Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
Hochzeit angezogen, im Saale warten schon der Verräter Don Fernando und mein geiziger Vater nebst anderen Zeugen, die wohl Zeugen meines Todes, aber niemals meiner Vermählung sein sollen. Sei nicht in Sorgen, mein lieber Freund, und suche bei diesem Opfer gegenwärtig zu sein, denn wenn meine Sinne Kraft behalten, so soll dieser Dolch, den ich hier verborgen habe, alle Gewalt entkräften, indem er mein Leben endigt und du anfängst, meine Liebe zu dir völlig zu erkennen.‹
    Ich antwortete in verwirrter Hast, weil ich fürchtete, gestört zu werden: ›Laß, Geliebte, deine Taten deine Worte wahr machen, führst du einen Dolch, um dich zu schützen, so führe ich ein Schwert, um dich zu verteidigen oder mich umzubringen, wenn uns das Glück entgegen ist.‹ Ich glaube nicht, daß sie alles hören konnte, denn sie riefen sie schnell hinein, weil der Bräutigam wartete. Zugleich brach die Nacht meiner Traurigkeit herein, die Sonne meiner Freude ging unter, ohne Sehkraft, ohne Bewußtsein blieb ich zurück. Ich vergaß, in das Haus zu gehen, ich hatte jede Bewegung verlernt; doch fiel mir ein, wie nötig meine Gegenwart bei irgendeinem Zufalle sein könne, ich ermunterte mich daher, so gut ich konnte, ich ging in das Haus hinein, und weil ich alle Aus – und Eingänge kannte, noch mehr mich aber der Tumult begünstigte, gelang es mir, von niemand gesehen zu werden. Ohne bemerkt zu werden, begab ich mich in die Ausbeugung eines Fensters, wo ich von herabhängenden Teppichen so verdeckt wurde, daß ich ungesehen alles sehen konnte. Wie soll ich die Empfindungen schildern, die in diesen Augenblicken mein Herz bestürmten, die Gedanken, mit denen ich kämpfte, die Überlegungen, die ich anstellte! So viele und von solcher Art drängten sich mir auf, daß ich sie weder sagen kann noch mag. Der Bräutigam trat endlich ohne weiteren Schmuck in den Saal, denn er trug seine gewöhnlichen Kleider. Als Zeuge kam ein Verwandter Lucindens mit ihm, und weiter war niemand im Saale zugegen als Diener des Hauses. Bald darauf erschien Lucinde aus einem Nebenzimmer, von ihrer Mutter und zwei Mädchen begleitet, ihre Kleidung war so schön und reich, wie es ihr Stand und ihre Schönheit verdienten, und so schön, als sie der Putz, mit edler Pracht gepaart, erweisen kann. Meine Angst und Verwirrung ließen es nicht zu, ihren Anzug genauer zu betrachten, ich merkte nur die Farben Rot und Weiß und den Glanz der Edelsteine, die auf dem Kopfe schimmerten, wie auf ihrem ganzen Kleide, wodurch die seltene Schönheit ihrer glänzenden goldenen Haare noch erhöht wurde, so daß sie mit den funkelnden Steinen und dem Schimmer von vier großen Lichtern, die im Saale waren, wetteiferten und ihr Schimmer dennoch den Augen heller dünkte. O du Gedächtnis, Todfeind meiner Ruhe! Wozu nützt es, mir noch jetzt die unvergleichliche Schönheit meiner angebeteten Feindin vorzustellen? Wäre es, grausames Gedächtnis, nicht besser, daß du mir vorstelltest, was ich damals tat, damit ich, von so unendlicher Beleidigung empört, wenn mir nicht Rache schaffe, doch mindestens dies Leben verliere? – Laßt es euch, meine Herren, nicht verdrießen, diese Ausschweifungen mit anzuhören, denn meine Leiden scheinen mir so groß, daß ich sie nicht kürzlich und in wenigen Worten erzählen kann, denn jeder Umstand erfordert in meinen Augen eine lange Rede.«
    Der Pfarrer antwortete, daß es ihnen so wenig verdrießlich fiele, ihn anzuhören, daß diese genaueren Umstände ihnen vielmehr sehr angenehm wären, denn sie schienen auch ihnen so wichtig, daß man sie nicht mit Stillschweigen übergehen, sondern ihnen ebenso viele Aufmerksamkeit als den Hauptbegebenheiten schenken müsse.
    »Indem ich also im Saale wartete«, fuhr Cardenio fort, »trat der Pfarrer des Kirchspiels herein, faßte die beiden bei der Hand, um die nötige Zeremonie vorzunehmen, indem er sagte: ›Wollt Ihr, Fräulein Lucinde, diesen hier gegenwärtigen Don Fernando zu Eurem rechtmäßigen Gemahl, wie es die heilige Mutter Kirche befiehlt?‹ Ich stürzte mit Kopf und Hals hinter den Teppichen hervor, ich hörte mit der gespanntesten Aufmerksamkeit und mit verwirrter Seele, um Lucindens Antwort zu vernehmen, das Urteil meines Todes oder die Bestätigung meines Lebens! O wäre ich doch damals hervorgebrochen und hätte laut gerufen: Lucinde! Lucinde! bedenke, was du tust, erwäge, was du mir schuldig bist, bedenke, daß du die meine bist und daß du keinem anderen angehören darfst! Glaube

Weitere Kostenlose Bücher