Donaugrund (German Edition)
Klaro?« Schon wählte ich die Elf.
»Okay, Boss«, antworteten Raphael und Moritz unisono.
Ja, so ließ es sich aushalten.
Keine Minute später betrat Simone Geier den Raum. Sofort erkannte ich sie als die Mausbraune mit der dicken Brille wieder, die auf der Mitarbeiterversammlung neben dem Model gesessen war und so schockiert reagiert hatte. Kein Wunder, als Assistentin der Geschäftsleitung hatte sie bestimmt viel mit Jan Wahlner zu tun gehabt.
Zaghaft schloss sie die Tür hinter sich, was in seltsamem Kontrast zu ihrer großen, nicht gerade schmalen Statur stand. Leider war auch der beige Hosenanzug für ihren Körperbau nicht gerade vorteilhaft. Sie blieb neben der Tür stehen, sagte leise Hallo und sah uns fragend aus bebrillten Augen an.
»Bitte«, sagte Raphael und deutete auffordernd auf den Platz am Besprechungstisch uns gegenüber.
Zögerlich nahm sie Platz und blickte auf die aneinandergetackerten Blätter in ihren Händen.
»Ist das die Mitarbeiterliste?«, fragte Raphael.
Simone Geier sah auf und nickte, bevor sie sie Raphael lächelnd reichte. »Entschuldigen Sie bitte«, sagte sie mit erstaunlich fester Stimme. »Wir sind hier alle ein bisschen durcheinander, seit wir wissen, dass Jan tot ist.«
»Das kann ich mir vorstellen«, erwiderte Raphael und blickte nun seinerseits auf die Liste. »Frau Geier, wir würden von Ihnen gerne wissen, welche Mitarbeiter in welchen Bereichen mit Herrn Wahlner zu tun hatten. Können wir die Liste miteinander durchgehen?«
Sie nickte bereitwillig.
»Aber am besten«, Raphael beugte sich interessiert nach vorn, »fangen wir direkt mit Ihnen an. Was machen Sie hier genau?«
»Ich bin Assistentin der Geschäftsleitung«, sagte sie und strich sich über das kurze Haar. »Also quasi die rechte Hand von Sascha und Jan. Ich gebe Anordnungen weiter, kümmere mich um Präsentationen, Termine, Geschäftsreisen und bin eigentlich die Schnittstelle zwischen sämtlichen Abteilungen. Und eigene Projekte habe ich auch zu betreuen, zum Beispiel, wenn neue Angebote am Markt eingeführt werden.« Unverhohlener Stolz klang aus ihrer Stimme.
»Klingt umfangreich«, kommentierte ich.
Sie lachte auf, was ihr nicht gerade attraktives Gesicht mit der gebogenen Nase und den flächigen Wangen gleich um ein Vielfaches hübscher machte. »Ja, über mangelnde Arbeit kann ich nicht klagen. Aber solange es Spaß macht …«
»Und das tut es?«, fragte ich beim Gedanken an die von Moritz heraufbeschworene gedrückte Atmosphäre in der Firma.
»Ja, doch, sehr sogar. Wir sind ja ein junges Team.« Sie hob die Schultern, so als würde das als Erklärung ausreichen. »Wir kommen alle gut miteinander aus, und bei verschiedenen Firmenevents feiern wir auch mal zusammen. Das Klima ist also ziemlich gut hier, da kann man nicht meckern. Flache Hierarchien und eine familiäre Atmosphäre werden bei HEUREKA großgeschrieben.«
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Moritz skeptisch über den Rand des Laptop-Monitors blickte, sich aber eines Kommentars enthielt.
»Firmenevents wie die Weihnachtsfeier zum Beispiel?«
Sie nickte mit angemessener Betroffenheit. »Aber nicht nur … Wir gehen auch ab und an mit der ganzen Firma zum Bowling, und im Sommer organisieren wir jedes Jahr ein Grillfest im Innenhof.«
»Wie war denn Ihr Verhältnis zu Herrn Wahlner?«, fragte Raphael. »War er ein guter Chef?«
»Na ja«, antwortete Simone Geier zögerlich. »Er war schon okay … Ich persönlich arbeite lieber mit Sascha, wenn ich ehrlich bin. Jan war ab und an etwas cholerisch, vor allem, wenn es Gegenstimmen zu seinen Plänen gab. Aber im Großen und Ganzen war er schon okay.«
»Gegenstimmen?«
»Ja … Die gibt es ja immer wieder mal, wenn Entscheidungen zu treffen sind. Er und Sascha waren sich nicht immer ganz einig, wie es mit der Firma weitergehen soll. Und auch was Zeitpläne anging, hatte Jan manchmal Vorstellungen, die kaum durchführbar waren.« Sie lächelte wieder. »Am besten sollte jeder Neubeschluss schon gestern in die Tat umgesetzt sein. Aber so was kennen Sie ja sicher, da sind wir wohl nicht die Einzigen.«
Ich verschwieg, dass die Mühlen im deutschen Beamtentum leider eher langsam mahlten und wir meist mit dem genau gegensätzlichen Problem zu kämpfen hatten. Stattdessen nickte ich verständnisvoll.
»Aber abgesehen davon«, fuhr Simone Geier fort, »war er ein guter Chef. Und letzten Endes hat er HEUREKA zum Erfolg geführt – Sascha ist zwar der Ideenlieferant, aber um alles
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