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Don Juan de la Mancha

Don Juan de la Mancha

Titel: Don Juan de la Mancha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Menasse
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Blick meines Vaters, sah auf. Er trank seinen Kaffee aus, stellte die Tasse ab und sagte mit leicht angewidertem Gesicht: Es gibt schlechteren.
    Eine Frau trug ein Tablett mit Kaffee vorbei, sie lächelte, grüßte, Vater grüßte fahrig zurück, beugte sich vor und sagte: Fang dir hier herinnen nichts an.
    Was meinst du?
    Es gibt Millionen Frauen draußen, da herinnen fang dir mit keiner was an.
    Damals kannte ich diese Frau noch nicht. Zwei Tage später wurde sie mir vorgestellt. Es war Frau Nosseck.
    62.
    Durch meine Willfährigkeit, alles richtig zu machen, wurden auch die Sonntage zu Arbeitstagen. Weil die Frauen spazieren gehen wollten. In den Park von Schloss Schönbrunn (Margit Reiter), in den Wienerwald und dann zu einem Heurigen (Steffi Slama) oder gar rauf auf die Rax (Niki Nosseck). Auf den Kieswegen des Parks von Laxenburg mit Ruderbootfahrt im Schlossteich (wie hieß sie?). Wie nahe beieinander das war: Trieb und Biedersinn. Wie Akku und Menü. Im Akku war genug Saft. Funktioniert der Akku, funktioniert im Menü jede Funktion. Drücken Sie auf Ja. Löschen? Sind Sie sicher? Drücken Sie auf Ja.
    63.
    Wochenende. Meine Frau kam und fand mich in der Badewanne. Sie stand vor mir in ihrem roten Mantel von Zara und schaute auf mich herab. Nacktes Rot.
    Ich mache mir Sorgen!
    Ihre roten Lippen. Wie blutig gebissen. Mir geht es gut, sagte ich.
    Du kommst mir vor wie ein Suppenhuhn in der Brühe, sagte sie.
    Du solltest das auch einmal probieren, sagte ich. Es ist unglaublich, aber es funktioniert. Nie im Leben ist ein Mensch glücklicher als im Fruchtwasser. Das ist wissenschaftlich erwiesen.
    Du bist krank. Du brauchst einen Arzt. Du hast eine schwere Depression.
    Ich kann keine Depression haben, ich bin glücklich.
    Komm raus, zieh dich an, sagte sie, und dann kümmern wir uns um eine therapeutische Hilfe. Vielleicht ist es keine große Sache, und du musst nur eine Zeit lang Tabletten nehmen.
    Ich will keine Tabletten nehmen. Außerdem habe ich eine Therapeutin.
    Sie ist eine Scharlatanin. Und selbst wenn sie keine wäre: Sie kann dir nicht helfen, wenn du nicht zu ihr gehst.
    Bitte lass mich.
    Sie öffnete den Abfluss und ging aus dem Badezimmer. Es war, als würde sich das Wasser rot färben. Als wäre etwas gerissen oder geplatzt. Ich saß in der Wanne und sah zu, wie das Wasser abrann. Mir wurde kalt. Ich stieg heraus, zog den Bademantel an und ging in die Küche. Da saß sie und weinte.
    Ich fragte mich, ob das ein Scheidungsgrund sei.
    Ich erwartete, dass sie nun sagen würde: Lass uns reden. Ich bereitete mich darauf vor, Nein zu sagen. Ich hatte Angst, dass ein Wort das andere geben würde, bis schließlich das Wort Trennung fiele. Sie sagte nichts. Ich wartete, sie sagte kein Wort.
    Ich rufe Hannah an, sagte ich, ich mache einen Termin aus. Gleich am Montag rufe ich an.
    Mach, was du willst, sagte sie und stand auf.
    Sie fuhr zurück nach Wien.
    Ich ließ Wasser ein.
    64.
    Damals, als ich bei der Zeitung zu arbeiten begann, waren alle Journalisten high. Man müsste endlich eine Geschichte der Printmedien schreiben, die die Sprache und überhaupt die Entwicklung der Zeitungen in jener Zeit auch auf diesen Sachverhalt zurückführt. Schon mein erster Eindruck beim Betreten der Redaktion war: Hier riecht es intensiv nach Klebstoff. Es gab noch keine Computer. Die Texte wurden mit Schreibmaschinen in Formulare mit genauem Anschlagraster getippt, ausgeschnitten, und, wie auch die Fotos, ins Layout geklebt. Auf allen Schreibtischen lag Klebstoff herum, Sticks, Tuben oder, bei den Älteren wie Prohaska, kleine Fläschchen der Firma »Kola«, in die man einen kleinen Pinsel tauchen musste. Der Klebstoff an den Pinselchen, Schwämmchen, aus den offenen Tuben und Sticks verdampfte in den warmen Räumen und wurde mit jedem Atemzug inhaliert. Wer hier arbeitete, befand sich sehr bald in einem Zustand leichter Erregung, die sich nach wenigen Stunden zu Gereiztheit, bei manchen schließlich zu lethargischen Traumzuständen oder gar zur Bewusstseinstrübung steigerte. Die oberen Atemwege waren chronisch gereizt. Keiner dachte sich etwas dabei: Schuld an der Erregung schien der Stress zu sein, an der wachsenden Gereiztheit der nahende Redaktionsschluss, an den schlussendlichen Delirien der Alkohol, am Kratzen in Hals und Nase das exzessive Rauchen. Verdacht schöpfte ich das erste Mal, als ich in der Wohnung von Niki Nosseck eine Tube Klebstoff auf einem Tischchen liegen sah. Warum sie das da liegen habe? Warum ich

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