Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Camillo und Peppone

Don Camillo und Peppone

Titel: Don Camillo und Peppone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
Vom Netzwerk:
nieder! An den Galgen! Hängt ihn auf!
    Spießt ihn auf!», ohne sich im geringsten darum zu kümmern, ob sich die Leute versammelt haben, weil ein Verbrecher gefangen worden ist, oder ganz einfach, um sich einen harmlosen Verkäufer von Schuhpasta anzuhören.
    Eines von jenen Weibern, die in den Umzügen immer in der ersten Reihe marschieren, viel rotes Tuch anhaben und mit grausamer Stimme singen; und wenn es eine Kundgebung mit einer Ansprache irgendeines Häuptlings gibt, immer wieder aufspringen und dem Redner schrill zurufen: «Bist du schön!
    Bist ein Gott!»
    Und der Zuruf gilt nur ihm, aber es schwingt in ihrer Stimme so viel Liebesfurie, daß sie für das ganze Zentralkomitee der Partei und für die angeschlossene Propagandasektion ausreichen würde.
    Die Gisela galt in der Gegend als die verkörperte proletarische Revolution; kaum hörte sie, daß auf irgendeinem Gut ein kleiner oder großer Streit zwischen Arbeitern und Herren entstanden war, rannte sie schon, «die Masse zu galvanisieren». Und wenn das Gut weit weg war, bestieg sie das Rennfahrrad ihres Mannes, und wenn ihr jemand auf der Straße etwas nachschrie, antwortete sie, daß nur diese Schweine von Gutsbesitzern ihre schmutzige Wäsche zu verbergen hätten, daß aber das Volk mit erhobenem Haupt auch sein Hinterteil zeigen könne. Anläßlich des Landarbeiterstreiks war die Gisela sehr rührig, zu Fuß, auf dem Fahrrad und auf dem Lastwagen der Streikwache. Und so fand sich ungefähr fünfzehn Tage nach den Unruhen jemand, der ihr im Zwielicht einen Sack über den Kopf warf, sie hinter einen Zaun schleppte, den Vorhang hob und ihr das Hinterteil rot anstrich.
    Dann ließ er sie, mit dem Kopf im Sack, liegen und ging hohnlachend davon. Es war eine ungeheure Sache, nicht nur, weil die Gisela drei Tage in einem Lavoir voll Benzin sitzen mußte, um sich die Schande abzuwaschen, sondern auch, weil Peppone in diesem Vorkommnis eine blutige Beleidigung des ganzen Proletariats erblickte. Und da wurde er fürchterlich, hielt eine Kundgebung ab, brüllte feurige Worte gegen unbekannte reaktionäre Verbrecher und erklärte zum Protest Generalstreik.
    «Alles zu», schrie er am Schluß. «Alles zusperren, alles verriegeln, bis die Behörde die Verbrecher verhaftet hat!»
    Der arme Gendarmeriefeldwebel und seine vier Karabinieri setzten sich in Bewegung. Wenn man aber Leute ausfindig machen will, die am späten Abend und auf offenem Feld einer Frau einen Sack über den Kopf werfen und ihr das Hinterteil rot anmalen, ist das, als ob man eine Nadel in einem Heuwagen suchen wollte.
    «Herr Bürgermeister», sagte der Feldwebel am Ende des ersten Tages der Erhebungen, «gedulden Sie sich, bitte, es ist nicht notwendig, daß Sie auf dem Streik beharren. Die Justiz funktioniert auch ohne ihn.»
    Peppone schüttelte den Kopf. «Solange ihr diesen Verbrecher nicht am Schopf packt, bleibt alles still!» antwortete er. «Alles!»
    Die Erhebungen wurden am nächsten Morgen fortgesetzt. Da die Gisela nicht sehen konnte, wer sie lackiert hatte, weil ihr der Sack den Kopf verdeckte, so waren die einzigen, die über diese nette Geschichte etwas wissen konnten, eben dieser Sack und der lackierte Teil. Der Feldwebel hielt sich an den Sack, prüfte mit einer Lupe Zentimeter um Zentimeter, wog ihn, maß ihn ab, beschnupperte ihn, mißhandelte ihn mit den Füßen und mit den Fäusten; die Säcke sind aber im allgemeinen von gar keiner Beredsamkeit und dieser Sack war der anonymste und der schweigsamste auf der ganzen Welt. Der Feldwebel ließ daraufhin den vereidigten Gerichtsarzt kommen. «Schauen Sie ein bißchen nach», sagte er, «und besuchen Sie diese Frau.»
    «Und was kann ich schon finden? Außer, daß der verletzte Teil mit Benzin behandelt wurde, gibt es nichts anderes zu erfahren. Es handelt sich in diesem Fall nicht um gewöhnliche Maler, die, mit ihrem Bild fertig, ihre Unterschrift daruntersetzen.»
    «Herr Doktor», sagte der Feldwebel, «hier geht es nicht um Überlegungen.
    Wenn man nämlich da zu überlegen beginnt, fängt man an zu lachen und kann weiter nichts machen. Es gibt aber hier Menschen, die gar keinen Humor haben und die daraus eine Tragödie machen und das Leben einer ganzen Gemeinde zum Stillstand bringen.» Der Arzt ging, der Gisela einen Besuch abzustatten, und kam nach einer halben Stunde zurück. «Sie hat etwas zuviel Säure im Magen und ein bißchen angegriffene Mandeln», erklärte der Arzt, indem er die Arme ausbreitete. «Wenn Sie den

Weitere Kostenlose Bücher