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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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trösten, daß ihre Leiden nicht ewig dauern, und darum leide ich um so größere Martern, weil ich glaube, daß sie sich nicht mit dem Tode endigen werden.«
    Hier beschloß Cardenio seine lange Rede und die Geschichte seiner unglücklichen Liebe, und indem ihm der Pfarrer etwas Tröstliches sagen wollte, unterbrach ihn eine Stimme, die er vernahm, und sie alle hörten in traurigen Akzenten das, was der vierte Teil dieser Erzählung sagen wird, denn hier beschließt den dritten der weise und genaue Geschichtschreiber Cide Hamete Benengeli.

28. Kapitel

    Handelt von dem neuen und angenehmen Abenteuer, welches dem Pfarrer und Barbier in dem nämlichen Gebirge begegnete.
    Höchst beglückt und freudenreich waren die Zeiten, in welchen der kühnste Ritter Don Quixote von la Mancha der Welt erschien. Denn dadurch, daß er dazumal den ehrenvollen Entschluß faßte, den erloschenen und gleichsam erstorbenen Orden der irrenden Ritterschaft zu erwecken und der Welt zurückzugeben, erfreuen wir uns in unseren Tagen, die einer erheiternden Unterhaltung so sehr bedürfen, nicht nur der Süßigkeiten seiner wahrhaftigen Geschichte, sondern zugleich der Erzählungen und Episoden, die zum Teil ebenso anmutig, kunstreich und wahrhaftig sind als die Geschichte selbst, welche ihren sauber gehechelten, geflochtenen und abgeteilten Faden aufnimmt und erzählt, wie der Pfarrer, als er sich eben bereitete, dem Cardenio Trost zuzusprechen, von einer Stimme, die sein Ohr vernahm, unterbrochen wurde, welche in klagenden Tönen folgendes sagte:
    »O Himmel! sollte ich schon den Ort gefunden haben, der zum verborgenen Grabe dienen kann der Last dieses meines Körpers, die ich so sehr wider meinen Willen trage? Ja, so wird es sein, wenn diese Gebirge so einsam sind, wie sie mir erscheinen. Ach, ich Unglückselige! Wieviel liebere Gesellschaft werden diese Felsen und Abgründe für mein Vorhaben sein (denn sie vergönnen es mir, mein Unglück dem Himmel zu klagen) als die Gegenwart irgendeiner menschlichen Gestalt; denn von keinem auf Erden kann ich Rat in meinen Zweifeln hoffen, Trost in meinen Schmerzen, Hilfe in meinen Leiden.«
    Alle diese Worte hörten und verstanden der Pfarrer und die mit ihm waren, und da sie glaubten, wie es auch in der Tat war, daß der Klagende sich in der Nähe befinden müsse, so standen sie auf, ihn zu suchen, und sie waren kaum zwanzig Schritte gegangen, als sie hinter einem Felsen, am Fuße eines Eschenbaumes, einen Jüngling wahrnahmen, in der Kleidung eines Bauern, der das Gesicht gegen den Boden neigte, weil er im vorüberfließenden Bache seine Füße wusch, weswegen sie ihn nicht sogleich betrachten konnten; sie waren auch so leise herangeschlichen, daß er sie nicht vernahm, auch weiter auf nichts achtete, als seine Füße zu waschen, die nicht anders wie zwei Stücke weißen Kristalls aussahen, die dort zwischen anderem Gestein im Bache gewachsen wären. Der Glanz der schönen weißen Füße setzte sie in Erstaunen; denn sie schienen nicht gemacht, auf Kiesel zu treten oder hinter dem Pfluge und den Rindern herzuschreiten, wie man doch nach der Bekleidung hätte schließen sollen. Wie sie also sahen, daß sie nicht bemerkt wurden, gab der Pfarrer, welcher der Vorderste war, den übrigen ein Zeichen, daß sie sich ruhig verhalten oder hinter einige Felsenstücke dort verbergen möchten; dies taten sie alle, indem sie aufmerksam beobachteten, was der Jüngling nun tun würde. Dieser trug ein graues Wams, das um die Hüften mit einem weißen Tuche festgegürtet war; seine Beinkleider und Strümpfe waren ebenfalls von grauem Tuche, der Kopf war mit einer grauen Mütze bedeckt; die Strümpfe hatte er bis zur Hälfte der Beine hinaufgezogen, welche vollkommen dem weißesten Alabaster glichen. Jetzt war er mit dem Waschen der schönen Füße fertig, worauf er sie mit einem Tuche, das er unter der Mütze hervornahm, trocknete, und indem er dieses herabnahm, erhob er sein Gesicht, und diejenigen, die ihn betrachteten, sahen durch diese Bewegung eine so unvergleichliche Schönheit, daß Cardenio zum Pfarrer leise sagte: »Ist dieses nicht Lucinde, so ist es kein menschliches, sondern ein göttliches Gebilde.« Der Jüngling nahm nun die Mütze herunter, und sowie er den Kopf von einer zur anderen Seite schüttelte, flossen ringsum so strahlende Haarlocken herunter, daß die Sonne ihren Glanz beneiden durfte. Hieraus ersahen sie, daß derjenige, der ihnen ein Bauernknabe schien, ein Mädchen sei, und zwar das

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