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Don Fernando erbt Amerika

Titel: Don Fernando erbt Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ewald Arenz
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Zukunft hat, und als die Mark Brandenburg gerade mal frei war, habe ich meinen Aktenkoffer gepackt, ein paar interessante Handschriften aus dem Archiv mitgenommen, von denen anzunehmen war, dass sie irgendwann mal einen Haufen Geld wert sein würden, bin auf ein Pferd gestiegen und nach Preußen gezogen. Preußen gab es noch nicht, aber es hatte Zukunft. Auf lange Sicht war Preußen ein echter Entwicklungsmotor. Ich starb offiziell alle vierzig Jahre und präsentierte mich dann etwas aufgefrischt, leicht verändert und mit enormer Sachkenntnis dem jeweiligen König. Und es war nicht leicht, aus Preußen etwas zu machen«, sagte Gilead versonnen, »aber eine echte künstlerische Aufgabe. Nur Bismarck war öde. Mein Gott, wenn ich gewusst hätte, wie übel so ein Job sein kann, hätte ich ihn nie angenommen. Eigentlich war ich ganz zufrieden. Endlich hatte es angefangen, in Preußen von selbst weiterzulaufen. Ich hatte da schon seit langer Zeit ein Gut und versuchte gerade, anständigen Wein anzubauen und ab und zu in der Administration tätig zu sein, als sich dieser König auf einmal stur allem in den Weg stellte, was ich so geschickt eingefädelt hatte. Also musste ich wieder zurück. Zum Glück war dieser Bismarck als scharfer Hund bekannt und soeben bei einer Affäre mit einer Russin durch Herzinfarkt gestorben, deshalb konnte ich seinen Platz einnehmen und mich dem König anbieten. Fast dreißig Jahre lang habe ich dann alles in Ordnung gebracht und dachte mir: Prima. Die ersten Flugzeuge werden gebaut, in zehn Jahren haben sie Düsenantrieb, in dreißig Jahren bin ich weg. Wird Zeit, sich aus der Politik zurückzuziehen.
    Wer konnte denn ahnen, dass diese Idioten Krieg anfangen?
    Und dann gleich noch einen?
    Jedenfalls ist es ab dem 20. Jahrhundert gar nicht mehr so gut gelaufen. Vor allem hatte ich plötzlich keine Chance mehr, in die Politik zu kommen. Sachkompetenz war nicht mehr gefragt. Überhaupt nicht. Charisma wollten die Leute vor dem Zweiten Weltkrieg undjetzt wollen sie schlicht Dummheit. Nach dem Krieg war ich echt deprimiert. So richtig. Ich habe einfach nicht mehr geglaubt, dass ich noch mal von diesem Planeten wegkomme. Hier gibt es einfach keine logische Entwicklung. Gerade, wenn alles auf dem besten Weg zu sein scheint, passiert irgendetwas völlig Unerwartetes. Und das gibt es auf Siron schon seit Ewigkeiten nicht mehr. Aber auf der Erde ist überhaupt keine Langzeitplanung möglich, weil die Geschichte hier völlig unberechenbar verläuft. Auf diesem Planeten ist die historische Wissenschaft so was wie Alchimie bei uns.«
    Christoph stieß Bébé grinsend an: »Siehst du? Ich bin doch sehr gut in Geschichte, ich bin nämlich Chaostheoretiker!«
    »Musik allein ist wahres Chaos!«, behauptete Bébé würdevoll.
    »Deine vielleicht«, sagte Christoph, und zu Gilead: »Okay, und dann?«
    »Na ja, dann habe ich gedacht, ich mache einfach gar nichts mehr und schaue, was passiert. Vielleicht entwickelt sich die Welt von alleine ganz gut. Rein zufällig, sozusagen. Aber es hat nicht geklappt. Gerade als der Kalte Krieg zwischen Ost und West zu einer anständigen Raumfahrttechnik geführt hat, bricht diese blöde Sowjetunion zusammen. Bitte sehr: Geschichte ist Chaos. Zumindest auf dieser Welt.«
    Bébé sah Christoph an. Christoph sah Bébé an. Beide sahen Gilead an.
    »Vielleicht sollten Sie einfach ein Lied aus der Geschichte machen«, sagte Bébé.
    »Hab ich schon«, sagte Gilead, »aber ich habe die Noten verloren. Und außerdem will ich einfach endlich zurück nach Siron. Meine Verbannung ist seit zweihundertfünfzig Jahren vorbei und die haben mir kein Taxi geschickt.«
    »Vielleicht denken sie, dass du tot bist, wegen des Unfalls damals.«
    »Vielleicht. Jedenfalls haben sie mich vergessen. Und deshalb bin ich bei euch.«
    »Joaaa«, sagte Bébé gedehnt, »was sagst du denn, Christoph?«
    »Bist du sehr in Eile, Gilead?«, fragte der und grinste. »Denn sonst könnten wir jetzt erst mal was trinken und du erzählst uns ein bisschen von Siron. Und morgen fangen wir dann an zu arbeiten, okay?«
    »Okay!«, sagte Gilead, und dann hatten sie mit einem kleineren Besäufnis angefangen, das an eben diesem Morgen langsam zu Ende ging, weil die Beteiligten eingeschlafen waren.
    Deshalb dauerte es bis zum Nachmittag, bis sie erfuhren, dass der Bürgermeister entführt worden war.
    Ein neuer Tag dämmerte über den Dächern Nürnbergs herauf. Ein richtiger Januartag, blau, klirrend kalt und daher

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