Don Camillo und seine Herde
hielt er nicht für möglich.
«Wissen Sie, Hochwürden, sie hatten alle eine so verdammte Eile, abzuhauen», erklärte in aller Einfachheit der Alte. «Wenn man abhaut, dann nimmt man nicht alles so genau. Und Sie wissen, die Deutschen haben damals viel zurückgelassen. Man hat viele Panzer und Lastwagen in den Kanal geschmissen, damit sie nicht die Straße versperren.»
«Jetzt verstehe ich», erwiderte Don Camillo. «Ich verstehe aber nicht, warum ihr dieses Zeug noch immer im Magen habt!» Der Alte breitete die Arme aus.
«Hochwürden, wir waren scharf auf diese Maschine! Wir hatten gedacht, daraus einen Traktor zum Pflügen machen zu können. Und so haben wir in der Nacht das Stroh entfernt und das Fahrzeug mit Zeltplanen gut bedeckt. Dann bauten wir über dem Panzer den Schindelhaufen auf, der etwa zwanzig Meter davon entfernt gewesen war. Eine harte Arbeit, Hochwürden! Aber heute würden Sie, auch wenn Sie es wüßten, niemals glauben, daß unter dem Holz ein Panzer steckt. In diesen fünf Jahren haben wir das Holz nach und nach erneuert, damit es nicht morsch wird. Eine nette Sache, wie es sich gehört.»
Don Camillo schaute den Alten herausfordernd an. «Ausgezeichnet!» schrie er. «Warum kommt Ihr aber zu mir und erzählt mir diese Geschichte? Darf ich wissen, was ich mit Euren Dummheiten zu tun habe?»
«Hochwürden!» jammerte der Alte. «Wem sollte ich es sonst erzählen? Nur Sie können mich von diesem Alpdruck befreien. Ich will dieses verfluchte Zeug nicht mehr im Haus haben! Wenn man es entdeckt, wird man sich weiß Gott was denken.»
«Und mit Recht, weil Ihr nach dem Abzug der Deutschen den Panzer sofort der Behörde hättet melden müssen!»
«Hochwürden, wir dachten, einen Traktor aus ihm zu machen! Zu dieser Zeit war alles möglich. Was haben wir denn im Grunde genommen Schlechtes getan? Der Panzer ist einfach dort geblieben, und niemand konnte etwas mit ihm anfangen. Jetzt möchten wir, daß ihn die Behörde findet. Aber nicht unter unserm Holz und auf unsern Feldern. Es würde genügen, ihn fortzuschaffen und einige Kilometer entfernt auf der Straße stehenzulassen.»
Das war ein verrückter Gedanke, und Don Camillo setzte das dem Alten auseinander.
«Aber gewiß: Man schleppt ihn einige Kilometer weg und läßt ihn dann im Straßengraben liegen. Kommt einer vorbei, so sagt er: (Schau, schau, da hat jemand einen Panzer verloren; man muß ihn auf das Fundamt bringen.) Und damit wäre alles erledigt! Donnerwetter, versteht Ihr nicht, daß es Nachforschungen über Nachforschungen geben würde? Versteht Ihr nicht, daß die Carabinieri das letzte Kalb in der Gegend einem Verhör unterziehen würden? Versteht Ihr nicht, daß die Wahrheit herauskommen würde? Und wer sollte übrigens den Panzer von Eurem Hof wegschleppen?»
Der Alte begann zu schluchzen, und als ihn Don Camillo so verzweifelt sah, beruhigte er ihn.
«Ihr könnt jetzt gehen; laßt mich überlegen, was man da machen könnte - und wer für die Hilfe in Frage käme.»
«Tun Sie es nur, Hochwürden!»
Der Alte ging, und Don Camillo, anstatt sich ins Bett zu legen, dachte über diese merkwürdige Geschichte mit dem Panzer nach.
Nach der Frühmesse lief Don Camillo zu Peppone und fand ihn in der Werkstatt. Als er ihn erblickte, machte Peppone das Gesicht eines Menschen, der plötzlich von furchtbaren Zahnschmerzen befallen wird.
«Peppone», sagte Don Camillo, «könntest du einen Panzer brauchen?»
Peppone schaute ihn finster an.
«Wenn es ein schwerer Panzer wäre und Sie sich verpflichten, ruhig zu liegen, wenn ich mit ihm über Sie rolle, dann schon.»
«Ich weiß nicht genau, um welche Panzertype es sich handelt», erklärte ruhig Don Camillo. «Ich weiß, daß es ein deutscher Panzer ist und demnach eine massive Sache. Man müßte ihn an einem bestimmten Ort abholen und einige Kilometer weiter wegschleppen.»
Peppone schob den Hut in den Nacken.
«Hochwürden, haben Sie heute nacht viel geträumt?» erkundigte er sich.
«Ich habe überhaupt nicht geschlafen», antwortete Don Camillo. «Es geht darum, einen armen Teufel, der auf seinem Hof den Panzer versteckt hält, von diesem Alpdruck zu befreien. Die Deutschen haben ihn auf seinem Feld stehengelassen, als sie abzogen. Er hatte sofort gedacht, der Widerstandsbewegung einen Dienst erweisen zu können, wenn er dieses kriegerische Zeug verstecke. Dann war aber der Krieg aus, und er hatte keinen Schneid mehr, den Panzer bei der Behörde zu melden. Er hatte ihn
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