantin auffordern, nun seine eigene Schlussfolgerung zu ziehen.
Konstantin tat ihm den Gefallen. »Ich nehme an, Hermann Mummersloch, Gerhard Quatermart und Euer Vater sind eine solche Partnerschaft eingegangen.«
»So ist es.«
Der junge Gir trat an ein Fenster und blickte auf die Straße hinaus. Den Männern im Saal kehrte er den Rücken zu. Konstantin hatte das Gefühl, als wandte sich der Schöffe in diesem Augenblick auch innerlich von den anderen Patriziern ab.
»Was ich Euch nun sage, Konstantin, fällt mir nicht leicht. Ich hege die Hoffnung, dass Ihr mit dem Hinweis, den ich Euch nun geben werde, verantwortungsvoll umgehen werdet. Ich will hier niemanden anschwärzen. Ich teile Euch lediglich einen Umstand, nein, eine Tatsache mit, welche die Vorgänge der vergangenen Nacht in einem neuen Licht erscheinen lässt.«
»Ihr dürft mir vertrauen.«
Gir rieb sich seine Hakennase. »Es gab noch einen vierten Partner. Und er lebt noch.«
»Ihr spannt mich auf die Folter.«
»Weil mich dieses Gespräch Überwindung kostet, Konstantin.«
»Dann gebt Euch nun einen Ruck und nennt mir den Namen.«
Theoderich Gir drehte sich um und sah in den Saal. »Er steht dort drüben«, sagte er und deutete mit einer knappen Kopfbewegung hinüber zu einer Gruppe von Männern, die von einem schlohweißen Haupt überragt wurde. »Ihr kennt den hochgewachsenen Herrn in der Mitte?«
Wer kannte ihn nicht? Theoderich Gir deutete auf niemand Geringeren als Dietrich von der Mühlengasse. Just in diesem Augenblick sah Dietrich zu ihnen herüber. Konstantin spürte mit einem Mal wieder ein Pochen im Kiefer, an der Stelle, wo ihm eben der Zahn gezogen worden war. Der Grund für dieses unangenehme Gefühl, dessen war er sich sicher, musste in der Person des Kaufmanns zu suchen sein. Dietrich zählte nicht nur den Erzbischof, sondern auch den Papst zu seinen Freunden.
Die Schönste! Welch überaus dämliche Beschreibung hatte Paulus ihr da nur gegeben. Sollte sie jetzt etwa durch alle Räume des Mummersloch-Hofes wandern und sich nach der schönsten Magd umschauen? Das kam gar nicht in Frage. Wenn sie Paulus’ Liebchen nicht schnell fand, würde sie schlicht nach Angela fragen, auch wenn Jenne damit gegen den Grundsatz verstieß, den sie und Paulus gefasst hatten: möglichst wenig Aufsehen erregen, mit möglichst wenig Menschen sprechen.
Bis jetzt, fand Jenne, hatte sie in Anbetracht der Umstände vieles richtig gemacht. Sich auf Paulus’ Seite zu schlagen, hielt sie sogar für ausgesprochen ausgefuchst. Wenn tatsächlich jene drei Kaufleute ermordet worden waren, die er genannt hatte, stand eines felsenfest: Eine Belohnung würde ausgesetzt werden. Entweder gelang es ihr an Paulus’ Seite, den wahren Mörder zu fassen. Oder sie würde über kurz oder lang Paulus selbst ausliefern, so süß er auch sein mochte. So oder so würde sie als Gewinnerin aus diesem Abenteuer hervorgehen, wenn sie sich nicht allzu dumm anstellte.
Jenne trat durch den Durchlass in den Innenhof. Sie sah sich um, achtete aber darauf, nicht zu sehr wie eine Suchende zu wirken. Paulus hatte ihr gesagt, dass der Gesindetrakt linker Hand lag. Dort standen vor einem offenen Scheunentor zwei Männer und hackten Holz. Der eine stellte Scheite auf den Klotz, der andere spaltete sie zu Kleinholz. Sehr emsig gingen sie nicht zu Werke. Kein Wunder. Bei dieser Hitze für Brennholz zu sorgen, wäre auch keine Arbeit, die sie würde machen wollen. Ein wenig wunderte sie sich, denn nach dem Trauerfall, der dieses Haus in der vorigen Nacht ereilt hatte, wäre ein Ruhen aller Arbeiten angemessen gewesen.
Die beiden Männer waren offenbar für jede Ablenkung empfänglich, denn sie musterten Jenne in einem Maße, wie es ihr nicht recht sein konnte. Sie grüßte freundlich und schlüpfte schnell durch eine Tür in das Gesindehaus. Als sie sich in einem dunklen Raum wiederfand, hielt sie ihren Auftrag mit einem Mal für ähnlich dämlich wie Paulus’
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