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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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Pansa, daß du deinen Nachbar nicht kennst, den Morisken Ricote, den Gewürzkrämer aus deinem Dorfe?«
    Hierauf betrachtete ihn Sancho mit der größten Aufmerksamkeit und fing an, sich seiner wieder zu erinnern, endlich aber erkannte er ihn völlig, und ohne von seinem Tiere abzusteigen, schlug er ihm die Arme um den Hals und sagte: »Welcher Teufel sollte dich, Ricote, in der närrischen Verkleidung da wiederkennen? Sage mir nur, wie hast du dich so zu einem Franschen machen können, und wo nimmst du die Dreistigkeit her, wieder nach Spanien zu kommen, wo es dir übel ergehen wird, wenn sie dich kriegen und wiederkennen sollten?«
    »Wenn du mich nicht angibst, Sancho«, antwortete der Pilgrim, »so bin ich sicher, daß mich keiner in dieser Kleidung wiederkennen soll; wir wollen uns aber vom Wege entfernen und uns in jenes Gehölz dort begeben, wo meine Kameraden essen und ausruhen wollen, da sollst du mit ihnen essen, denn sie sind sehr friedliche Menschen; dort will ich dir auch erzählen, wie es mir gegangen ist, seit ich unser Dorf verlassen habe, um dem Befehl Seiner Majestät zu gehorchen, der mit so großer Schärfe die Unglücklichen unsers Volks bedrohte, wie dir bekannt sein wird.«
    Sancho tat es, und indem Ricote mit den übrigen Pilgern sprach, gingen sie nach dem Gehölze, welches in einer ziemlichen Entfernung von der großen Straße lag. Sie warfen ihre Stäbe weg, zogen ihre Röcke oder Kapuzen aus und blieben in Ärmeln, worauf sich alle als junge, gut aussehende Leute zeigten, Ricote ausgenommen, der schon ein Mann etwas in Jahren war. Alle führten Schnappsäcke bei sich, und diese waren dem Anscheine nach gut versorgt, wenigstens mit solchen Sachen, die den Durst reizen und ihn wohl auf zwei Meilen herbeirufen. Sie streckten sich auf die Erde und machten aus dem Rasen ihr Tischtuch, legten Brot darauf, Salz, Messer, Nüsse, Stückchen Käse, Schinkenknochen, an denen sich vielleicht nichts mehr zu essen fand, die aber doch immer noch das Abnagen vertrugen. Zugleich stellten sie ein schwarzes Essen hin, von dem sie sagten, daß es Kaviar hieße, welches aus Fischroggen gemacht wird und den Appetit zum Trinken sehr erweckt; es fehlte ihnen auch nicht an Oliven, die zwar trocken und ohne Zubereitung, aber schmackhaft und gut erhalten waren; was aber bei dieser leichten Mahlzeit am meisten leuchtete, waren sechs Weinschläuche, wovon ein jeder einen aus seinem Schnappsacke hervorlangte; als aber der wackere Ricote, der sich aus einem Morisken in einen Germanier oder Deutschen umgestaltet hatte, den seinigen vorbrachte, so sah man, daß er es in der Größe mit den übrigen fünf aufnehmen könne. Sie fingen hierauf mit dem größten Appetit und sehr gemächlich zu essen an, indem sie jeden Bissen recht genossen, den sie mit der Messerspitze nahmen, und von jeder Speise nur ein weniges kosteten; aber hierauf erhoben alle zugleich schnell ihre Arme und die Schläuche in die Luft, drückten ihre Lippen an die Lippen der Flasche, hefteten die Augen an den Himmel, so daß es schien, als wenn sie sich dort ein genaues Ziel zum Treffen setzten, und in dieser Stellung wackelten sie mit dem Kopfe von der einen zur andern Seite, ein Zeichen, wodurch sie das Vergnügen, welches sie schmeckten, zu verstehen gaben, und so verblieben sie eine geraume Zeit, indem sie in ihre Magen die Eingeweide der Schläuche einzapften. Alles dies sah Sancho mit an und wurde von keinem Umstande gekränkt; sondern um das Sprichwort wahr zu machen, welches er sehr gut kannte, wenn du nach Rom ziehst, tu, wie du von andern siehst, bat er den Ricote um seinen Schlauch und nahm ebenso sein Ziel wie die übrigen und mit nicht geringerem Vergnügen. Viermal erlaubten es die Schläuche, aufgehoben zu werden, aber zum fünften Male war es unmöglich, denn sie waren schon trocken und ausgesogener als ein Strohhalm, wodurch die Fröhlichkeit ziemlich zum Schweigen gebracht wurde, die sie bis dahin gezeigt hatten. Von Zeit zu Zeit faßte einer in seine rechte Hand die des Sancho und sagte: »Spanier und Deutsch, beides gut Kerl«; und Sancho antwortete: »Gut Kerl, oder Teufel mich hol!«, worauf er in ein Gelächter ausbrach, das eine Stunde dauerte, ohne weiter an das zu denken, was ihm als Statthalter begegnet war; denn in der Zeit, in welcher man ißt und trinkt, haben die Sorgen nur wenige Gewalt. Endlich war der Wein zu Ende, und alle fingen nun an zu schlafen, auf dem Tische und ihrem Tischtuche hingestreckt ; nur Ricote und

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