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Don Camillo und Peppone

Don Camillo und Peppone

Titel: Don Camillo und Peppone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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bei dem jeder männliche Radfahrer ein Mädchen auf der Stange mitnimmt. Und jedes Mädchen ist als eine italienische Stadt verkleidet. Eine stellt Mailand, die andere Venedig, Bologna, Rom und so weiter dar. Und jeder Fahrer ist als typischer Einwohner einer Stadt verkleidet. So ist zum Beispiel jener, der Mailand mitnimmt, als Arbeiter gekleidet, wegen der Mailänder Industrie.
    Der, der Bologna auf der Stange hat, ist als Bauer gekleidet, wegen der bäuerlichen Provinz Emilia. Ein Matrose fährt mit Genua und so weiter.»
    Don Camillo verlangte andere Aufklärungen.
    «Und hier? ‹Politisch-satirisch-volkstümliches Zielschießen›?»
    «Ich weiß nicht, Don Camillo. Es handelt sich um eine Baracke, die sie im letzten Moment auf dem Platz errichten werden. Sie sagen, das wird neben dem Städterennen die wichtigste Sache des Tages werden.»
    Bis jetzt war Don Camillo absolut kühl geblieben. Als er aber die letzten Zeilen der Kundmachung las, schrie er auf.
    «Aber nein!»
    Barchini grinste.
    «Aber ja, Don Camillo. Genau so. Sonntagvormittag werden Peppone und die anderen Häuptlinge in den Straßen herumlaufen und das Parteiblatt verkaufen.»
    «Das ist ja ein Witz!» rief Don Camillo.
    «Aber keine Rede! So haben sie es in allen italienischen Städten gemacht.
    Nicht nur die Provinzhäuptlinge der Partei, sondern auch Zeitungsdirektoren und Abgeordnete haben Kolporteure gespielt. Haben Sie denn nichts darüber gelesen?»
    Barchini verabschiedete sich, und Don Camillo ging lange im Zimmer hin und her. Dann begab er sich in die Kirche und kniete vor dem Christus am Hauptaltar. «Jesu», sagte er, «lasse bald Sonntagvormittag werden.»
    «Und warum, Don Camillo? Bist du nicht der Meinung, daß die Zeit auch mit ihrem normalen Verlauf rasch genug flieht?»
    «Schon, es gibt aber Augenblicke, in denen einem Minuten wie Stunden erscheinen.» Er dachte eine Weile nach. «Natürlich», fügte Don Camillo hinzu, «es gibt auch Gelegenheiten, wo einem Stunden wie Minuten vorkommen, und so gleicht sich das aus. Laß nur alles so, wie es ist. Ich werde den Sonntag im normalen Ablauf erwarten können.»
    Christus seufzte. «Welche schlechten Gedanken hast du wieder im Kopf?»
    «Schlechte Gedanken? Ich? Wenn die Unschuld Menschengestalt annehmen könnte, ich würde mich nur im Spiegel anzuschauen brauchen und sagen können: das ist die Unschuld!»
    «Vielleicht würdest du besser sagen: das ist die Lüge!»
    Don Camillo bekreuzte sich und stand auf. «Ich werde mich nicht im Spiegel anschauen», sagte er und lief schnell davon.
    Endlich kam der Sonntag, und Don Camillo zog nach der Messe seine beste Soutane an, polierte seine Schuhe auf Hochglanz, bürstete sorgfältig den Hut und ging dann schön langsam bis zur Hauptstraße des Ortes. Er mußte sich sehr beherrschen, um nicht zu laufen.
    Alles war voll Menschen, und alle gingen anscheinend gleichgültig hin und her, man spürte aber, daß sie auf etwas warteten. Und auf einmal hörte man aus der Ferne Peppones Baßstimme.
    «Der Bürgermeister verkauft die Zeitungen!» riefen alle und gerieten in Aufregung. Sie drängten sich entlang der Gehsteige, als ob ein Umzug vorbeikommen sollte.
    Don Camillo pflanzte sich in der ersten Reihe auf und blähte seinen Brustkasten, um noch größer auszusehen.
    Peppone erschien mit einem großen Bündel Zeitungen unter dem Arm, und in gewissen Abständen löste sich der eine oder der andere seiner Parteigenossen – die die ganze Straße entlang verteilt standen – aus der Menge und kaufte eine Zeitung. Die Leute waren verstummt, weil Peppone wie eine Luftschutzsirene brüllte, was zum Lachen herausforderte, gleichzeitig aber mit einem so wilden Gesicht nach links und rechts schaute, daß einem die Lust zu lachen sofort verging. Und das Ganze, dieses Brüllen, das in der Stille widerhallte, und diese unbeweglichen Leute, zusammengedrängt entlang der Häuser, und dieser Riese, der allein auf der leeren Straße ging, war nicht lächerlich, sondern irgendwie tragisch. Peppone ging an Don Camillo vorbei und Don Camillo ließ ihn vorbeigehen. Dann ertönte plötzlich die große Stimme Don Camillos wie ein Kanonenschuß:
    «Kolporteur!»
    Peppone blieb wie angenagelt stehen. Er drehte sich langsam, langsam um, und sein Blick traf Don Camillo wie ein Kominformblitz. Don Camillo ließ sich aber nicht aus der Fassung bringen. Er ging langsam und ruhig zu Peppone und suchte in der Tasche nach dem Geldbeutel.
    «Osservatore Romane, bitte»,

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