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Don Juan 05 - Der zweite Ring der Kraft

Don Juan 05 - Der zweite Ring der Kraft

Titel: Don Juan 05 - Der zweite Ring der Kraft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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sofort ein. Ich saß mit dem Rücken an die Wand gelehnt. Die aus Ziegeln gemauerte Fläche des Bettes war sogar noch mit vier Strohmatten hart. Ich fand es bequemer, mich hinzulegen. Kaum lag ich, da schlief ich ein. Irgendwann wachte ich auf und verspürte unerträglichen Durst. Ich wollte in die Küche gehen und Wasser trinken, aber ich konnte mich in der Dunkelheit nicht zurechtfinden. Neben mir spürte ich die in ihre Decke gewickelte la Gorda. Ich rüttelte sie mehrmals und bat sie, mir zu helfen und mir etwas Wasser zu holen. Sie murmelte etwas Unverständliches. Anscheinend schlief sie so fest, daß sie nicht aufwachen wollte. Ich rüttelte sie wieder, und plötzlich erwachte sie; nur - es war nicht la Gorda. Der Mensch, den ich da wachgerüttelt hatte, brüllte mich mit männlich tiefer Stimme an, ich solle doch Ruhe geben. An la Gordas Stelle lag ein Mann! Augenblicklich befiel mich eine unbeherrschbare Angst. Ich sprang aus dem Bett und rannte zur Haustür. Aber mein Orientierungssinn war ausgeschaltet, und ich landete in der Küche. Ich griff nach einer Laterne und entzündete sie so schnell ich konnte. In diesem Moment kam la Gorda von der Toilette hinterm Haus und fragte mich, ob etwas nicht in Ordnung sei. Nervös erzählte ich ihr, was geschehen war. Sie wirkte selbst ein wenig desorientiert. Der Mund stand ihr offen, und ihre Augen hatten ihren gewohnten Glanz verloren. Sie schüttelte heftig den Kopf, was sie offenbar wieder zur Besinnung brachte. Sie nahm die Laterne, und wir gingen ins vordere Zimmer.
    Im Bett lag - niemand. La Gorda zündete noch drei Laternen an. Sie schien beunruhigt. Sie sagte, ich solle bleiben, wo ich war, dann öffnete sie die Tür zu ihrem Zimmer. Mir fiel auf, daß drinnen Licht brannte. Sie schloß die Tür und meinte beiläufig, ich solle mir keine Sorgen machen; es sei alles in Ordnung, und sie würde uns etwas zu essen machen.
    Mit der Schnelligkeit und Gewandtheit einer professionellen Köchin bereitete sie uns eine Mahlzeit. Sie machte auch heiße Schokolade, die wir mit Maisflocken tranken. In tiefem Schweigen hockten wir einander gegenüber.
    Die Nacht war kühl. Es sah nach Regen aus. Die drei Petroleumlampen, die sie zur Eßecke mitgenommen hatte, verbreiteten ein sehr tröstliches gelbes Licht. Jetzt nahm sie ein paar Bretter, die vor der Hauswand aufgestapelt lagen, und befestigte sie senkrecht in einer tiefen Fuge, die in den mittleren Dachbalken eingelassen war. Auch im Fußboden befand sich, parallel zum Dachbalken, ein langer Schlitz, der dazu diente, die Bretter zu halten. Das Ergebnis war eine Schiebewand, die die Eßecke abschloß. »Wer war da im Bett?« fragte ich.
    »Im Bett? Neben dir? Das war Josefina. Wer sonst?« Sie ließ die Worte auf der Zunge zergehen. Sie lachte. »In solchen Scherzen ist sie Meister. Einen Moment glaubte ich, es sei etwas andres, aber dann bemerkte ich den Geruch, den Josefinas Körper hat, wenn sie einen ihrer Streiche ausheckt.«
    »Was bezweckte sie damit? Wollte sie mich zu Tode erschrecken?«
    »Du bist nicht gerade ihr Liebling, weißt du?« erwiderte sie. »Die Schwesterchen haben es nicht gern, wenn sie in ihrem vertrauten Trott gestört werden. Sie sind wütend, weil Soledad sie verläßt.
    Sie wollen einfach nicht begreifen, daß wir alle diese Gegend verlassen werden. Es sieht so aus, als ob unsre Zeit um wäre. Das habe ich heute erkannt. Als ich das Haus verließ, spürte ich, daß diese öden Hügel mich müde machen. Bis heute hatte ich das nie gespürt.«
    »Wohin werdet ihr gehen?«
    »Ich weiß noch nicht. Anscheinend hängt das von dir ab. Von deiner Kraft.«
    »Von mir? Wieso denn, la Gorda?«
    »Ich will es dir erklären. An dem Tag bevor du kamst, gingen die Schwesterchen und ich in die Stadt. Wir wollten dich in der Stadt treffen, denn ich hatte im Träumen eine seltsame Vision. In dieser Vision war ich mit dir zusammen in der Stadt. In meiner Vision sah ich dich so klar, wie ich dich jetzt sehe. Du wußtest nicht, wer ich bin, aber du sprachst mich an. Ich konnte nicht herausfinden was du sagtest. Dreimal kehrte ich in diese Vision zurück, aber ich war bei meinem Träumen nicht stark genug, um herauszufinden, was du zu mir sagtest. So vermutete ich, daß meine Vision mir sagen wollte, ich soll in die Stadt gehen und auf meine Kraft vertrauen, um dich dort zu finden. Ich war ganz sicher, daß du unterwegs warst.«
    »Wußten die Schwesterchen, warum du sie in die Stadt mitnahmst?« fragte ich.
    »Ich

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