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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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Sancho blieben munter, denn sie hatten mehr gegessen und weniger getrunken, und indem sich Ricote mit Sancho entfernte, setzten sie sich unter einer Buche nieder und ließen die Pilgrime in einem süßen Schlafe begraben, worauf Ricote, ohne in seiner Moriskensprache zu stammeln, in reinem Kastilianischen folgendes sagte:
    »Du weißt, Sancho Pansa, mein lieber Freund und Nachbar, daß, als der Befehl und Bann Seiner Majestät gegen unsere Nation bekanntgemacht wurde, alle in Furcht und Schrecken gerieten; wenigstens war dies mit mir der Fall, und zwar so sehr, daß ich glaubte, noch vor der Zeit, die uns vergönnt war, um uns aus Spanien zu entfernen, würde an mir und meinen Kindern die strenge Bestrafung ausgeübt werden. Ich richtete es hierauf als ein verständiger Mann so ein – denn wenn man in bestimmter Zeit das Haus verlassen muß, in welchem man lebt, so muß man sich nach einem andern umsehen, wo man hineinziehen kann –, ich richtete es also so ein, daß ich allein und ohne meine Familie aus dem Dorfe ging, um einen Ort aufzusuchen, wohin ich sie hernach bequem und ohne jene Übereilung führen könne, mit welcher die übrigen ausziehen mußten; denn ich sah wohl ein und mit mir alle alten Leute bei uns, daß diese Befehle nicht bloße Drohungen waren, wie einige glauben wollten, sondern wirkliche Gesetze, die zu ihrer bestimmten Zeit in Erfüllung gehen würden. Auch wurde ich dadurch gezwungen, dies für Wahrheit zu halten, weil ich die bösen und aberwitzigen Anschläge der Unsrigen kannte, die so beschaffen waren, daß ich es für eine göttliche Eingebung halte, was Ihre Majestät bewog, jenen kühnen Entschluß zu fassen und durchzusetzen; nicht als wären wir alle schuldig gewesen, denn es gibt unter uns einige standhafte und aufrichtige Christen; aber es sind deren so wenige, daß sie sich denen nicht widersetzen konnten, die es nicht sind, und darum war es nicht gut, die Schlange im Busen zu nähren, die Feinde im eignen Hause zu haben. Kurz, wir wurden mit vollem Recht mit der Strafe der Verbannung belegt, wie einige meinen, eine leichte und gelinde Bestrafung, aber für uns die schrecklichste, womit man uns nur züchtigen konnte. Wo wir auch sind, beweinen wir Spanien, denn hier wurden wir geboren, und es ist unser wahres Vaterland; nirgend finden wir die Aufnahme, die unser Unglück fordert; und in der Barbarei wie in allen Teilen von Afrika, wo wir glaubten, aufgenommen, geachtet und geehrt zu werden, dort kränkt man uns und mißhandelt uns am meisten. Wir haben das Gute nicht erkannt, bis wir es verloren haben, und bei den meisten ist das Verlangen, wieder nach Spanien zu gehen, so groß, daß viele, die so wie ich die Sprache in ihrer Gewalt haben, zurückkehren und ihre Weiber und Kinder hülflos verlassen: so groß ist ihre Sehnsucht hierher; und jetzt weiß ich es aus Erfahrung, wie wahr es ist, daß die Liebe zum Vaterlande etwas Süßes sei. Wie gesagt, ich verließ unser Dorf und ging nach Frankreich, und ob sie uns gleich da gut aufnahmen, so wollte ich doch alles sehen. Ich ging nach Italien und kam nach Deutschland, und hier, schien es mir, könne man mit mehr Freiheit leben, denn die Einwohner nehmen es nicht genau; jeder lebt da, wie es ihm gut dünkt, denn an den meisten Orten kann man mit aller Gewissensfreiheit wohnen. Ich kaufte mir ein Haus in einem Flecken bei Augsburg und machte mit diesen Pilgrimen Gesellschaft, deren Gewohnheit es ist, nach Spanien zu kommen und in jedem Jahre die heiligen Örter zu besuchen, die sie für ihr Indien halten und als ihren sichersten Gewinst und ein gewisses Einkommen ansehen. Sie durchstreifen das ganze Land, und es gibt kein Dorf, aus welchem sie nicht gespeist und getränkt kämen, wie man zu sagen pflegt, und wo sie nicht auch wenigstens einen Real an Geld erhielten, und am Ende ihrer Wanderschaft haben sie dann wohl hundert Taler und noch mehr zusammen, die sie in Gold umwechseln und dies entweder in die Höhlung ihrer Stäbe oder unter den Lappen ihrer Kleider verstecken oder es auf eine andere geschickte Weise aus dem Königreiche bringen und so in ihre Heimat zurückkommen, allen Wachen zum Trotz, die an den Pässen und an den Durchgangszöllen alles untersuchen. Meine Absicht, Sancho, ist nun, den Schatz auszugraben, den ich versteckt habe, was ich ohne Gefahr tun kann, da er sich außerhalb des Dorfes befindet, darauf will ich von Valenzia aus an meine Tochter und Frau schreiben oder hinüberreisen, die sich in Algier

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