Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
sagte: »Auf, Kinder, das soll uns nicht entwischen; das muß eine Korsarenbrigantine von Algier sein, die jene auf dem Turme gesehen haben.«
Es näherten sich sogleich die drei anderen Galeeren dem Admiralsschiffe, um die Befehle zu vernehmen. Der General befahl, daß die beiden anderen sich in das Meer begeben sollten, er aber wollte sich mit den seinigen hart am Lande halten, denn so könne ihnen das Fahrzeug nicht entwischen. Das Schiffsvolk legte die Ruder ein, worauf sie mit solcher Wut zu arbeiten anfingen, daß es aussah, als wenn die Galeeren davonflögen. Diejenigen, die sich ins Meer begeben hatten, entdeckten in der Entfernung von zwei Meilen ein Fahrzeug, das sie als von etwa vierzehn oder fünfzehn Rudern bezeichneten, wie es sich auch in der Tat verhielt. Das Fahrzeug, als es die Galeeren sah, machte sich auf die Flucht, in der Absicht und Hoffnung, durch seine Leichtigkeit zu entwischen; aber es geriet ihm übel, denn die Hauptgaleere war eins der leichtesten Fahrzeuge, und darum sahen die auf der Brigantine wohl ein, daß sie nicht entfliehen könnten. Deshalb wollte ihr Anführer, sie sollten die Ruder fallen lassen und sich ergeben, um nicht den Zorn des Kapitäns zu reizen, welcher unsere Galeeren kommandierte. Das Schicksal aber, welches es anders lenkte, fügte, daß, indem die Hauptgaleere schon so nahe gekommen war, daß die auf dem Fahrzeuge hören konnten, wie man ihnen zurief, sie sollten sich ergeben, von den zwölf Türken, die sich auf der Galeere befanden, zwei, welche betrunken waren, ihre Musketen abfeuerten, womit sie zwei Soldaten töteten, die sich auf dem Verdeck befanden. Als dies geschehen war, schwur der General, keinem, so viele sich auch auf dem Fahrzeuge befinden möchten, das Leben zu schenken, worauf er es mit aller Wut angreifen ließ, es ihm aber unter den Rudern entwischte. Die Galeere kam ihm eine ziemliche Strecke voraus: die auf dem Fahrzeuge sahen sich verloren; sie setzten alle Segel bei, indessen sich die Galeere wieder wandte, und machten sich von neuem mit allen Segeln und Rudern auf die Flucht. Diese Eile aber nützte ihnen sehr wenig, während ihnen ihre Verwegenheit sehr schädlich gewesen war, denn auf eine halbe Meile holte sie die Hauptgaleere wieder ein und nahm sie alle lebendig gefangen. Indem kamen auch die beiden Galeeren wieder herzu, und alle vier begaben sich mit ihrer Beute nach dem Hafen, wo unzählige Menschen standen und sehen wollten, was sie mit sich brächten. Der General ließ nahe am Lande Anker werfen und sah, daß sich am Ufer der Vizekönig der Stadt befand. Er ließ ein Boot aussetzen, um ihn zu holen, und die Segelstange herunterlassen, um den Anführer und die übrigen Türken aufzuhängen, die er in dem Fahrzeuge gefangen hatte, welches an sechsunddreißig waren, alles schöne Leute und die meisten türkische Schützen. Der General fragte, wer der Anführer der Brigantine sei, und einer von den Gefangenen antwortete in kastilianischer Sprache (man erfuhr nachher, daß er ein spanischer Renegat war): »Dieser junge Mensch, den Ihr hier seht, gnädiger Herr, ist unser Anführer«; wobei er auf einen der schönsten und anmutigsten Jünglinge zeigte, den sich die menschliche Phantasie nur vorstellen kann; dem Anschein nach hatte er noch keine zwanzig Jahre erreicht. Der General fragte ihn: »Sage mir, wütender Hund, was hat dich bewogen, meine Soldaten umzubringen, da du doch sahst, daß es unmöglich war, zu entrinnen? Darf man sich so gegen Hauptgaleeren betragen? Weißt du denn nicht, daß Tollkühnheit keine Tapferkeit ist? Eine ungewisse Hoffnung darf den Menschen wohl mutig, aber nicht verwegen machen.«
Der Anführer wollte antworten, aber der General konnte ihn in diesem Augenblicke nicht hören, weil er fortging, um den Vizekönig zu empfangen, der soeben die Galeere bestieg, zugleich mit ihm einige seiner Bedienten und einige Leute aus der Stadt.«Ihr habt gute Jagd gehabt, Herr General«, sagte der Vizekönig.
»Nicht mehr, nicht weniger«, antwortete der General, »als sie Eure Exzellenz sogleich an dieser Segelstange wird aufgeknüpft sehen.«
»Wie das?« fragte der Vizekönig.
»Weil sie mir«, antwortete der General, »gegen alles Gesetz, Kriegsgebrauch und Recht zwei meiner besten Soldaten umgebracht haben, die auf diesen Galeeren waren, und ich habe geschworen, alle Gefangenen aufzuknüpfen, vorzüglich diesen Burschen, der der Anführer der Brigantine ist.« Dabei zeigte er auf denselben, dem schon die Hände
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