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Don Camillo und seine Herde

Don Camillo und seine Herde

Titel: Don Camillo und seine Herde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giovannino Guareschi
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waren leer und still. Menelik blieb stehen und wieherte. Aber nur Giaròns Stöhnen antwortete ihm. Dann machte sich Menelik wieder auf den Weg, und als er zum Brunnen kam, wo die Straße breiter wird, drehte er langsam um und trabte ins Dorf zurück.
    Don Camillo hatte sich gerade zum Abendessen niedergesetzt, als er ein Geräusch hörte. Und da dieses Geräusch nicht aufhörte, ging er schauen, was da vordem Pfarrhof los wäre. Er erblickte Menelik, der vor dem Tor mit den Hufen scharrte. Er hörte das Stöhnen oben auf dem Karren und stieg mit Hilfe der Radspeichen hinauf.
    Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter vom Gesicht des Mannes entfernt, der auf der Sandladung ausgestreckt lag.
    «Giaròn», rief Don Camillo. «Ich bin es!»
    «Gott vergebe mir...» flüsterte mit ganz schwacher Stimme er alte Giaròn. Dann sagte er nichts mehr. Er stöhnte auch nicht mehr.
    Der liebe Gott hatte ihm vergeben.
    Don Camillo stieg herab und verspürte Meneliks warmen Atem.
    «Menelik», flüsterte Don Camillo und streichelte ihm die Schnauze. «Er kann dich nicht hergeführt haben. Er konnte die Zügel nicht mehr halten; sie sind ihm entglitten, als ihm schlecht geworden war, und das muß vor langer Zeit geschehen sein, weil man sieht, daß die Zügel lange auf dem Boden geschleift haben, daß sie unter deine Hufe geraten waren und du sie zerrissen hast. - Menelik, wie hast du das gemacht, daß du hierhergekommen bist?»
    Don Camillo hatte Angst vor der Stille und der Dunkelheit.
    «Menelik», flehte er ängstlich. «Hat er dir gesagt, daß du herkommen sollst, oder hat dich eine Eingebung hergebracht?»
    Menelik antwortete nicht, weil Pferde nicht sprechen können, und Don Camillo merkte schließlich, was für dummes Zeug er redete.
    «Jesus», stöhnte er, «erleuchte meinen Geist, weil mein Kopf voll Nebel ist, so daß ich sogar mit einem Pferd zu sprechen versuche!»
    «Don Camillo», antwortete die Stimme Christi, «ein Mensch ist gekommen, um in der Gnade Gottes zu sterben. Warum willst du einem Pferd dafür danken, wenn du einfach Gott zu danken hast!»
    Don Camillo gab einen langen Seufzer von sich: «Jesus, vergib mir, aber ich weiß nicht, wie das geschehen ist. Ich muß an das Gedicht von der Schimmelstute denken, die mit einem Wiehern antwortete...»
    «Don Camillo, bringe nicht Glauben und Poesie durcheinander.»
    Menelik war schwarz wie die Nacht und stand wie versteinert da.
    Plötzlich wieherte er, und sein Gewieher war wie ein Schluchzen. Das aber war nur Poesie - nur Poesie. Und Don Camillo weinte, wie er als Knabe geweint hatte, als er die letzte Strophe des Gedichtes von der Schimmelstute gelesen hatte.

Die Geschichte von der heiligen Luzia

    Cesarino stand auf, und noch bevor er sich wusch, nahm er einen Blaustift und strich einen Tag im Kalender durch.
    Es blieben noch drei, die eigentlich nur zwei waren, weil der dritte schon der bewußte Tag selbst war. Während er sich mit kaltem Wasser wusch, kam Cesarino plötzlich ein Gedanke: «Und die Kleie?»
    Das war eine wichtige Angelegenheit, aber es war eigentlich klar, daß er nicht daran gedacht hatte, weil noch vor einem Jahr alles dort draußen vor sich gegangen war, auf dem Land, wo man nur die Hand auszustrecken brauchte und schon irgendwo Kleie fand.
    Er dachte an das gute frische Hausbrot von damals und an den Wohlgeruch, der aus dem Backofen kam. Er hörte das Knarren des Flachsbrechers und erinnerte sich dabei an seine Mutter.
    Er verließ eilig das Haus, und als er an der Portiersloge vorüberging, blieb er stehen und gab der Hausmeisterin den Schlüssel; sein Vater war schon um vier weggegangen, weil an diesem Tag alle Fuhrleute, die einen Lastwagen besaßen, einen Haufen zu tun hatten.
    Die Straße war voller Leute, die es verdammt eilig hatten, und der Nebel war an diesem nassen Dezembermorgen trügerisch, weil Autos und Radfahrer wie Geister plötzlich von allen Seiten vor einem erschienen und man aufpassen mußte. So konnte er nicht mehr viel über die Sache mit der Kleie nachdenken; als er aber in der Schule war, dachte er wieder daran.
    Er hatte ganz den Esel vergessen und war jetzt in Verlegenheit. Man mußte auf das Fensterbrett neben den Schuh auch ein Säckchen voll Kleie legen. Das war für den Esel, der die Körbe mit den Geschenken trug. Wenn das Säckchen mit Kleie nicht im Fenster ist, wird die heilige Luzia bestimmt beleidigt sein.
    Als Cesarino um zwölf wieder frei hatte, lief er sofort in einen Bäckerladen und verlangte

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