Donaugrund (German Edition)
abfriert.«
»Gibt’s eigentlich schon ein paar neue Erkenntnisse?« Moritz’ Kopf tauchte zwischen den Vordersitzen auf. »Wie ist denn der Stand der Dinge?«
Da Sarah nicht gewillt zu sein schien, ihm zu antworten, sondern stattdessen mit verkniffenem Gesichtsausdruck eine SMS an Herbert tippte, gab Raphael Moritz einen kurzen Einblick.
»Ist das legal?«, fragte Moritz, als Raphael bei Produktpionier und Konsorten angekommen war.
»Grundlegend schon. Es wird korrekt – wenn auch nicht gerade auffällig – darauf hingewiesen, dass sich das Abo nach zwei Wochen gleich um ein ganzes Jahr verlängert, wenn du nicht rechtzeitig kündigst. Trotzdem ist das Ganze natürlich eine ziemliche Verarsche. Neunundneunzig Euro Jahresbeitrag dafür, dass du irgendwelchen Quatsch testen darfst …«
»Und dafür melden sich wirklich Leute an?«, fragte Moritz verständnislos. »Warum?«
»Weil du nicht nur die Produkte zum Testen gratis zugeschickt bekommst, sondern auch für jedes Produkt, das du bewertest, einen ›Pioniertaler‹ erhältst«, erwiderte Raphael halb amüsiert, halb verärgert. »Und zehn ›Pioniertaler‹ wiederum kannst du gegen die ›Prämie des Monats‹ eintauschen. Diesen Monat ist das zum Beispiel eine außergewöhnlich hässliche Sporttasche.« Er schnaubte, als er sich an das in Pink und Lila gestreifte Monstrum in ausgesprochen billiger Optik erinnerte, wie sogar auf dem Foto erkennbar, das vermutlich aus der Verramschung eines völlig zu Recht insolventen Sportartikelherstellers stammte. »Das erfährt man nur leider erst nach der Anmeldung.«
»Mein kleiner Neffe hatte sich mal für so einen idiotischen Online- IQ -Test registriert.« Nun schnaubte Moritz. »Hat nicht lange gedauert, bis meinem Bruder die ersten Mahnungen ins Haus geflattert sind.«
»Genau das ist das Problem«, sagte Raphael, während er den Wagen auf den Firmenparkplatz von HEUREKA lenkte. »Solche Firmen verdienen ihr Geld mit der Naivität und Faulheit von Leuten, die aus lauter Langeweile einfach mal ihre Daten eintragen und die AGB nicht genau lesen. Oder sich mit angeblich tollen Angeboten ködern lassen und es verpennen, rechtzeitig zu kündigen. Grundlegend sind die Leute selbst schuld, schon klar. Und ein paar sind bestimmt auch willens, für den Schrott wirklich zu zahlen. Aber irgendwie regt sich da trotzdem mein Unrechtsbewusstsein.«
»Hast du denn eigentlich dein Produktpionier-Schnupperabo schon wieder gekündigt?«, fragte Sarah mit einem hinterlistigen Grinsen.
Mist, verdammter. Eigentlich hatte Raphael das gestern gleich nach der Anmeldung erledigen wollen, es aber dann – dank Sarahs Gegenwart – schlichtweg vergessen. »Mach ich heute Abend«, antwortete er knapp.
»Man darf gespannt sein.«
* * *
Dieses Mal bat Sascha Hoyer uns nicht in sein Büro. Stattdessen führte er uns direkt in den Besprechungsraum, in dem schon die große Mitarbeiterversammlung am Vortag stattgefunden hatte, händigte uns einen HEUREKA - USB -Stick mit den Fotos der Weihnachtsfeier aus, erklärte uns das hausinterne Telefon, verwies uns für alle weiteren Fragen an die Assistentin der Geschäftsleitung, Simone Geier, mit der Durchwahl elf und überließ uns unserem Schicksal.
»Sag bloß …« Moritz beäugte Raphael, der seinen Laptop aus der Tasche wuchtete, mit unverhohlenem Neid. »Ihr habt im K1 sogar Laptops? Und wir feiern jeden Tag, an dem sich unsere lahmen Kisten nicht endgültig verabschieden, eine Party.«
»Wir auch«, sagte Raphael und schlug entspannt die Beine übereinander. »Der gehört mir.«
»Und die zwei anderen in seiner Wohnung auch«, konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen. »Deshalb kann er einen der Kripo spendieren.«
Moritz’ Augen leuchteten auf. Oh nein, nicht noch einer von der Sorte. Reichte schon Raphael, der sich bis zum Erbrechen über die – zugegebenermaßen wirklich traurige – EDV -Ausstattung der Kripo aufregte, wenn gerade nichts Wichtigeres anlag. Aber heute lag Wichtigeres an, wenn ich nicht irrte.
»Welche –?«, setzte Moritz an, doch ich schnitt ihm das Wort ab.
»Ich würde vorschlagen, du, Moritz, knallst dich gleich vor dieses von dir so angehimmelte Wunderwerk der Technik und schaust dir die Fotos von der Weihnachtsfeier an. Vielleicht fällt dir ja irgendwas auf. Und wir zwei«, wandte ich mich an Raphael und griff nach dem Telefonhörer, »zitieren diese Frau Geier zu uns und bringen in Erfahrung, wer hier wie und warum mit Wahlner zu tun hatte.
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