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Don Fernando erbt Amerika

Titel: Don Fernando erbt Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ewald Arenz
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behauptete er, ein dänischer Prinz zu sein, der ein ewiges Keuschheitsgelübde abgelegt hätte. Haha! Keuschheitsgelübde! Als er in den Reichswald gezogen war, um dort den Einsiedler zu spielen und sich mit Delikatessen vollzuschlagen, die ihm die Nürnberger jeden Tag hinausbrachten, spielte er fast jeden Abend mit dem Hologrammprojektorherum und zauberte einen Drachen in den Wald, der allwöchentlich eine Jungfrau forderte. Nicht zum Fressen, das kann ich euch sagen.«
    Bébé unterbrach ihn interessiert: »Dieser Hologrammprojektor, ist der noch vorhanden?«
    Christoph sah ihn strafend an: »Hast du nicht eine feste Beziehung zum Buchhandel, Junge? Was willst du mit Jungfrauen?«
    Bébé antwortete eilig: »Nur für die Bühnenshow, natürlich. Ich stell mir das prima vor, so ein Drache über dem Publikum.«
    Gilead grinste.
    »Ja, klar. Für gute Zwecke leihe ich ihn gerne aus. Auf Siron gibt’s die zu Tausenden.«
    Er wurde ernster.
    »Siron, ach ja. Na ja. Jedenfalls saß ich in Nürnberg fest und meine einzige Chance waren tatsächlich die Azteken, die damals gerade an der Entwicklung von Fluggeräten arbeiteten. Aber erstens hatte ich keine Ahnung, wo genau die Azteken ihre Flugzeugwerke hatten, und zweitens gab es definitiv keine Möglichkeit, nach Amerika zu gelangen. Selbst für einen Quasiunsterblichen ist es nicht gerade ein Spaß, durch Russland bis Sibirien zu wandern und dann die Beringstraße zu überqueren. Denn essen müssen wir ja doch, und zu essen gab’s schon damals nichts. Außerdem ist es dort kalt. Das wollte ich vermeiden. Also blieb mir nur, die Entwicklung der westlichen Welt ein bisschen zu forcieren. Unter meiner vorsichtigen Mithilfe entstanden im 15. Jahrhundert hier in Nürnberg die Ephemeriden, eine Art Kartenwerk des Mittelalters, das ich mehr oder weniger aus dem Kopf gezeichnet hatte. Später arbeitete ich dann auch mit Behaim zusammen. Seinen Globus im Germanischen Nationalmuseum habe ich gemacht. Schon mal gesehen?«
    Bébé und Christoph schüttelten beide den Kopf.
    »Na ja, egal. Schon ein, zwei Jahrhunderte vorher hatte ich das Gerücht ausgestreut, dass die Erde eine Kugel sei. Aber kein Aas hat darauf reagiert. Aber dann, endlich, kam hier ein Bote aus Portugal an, um sichein Exemplar der Ephemeriden zu kaufen. Für einen gewissen Christoph Kolumbus. Ja. Und der entdeckte dann auch endlich Amerika. Das merkte ich aber erst zwanzig Jahre später, als sein Sohn nach Nürnberg kam, um Bücher zu kaufen, und ich mich mit ihm unterhielt. Ich hatte bisher immer nur vage gehört, dass jemand einen kürzeren Seeweg nach Indien entdeckt hätte. Und das interessierte mich kein bisschen. In der Zeit hatte ich außerdem gerade mächtige Probleme mit Ludwig dem Bayern, der sich ständig mit dem Papst herumstritt und hier alles durcheinanderbrachte. Irgendwie war ich mittlerweile schon so weit in die Politik geraten, dass ich einfach nicht mehr wegkonnte. Und außerdem hatte ich es allmählich fertiggebracht, mich ein bisschen wohlzufühlen, ein bisschen Kultur in die Stadt zu bringen und den Handel aufzufrischen. Karl IV. schaute dann ab und zu mal vorbei, und ich habe ihn darüber aufgeklärt, dass eine anständige Reichsverfassung genau das wäre, was er bräuchte. Und er dann: ›Ja, aber ich weiß nicht, das läuft doch alles ganz gut, und die Kurfürsten werden gar nicht glücklich sein, wenn ich ihnen alle Rechte nehme‹, und so weiter. Ich hatte ihm eine fantastische Verfassung geschrieben, aber er hat natürlich alles auseinandergenommen, die Hälfte gestrichen, völligen Blödsinn dazugeschrieben und das Ganze dann als Goldene Bulle veröffentlicht.«
    Gilead machte eine Pause. Christoph stieß Bébé an und flüsterte nicht allzu leise: »Wovon spricht der Mann?«
    »Von der Goldenen Bulle. Erstes Reichsgesetz. Du hast von Geschichte aber natürlich keine Ahnung«, antwortete Bébé, und zu Gilead gewandt: »Das ist abgefahren. Du hast die Goldene Bulle geschrieben? Irgendwie wird mir jetzt einiges klarer.«
    »Na ja«, sagte Gilead, »sie war schon immer noch gut genug, damit die Nürnberger Karl eine Kirche auf dem Hauptmarkt gebaut haben. Und er war tatsächlich so klein und hässlich, wie man ihn da sehen kann.«
    Er musste grinsen: »Für dieses Männleinlaufen, ihr wisst schon, diese sieben Kurfürsten, die mittags immer um den Kaiser herumschwenken,habe ich extra ein Uhrwerk erfunden. Aber gut. Irgendwann habe ich dann gesehen, dass Nürnberg einfach keine

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