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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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mitten auf der Straße weitertrotten. Die beiden im Lastwagen verzichteten darauf, nochmals zu hupen. Auch sie hatten Giaròn erkannt und fuhren geduldig sechs Kilometer lang hinter dem Karren her bis zur Kreuzung bei Pioppaccia. Hier bog der Karren nach rechts ab, und der Lastwagen fuhr geradeaus weiter.
    Es vergingen weitere zwei Jahre, und Giaròn bekam die Nachricht, daß seine Frau gestorben war. Er ging nicht zum Begräbnis, weil er die Söhne nicht treffen wollte. Aber sieben oder acht Monate später sollte er wieder zwei Söhnen begegnen.
    Es war an der Landstraße unweit der Kreuzung bei Molinetto. Giaròn schlief wie gewöhnlich auf der Sandladung, als plötzlich jemand das Pferd anhielt und etwas schrie. Giaròn erblickte einen Haufen Menschen, die aufgeregt redeten. Auch Carabinieri waren dabei.
    Giaròn stieg ab, weil auch er neugierig war. Nichts Besonderes.
    «Ein Lastwagen ist in den Kanal gestürzt», erklärte ihm jemand. «Ein Fahrer schlief im Führerhaus, auch der andere muß bei dieser Hitze und aus Müdigkeit eingenickt sein. Beide waren auf der Stelle tot.»
    Die Leichen lagen am Straßenrand und waren mit einer Plane zugedeckt; Giaròn trat heran, beugte sich vor und zog einen Zipfel der Plane hoch.
    Er hatte es schon gewußt, ehe er die Plane lüftete; es waren Diego und Marco, seine beiden ältesten Söhne.
    Da fluchte Giaròn, wie er noch nie geflucht hatte.
    «Es wäre besser gewesen, ich hätte das verfluchte Fahrzeug in Brand gesteckt!» brüllte er. «Verdammte Idioten, habe ich euch nicht gesagt, daß das Petroleum die ganze Welt ruiniert.»
    Er stieg in den Kanal und spuckte auf das Wrack des Lastwagens. Er wollte alles anzünden, und man mußte ihn mit Gewalt entfernen.
    Dann stieg er wieder auf seinen Karren und fuhr weiter. Man sah ihn mit den Händen fuchteln und hörte ihn fluchen, bis Menelik in den Feldweg bei der alten Mühle einbog.
    Es verblieb ihm der dritte Sohn, und man erzählte ihm, daß dieser in Fiumetto wohne, wo er als Fahrer eines schnellen Lastwagens angestellt war. Ein Jahr später richtete man ihm aus, daß auch der dritte Sohn zu den anderen heimgegangen sei. Ein Fernlastzug hatte ihn zusammen mit seinem Lastwagen an einer Mauer zermalmt.
    Giaròn fluchte wie ein Verrückter. Als er eines Tages Don Camillo begegnete und dieser vom Fahrrad stieg, um mit ihm zu sprechen, ihn zu trösten und zu überzeugen, daß er mit Gottes Hilfe sein Unglück ertragen werde können, ergriff Giaròn die Peitsche am dünnen Ende und brüllte:
    «Du verfluchter Priester, wenn du es wagst, mit mir zu sprechen, prügle ich dich zu Tode!»
    Don Camillo wurde auf die Flüche des Alten blaß, und er hatte nicht mehr die Kraft, ihn zum Schweigen zu bringen.
    Als dann endlich der Alte schwieg, weil ihm der Atem ausgegangen war, sprach Don Camillo sanft:
    «Giaròn, der Schmerz macht dich verrückt. Gebe Gott, daß du wieder zu Vernunft kommst. Er behüte dich!»
    «Gott!» brüllte Giaròn. «Ich will mit deinem Gott nichts zu tun haben! Dein Gott hat mich verraten! Nur mein Pferd hat mich nicht verraten und wird mich nie verraten!»
    Monate und Jahre fuhr Giaròns Karren auf den Wegen und Straßen der Bassa herum, und wenn ihm Leute begegneten, glaubten sie, den Teufelskarren vorbeiziehen zu sehen, weil Giaròn vom Haß gegen Gott und gegen den Nächsten so erfüllt war, daß seine Flüche nicht nur Abscheu, sondern Angst erregten.
    Monate und Jahre fuhr der Teufelskarren über die Felder der Bassa, und die Leute bekreuzigten sich, wenn sie ihm begegneten. Giaròn sprach mit niemandem mehr; er sprach nur noch mit Menelik.
    Eines Tages kam ein verschrecktes Mädchen zu Don Camillo gerannt und schwor, mit eigenen Ohren gehört zu haben, daß Menelik Giaròn antworte.
    «Ich habe das Pferd wie einen Christen sprechen gehört!» wimmerte das Mädchen.
    «Ich habe Schlimmeres gehört», erwiderte Don Camillo. «Ich habe jetzt ein Mädchen wie eine Henne sprechen gehört. Bemühe dich, weniger dummes Zeug zu reden!»
    Menelik zog nach wie vor den Karren des alten Giaròn, und noch lange Zeit sprach der alte Fuhrmann nur mit seinem Pferd. Entweder brüllte er wie ein Besessener, oder er sprach leise mit Menelik.
    An einem Herbstabend geschah jedoch etwas, was Menelik fassungslos machte. Nachdem Giaròn lange mit Menelik gesprochen hatte, schwieg er und brüllte nicht mehr. Nach einer Weile begann er zu stöhnen, und sein Jammer ließ Menelik die Ohren spitzen.
    Es war finster, die Straßen

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