Don Camillo und Peppone
einer geschlossenen Formation. Alle
«Roten», nicht nur aus Boscaccio, sondern aus der ganzen Gegend, alle, sogar Bilo, der Schuster, der ein Holzbein hatte, und Roldo von den Wiesen, den ein Schauerfieber schüttelte, marschierten in vollendeter Ordnung zur Kirche, allen voran Peppone, der immer wieder «eins, zwei» schrie.
In der Kirche nahmen sie schön geschlossen Platz, wie ein Block aus Granit, und alle mit einem Gesicht, das so wild war wie ein russisches Schlachtschiff.
Als Don Camillo zur Predigt gelangte, erklärte er mit schönem Schwung die Parabel vom guten Samariter und beendete sein rhetorisches Kunststück mit einem kurzen Appell an die Gläubigen.
«Wie alle wissen – weniger vielleicht jene, die es wissen sollten –, gefährdet ein verhängnisvoller Mauerriß den Bestand unseres Kirchturmes. Daher wende ich mich an euch, meine lieben Gläubigen, daß ihr dem Hause des Herrn eure Hilfe gewähret. Wenn ich sage ‹Gläubige›, so verstehe ich darunter alle jene, die es ehrlich meinen; die hierher gekommen sind, Gott hier näher zu sein. Sicher sind jedoch solche nicht inbegriffen, die Aufruhr im Herzen tragen, die nur kommen, um zu prunken mit ihrer Kriegsvorbereitung. Diesen Leuten bedeutet es herzlich wenig, wenn der Turm auch einstürzt.»
Nach der Messe nahm Don Camillo Platz an einem kleinen Tisch neben der Pforte des Pfarrhauses, und die Leute gingen an ihm vorbei; niemand entfernte sich aber, nachdem er seinen Baubeitrag für den Turm geleistet hatte, sondern alle blieben auf dem Platz, um zu sehen, was noch kommen sollte. Und es kam, daß Peppone mit seinem in strenger Ordnung auftretenden Bataillon aus der Kirche auf den Platz gelangte und mit einer Donnerstimme seine Leute vor dem Tisch zum Stehen brachte.
Peppone trat stolz hervor.
«Von diesem Turm haben gestern diese Glocken die Morgenröte der Befreiung gegrüßt. Von diesem selben Turm werden morgen dieselben Glocken den strahlenden Morgen der proletarischen Revolution grüßen!» sagte Peppone, zu Don Camillo gewendet. Und legte drei große rote Halstücher voll Geld auf den Tisch. Dann defilierte er hocherhobenen Hauptes vorüber und seine ganze Schar hinter ihm drein. Roldo von den Wiesen konnte sich nur schwer auf den Beinen halten, so sehr setzte ihm das Fieber zu – doch auch er hielt den Kopf ganz gerade, als hätte er einen Besenstiel geschluckt, und der Krüppel Bilo markierte stärker mit dem Stelzfuß den Marschtritt, als er am Tisch des Don Camillo vorbeikam.
Als Don Camillo das Geld vor den Altar brachte, um es Christus zu zeigen, und Ihm sagte, daß es genüge, um den Kirchturm zu reparieren, und daß noch etwas übrigbleiben werde, lächelte Christus überrascht. «Du hast recht gehabt, Don Camillo.»
«Selbstverständlich», antwortete Don Camillo. «Du kennst nämlich die Menschheit, aber ich kenne die Italiener.»
Bis zu diesem Zeitpunkt benahm sich Don Camillo richtig, er machte aber einen Fehler, als er nachher Peppone ausrichten ließ, die militärische Vorbereitung der Roten habe ihm sehr gut gefallen, er, Don Camillo, sei jedoch der Meinung, es wäre unbedingt notwendig, daß Peppone seine Leute «kehrt euch» und Laufschritt üben ließe, da sie bestimmt am Tage der proletarischen Revolution davon Gebrauch machen müßten. Das war nicht mehr gut, und Peppone wartete am Durchgang zum Platz auf Don Camillo.
Don Camillo war ein vollendeter Ehrenmann, besaß aber außer einer unbändigen Leidenschaft für die Jagd auch einen Zwillingsstutzen und herrliche Walsrodepatronen. Außerdem war das Jagdgebiet des Barons Stocco nur fünf Kilometer entfernt und stellte eine wirkliche Herausforderung dar.
Nicht nur das Hochwild, sondern sogar die Rebhühner wußten bereits, daß sie nur in dieses Gehege hinter dem Eisengitter zu flüchten brauchten und sie konnten dem ins Gesicht lachen, der Lust gehabt hatte, ihnen den Hals umzudrehen.
Es war also nichts Besonderes daran, daß Don Camillo eines Abends –
nachdem er seine Soutane in hohe Jägerstiefel gesteckt und sein Haupt mit einem breitkrempigen Filzhut bedeckt hatte – das Jagdgebiet des Barons betrat.
Der Mensch ist schwach und noch schwächer ist der Jäger. Es war auch nichts Merkwürdiges, daß Don Camillos Zwillingsstutzen auf einmal von selbst losging und der Schuß einen über einen Meter langen Hasen wie ein Blitz traf.
Als Don Camillo den Hasen so auf der Erde ausgestreckt sah, steckte er ihn selbstverständlich in seine Jagdtasche und war
Weitere Kostenlose Bücher