Don Fernando erbt Amerika
unsterblich gemacht.«
Nach einer Weile hatte Fernando verstanden. Aber es schien keine echte Dankbarkeit bei ihm aufzukommen.
»Toll, Gilead, wirklich toll. Du hast mich unsterblich gemacht, damit ich zwanzigtausend Jahre lang arm bin, ja? Alleine die fünfhundert Jahre Suche nach diesem blöden Dokument haben mich uralt gemacht. Und jetzt kann ich nichts mehr damit anfangen.«
Er wollte schon wieder auf Gilead losgehen. Kathrin hielt ihn zurück.
»Also, Christoph«, sagte sie wütend, »hier hast du endlich ein echtes Problem, du Spinner. Zeit für deine kosmischen Lösungen.«
»Ich habe eine«, verkündete der und sah von dem Dokument auf, das er studiert hatte. »Gibt es nicht so etwas wie Rechtsnachfolge? Was wir brauchen, ist ein guter Anwalt.«
»Ein sehr guter Anwalt«, assistierte Bébé hilfreich.
»Der beste Anwalt«, sagte Christoph nachdenklich. »Er wird teuer sein.«
»Vielleicht«, sagte Gilead spöttisch zu Fernando, »hättest du eine Rechtsschutzversicherung abschließen sollen.«
Diesmal musste Esteban dazwischengehen. Kathrin allein reichte nicht, um Fernando von Gileads Kehle zu lösen.
17
Der beste Anwalt der Welt war nicht von Jugend an darauf erpicht gewesen, Anwalt zu werden.
Kein Gedanke.
Er hatte zur See fahren wollen, wie sein Vater. Ein guter, handfester Beruf. Teer, Segel, Wind, Fische. Und Robben. Der Robbenfang. Das hatte ihm immer am meisten Spaß gemacht. Und nun saß er in diesem 800-Quadratmeter-Büro in einer der schönsten Städte an der Ostküste und blickte sehnsüchtig auf den Hafen hinunter, wo eine Segelyacht vor sich hindümpelte. Er zündete sich eine Zigarre an, die er vorher mit einer kleinen, massiv goldenen Guillotine beschnitten hatte. Und nun war er nicht nur der beste und gefinkeltste Anwalt der Welt, er war auch der reichste Mann auf diesem Kontinent. Wahrscheinlich einer der reichsten der Welt.
Es hatte beileibe nicht danach ausgesehen, damals. Ganz und gar nicht. Als er, penetrant nach toter Robbe stinkend, mit dem kleinen Beiboot der Emma in den Hafen von Reykjavik eingefahren war, hatten sämtliche Wikinger des Landes an der Pier gestanden und sich halb totgelacht.
»Na, Erik?«, hatten sie gebrüllt. »Schöne neue Welt, was? Muss ja mächtig reich gewesen sein, wenn sie dir so ein Prachtschiff mitgegeben haben: Leben vom Robbenexport, wie?«, und hatten sich weggeworfen vor Lachen. Und das Schlimmste war: Emma, die echte Emma, war dabeigestanden und hatte Tränen gelacht. Erik war ausgestiegen, hatte das Boot an den Strand gezogen und war grimmig schweigend in das Büro von »Thor – Bootsversicherungsunternehmen« marschiert. Dort hatte er dem kleinen Männchen hinter dem rohen Eichentisch einen Fetzen Pergament hingeknallt.
»Zahl mich aus!«, hatte er gebrüllt. »Mein Boot liegt vor der Küste der neuen Welt auf dem Meeresboden.«
»Füllen Sie bitte dieses Formular aus«, hatte der Vertreter gesagt und Erik ein Stück Schafshaut hinübergeschoben. Erik setzte sich schnaubend und kritzelte die Sätze und Zahlen hin. Nach fünf Minuten schob er die Haut zurück und hielt die Hand auf.
»Tut mir leid«, sagte der Vertreter nach einem Blick auf das Formular, »unter diesen Bedingungen können wir nicht zahlen.«
Den Rest des Satzes sprach er eigentlich schon in der Luft, denn Erik hatte ihn am Kragen gepackt und wirbelte ihn durch den Raum. Ungerührt führte der Vertreter aus:
»Thors Donnerwagen am Himmel fällt nicht unter höhere Gewalt und auch nicht unter Sturmschäden. Hier, sehen Sie?«
Er wies auf eine kleine Klausel in Eriks Versicherungsschein, die Erik zum ersten Mal sah. Leider war zu diesem Zeitpunkt die Lupe noch nicht erfunden, sodass es einige Minuten dauerte, bis Erik den Passus entziffert hatte.
»Aber Thor ist ein Gott, oder?«, heulte er. »Höhere Gewalt also!«
»Tut mir leid«, sagte der Vertreter, »göttliche Eingriffe in die Natur müssen extra versichert werden.« Er seufzte bedauernd.
»Hätte Sie nur zwei Otterfelle mehr gekostet.«
Erik hatte sein Schwert gezogen und stellte dem Vertreter – oder vielmehr seinem Kopf – in Aussicht, die nächsten Jahre auf einem Langspeer vor der Hafeneinfahrt von Reykjavik zu verbringen. Der Vertreter wies auf einen Passus der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hin, nach dem Gewaltanwendung gegen einen Vertreter der Versicherungsgesellschaft automatisch zum Erlöschen aller Ansprüche führte.
Erik verließ das Büro schäumend vor Wut. Als er an Emma
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