Don Quixote
haben.«
»Was hat denn die gnädige Herzogin, um Gottes willen, Señora Doña Rodriguez?« fragte Don Quixote.
»Auf solches Verschwören«, antwortete die Dueña, »muß ich Euch wohl auf alles, was Ihr mich fragt, mit der Wahrheit antworten. Ihr seht doch, gnädiger Herr Don Quixote, die Schönheit meiner gnädigen Herzogin, das glänzende Gesicht, das nicht anders ist wie eine polierte und geschliffene Degenklinge, ihre beiden Backen wie Milch und Blut, wo auf der einen die Sonne und auf der andern der Mond steht; diese Schmuckheit, mit der sie einhergeht, als wenn sie den Boden verachtete, daß es aussieht, als wenn sie Gesundheit auf jedem Schritte ausstreute? Aber Euer Gnaden muß wissen, daß sie zuerst Gott dafür zu danken hat, zunächst aber zwei Fontanellen, die sie an den beiden Beinen hat und die alle böse Feuchtigkeit abführen, womit sie, wie die Ärzte sagen, angefüllt ist.«
»Heilige Mutter Gottes!« rief Don Quixote aus, »hat die Frau Herzogin dergleichen Ableitungsröhren? Ich hätte es nicht geglaubt, und wenn es mir die Brüder Barfüßer gesagt hätten; aber da es die Señora Doña Rodriguez sagt, so muß es wohl wahr sein; doch müssen diese Fontanellen und an diesen Orten gewiß keine Feuchtigkeit, sondern fließenden Ambra abführen. Wahrhaftig, nun glaube ich es, daß es für die Gesundheit äußerst zuträglich ist, sich Fontanellen zu setzen.« Kaum hatte Don Quixote diese Worte gesprochen, als sich mit einem gewaltigen Schlage die Türen des Zimmers öffneten; über diesen Lärm er schrak die Doña Rodriguez so heftig, daß sie das Licht aus der Hand fallen ließ und es im Zimmer so finster wurde wie im Rachen des Wolfes, wie man zu sagen pflegt. Augenblicklich fühlte die arme Dueña, wie sie zwei Hände so stark bei der Kehle packten, daß sie keinen Laut von sich geben konnte, und wie eine andere Person ihr eilig, und ohne ein Wort zu sprechen, die Kleider aufhob und ihr, dem Anscheine nach mit einem Pantoffel, so viele Schläge gab, daß es zum Erbarmen war; welches auch Don Quixote fühlte, sich aber nicht aus dem Bette rührte und nicht wußte, was dieses sein könne; er verhielt sich ruhig und stillschweigend und fürchtete sogar, daß die Reihe und Weihe der Prügel auch an ihn kommen möchte. Seine Furcht war auch nicht so ganz ungegründet, denn als sie sich an der Dueña, die nicht zu klagen wagte, müde geschlagen hatten, kamen sie zu Don Quixote und zogen ihn unter der Decke hervor, worauf sie ihn so behende und eifrig zwickten, daß er sich mit Faustschlägen verteidigen mußte, was alles in einem bewundernswürdigen Stillschweigen vorging. Die Schlacht dauerte fast eine halbe Stunde; die Gespenster gingen fort, Doña Rodriguez brachte ihre Kleider in Ordnung und ging, ihr Unglück beseufzend, aus der Tür, ohne dem Don Quixote ein Wort zu sagen, der voll Schmerzen, zerkniffen, verwirrt und gedankenvoll allein blieb, wo wir ihn auch lassen wollen, indem er sehr neugierig ist, zu wissen, wer der widerwärtige Zauberer gewesen sei, der ihm so zugesetzt hatte; dieses wird aber zu seiner Zeit bekannt werden, denn Sancho Pansa ruft uns, und so erfordert es auch die richtige Abteilung der Geschichte.
16. [49.] KAPITEL
Was dem Sancho Pansa begegnete, als er die Ronde auf
seiner Insel machte
Wir verließen den großen Statthalter, über den malenden und schelmischen Bauer verdrüßlich und erzürnt, der vom Haushofmeister, wie dieser vom Herzoge angestiftet, mit Sancho seinen Spaß trieb; er aber hielt sich alle vom Leibe, so einfältig, roh und grob er auch war; er sagte zu denen, die sich mit dem Doktor Pedro Recio gegenwärtig befanden – der wieder in den Saal gekommen war, als man das Geheimschreiben des Herzogs gelesen hatte –: »Jetzt sehe ich nun in Wahrheit ein, daß Richter und Statthalter eigentlich von Eisen sein müßten, um die Unverschämtheit der Kläger nicht zu empfinden, die zu allen Stunden und zu allen Zeiten kommen und gehört und abgefertigt sein wollen, die nur an ihre Klage denken, mag es gehen, wie es will, und wenn der arme Richter sie nicht hört und nicht abfertigt, weil er entweder nicht kann oder weil es die Zeit nicht ist, in welcher er Audienz gibt, so verlästern und schimpfen sie ihn und lassen keinen guten Bissen an ihm und machen seine ganze Familie herunter. O du einfältiger Kläger, du dummer Kläger, übereile dich nicht, erwarte Zeit und Gelegenheit, deine Klage anzubringen; komm nicht in der Stunde des Essens oder des
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