Donaugrund (German Edition)
Abends, fand Celia. André war wirklich innerhalb von drei Minuten da gewesen, hatte sie aus dem Büro geholt und genug Mut bewiesen, um sämtliche Büroräume abzusuchen, während Celia zitternd hinter ihm hergeschlichen war. Umso dämlicher war sie sich vorgekommen, als André ihr zeigte, dass die nächtliche Aktivität der Kaffeemaschine auf das automatische Reinigungsprogramm zurückzuführen war, das um halb elf startete. Trotzdem war sie erschöpft gewesen und völlig aufgebracht und hatte wie erwartet die ganze Nacht kein Auge zugetan. Umso mehr wunderte sie sich nun über Andrés gut gelaunte Miene.
»Schau mal, was ich gefunden hab!« Das knallorangefarbene HEUREKA -Logo blitzte ihr von dem USB -Stick entgegen, den er in der Hand hielt, der Schlüssel daran schwenkte fröhlich hin und her.
»Das gibt es nicht. Wo war er?«
»Unter deinem Schreibtisch.« André lächelte nachsichtig. »Ich hab mir gedacht, dass das Ding ja nicht einfach verschwinden kann … Deshalb habe ich einfach mal den Boden abgesucht. Et voilà. «
Das konnte doch nicht wahr sein! War es möglich, dass sie den Schlüssel in ihrer Panik gestern wirklich einfach übersehen hatte?
»Dieses Mal war es also kein Angriff auf dich«, schloss André. »Zum Glück.«
Fieberhaft versuchte Celia, sich zu erinnern. Sie hatte doch unter dem Schreibtisch nachgesehen, oder nicht? War sogar darunter herumgekrabbelt? Plötzlich war sie sich nicht mehr sicher. Mit einem verwirrten »Danke« nahm sie den Schlüssel entgegen und verstaute ihn ganz unten im Seitenfach ihrer Tasche.
Sie hatte kaum ihren Computer zum Leben erweckt, als ihr Tischtelefon klingelte. Die Geier. Wollte sich wohl entschuldigen, dass sie gestern nicht erreichbar gewesen war.
»Guten Morgen, Simone!« Mühsam versuchte sie, motiviert und gut gelaunt zu wirken und sich die Strapazen des Vorabends nicht anmerken zu lassen.
»Ich glaube nicht, dass das ein sonderlich guter Morgen ist.« Simone klang, als würde sie ein unartiges Kindergartenkind rügen. Was war denn nun schon wieder los?
»Was gibt’s?«, fragte Celia und klang so entnervt, wie sie sich fühlte. Es war einfach keine Kraft mehr übrig, Fröhlichkeit vorzutäuschen.
» Du hast Wanja gestern spätabends den Auftrag gegeben, das Seitensprung-Portal zu aktivieren, oder?«
»Klar. Leo hat –«
»Sascha tobt«, schnitt Simone ihr das Wort ab. »Und du weißt, das will was heißen. Du hast wohl noch irgendwelche Textstellen geändert, und die passen ihm nicht. Leo hat gesagt, du hättest sie ihm nicht mal mehr gezeigt? Ganz ehrlich, Celia, langsam fehlt selbst mir jegliches Verständnis für –«
»Leo hat doch gesagt, er will sie nicht mehr sehen! Und ich soll zusehen, dass ich die Webseite endlich online bekomme!« Die Verzweiflung brachte Celias Stimme zum Überschlagen. Dass sie Leo die Änderungen sogar noch hatte zeigen wollen, ließ sich bestimmt schnell klarstellen. Dieses Mal traf sie eindeutig keine Schuld.
»Das klang gerade bei Sascha im Büro aber noch ganz anders. Dieses Mal ist es kritisch, Celia«, orakelte Simone. »Leo wird übrigens gleich bei dir aufschlagen. Ich wollte dich nur schon mal vorwarnen.«
Leo stritt alles ab? War das möglich? »Simone, ich muss mit Sascha reden. Bitte!« Sie hörte sich selbst kläglich flehen und fragte sich, was diese Firma noch aus ihr machen würde. Andrés fragenden Blick nahm sie nur am Rande wahr.
»Keine Chance, tut mir leid«, antwortete Simone, ohne jedoch besonders bedauernd zu klingen. »Die Polizei ist gleich wieder da. Und gerade spricht er sowieso mit Wanja, damit der die Seite wieder aus dem Netz nimmt.«
In diesem Moment öffnete sich die Bürotür, und Leo, bebend vor Zorn, erschien im Türrahmen. Wortlos legte Celia auf.
»Bist du eigentlich von allen guten Geistern verlassen?«, donnerte er los. »Wie kommst du dazu, diese Seite online zu stellen, ohne mir die letzten Änderungen zu zeigen?«
»Du hast doch gesagt, du willst sie nicht mehr –«
»Ach, jetzt bin ich schuld? Hast du dir das jetzt in deinem jämmerlichen kleinen Hirn so zurechtgebastelt, oder was?« Mit zwei schnellen Schritten stand er vor ihr und blickte mit hassverzerrten Zügen auf sie herab. »Damit kommst du nicht durch. Das war’s endgültig, Püppchen. Game over. «
Celia wollte sich verteidigen, alles in ihr schrie und wehrte sich gegen diese unfassbare Ungerechtigkeit, aber kein Laut entrang sich ihrer Kehle, alles war nur voller Übelkeit, die ihr die
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