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Donaugrund (German Edition)

Donaugrund (German Edition)

Titel: Donaugrund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Silberhorn
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Leben hier aufzugeben?«
    »Um ehrlich zu sein: Ich will es mir gar nicht erst vorstellen«, gab ich zu. »Aber ich will mich auch nicht irgendwann dafür verfluchen, diese Wahnsinnschance nicht ergriffen zu haben. Verstehst du?«
    »Natürlich verstehe ich«, antwortete Hannes. »Bis wann musst du dich entschieden haben?«
    »Eher früher als später, denke ich. Aus unerfindlichen Gründen bin ich wahrscheinlich nicht die Einzige, die für diesen Job in Frage kommt.«
    »Trotzdem«, antwortete Hannes, und allein seine ruhige Stimme legte sich wie Balsam auf meine angegriffenen Nerven. »Lass dir noch ein paar Tage Zeit. Sortier deine Gedanken ein bisschen, und ich überlege auch, ob es nicht doch eine Lösung gibt, okay? Und du siehst zu, dass der schöne Raphael entweder bis Sonntagabend Bescheid weiß oder aber zu Hause bleibt, damit wir das im ›Palletti‹ zusammen mit Linda und Nicole in Ruhe besprechen können.«
    Selten hatte ich mich so auf einen – hoffentlich erhellenden – Abend im Kreis meiner drei besten Freunde gefreut. Etwas gefasster legte ich schließlich auf. Vielleicht kam Hannes – oder mir – ja tatsächlich noch die Erleuchtung. Oder das LKA entschied sich anders, weil ich so unverschämt lange zögerte. Und ich könnte dann scheinheilig so tun, als hätte es dieses Jobangebot einfach nie gegeben.
    Die Türklingel läutete, als ich noch unter der Dusche stand und gedanklich eine Pro-und-Contra-Liste anfertigte. Leider gab es auf der Pro-München-Seite bislang nur einen einzigen Punkt: interessanter Job. Nach angestrengtem Nachdenken erweiterte ich schließlich um einen zweiten Punkt: nur eineinhalb Stunden Autofahrt nach Hause. Seufzend stellte ich das Wasser ab, griff nach dem Badetuch und wickelte mich ein. Zu gern hätte ich mir noch eine Viertelstunde lang das heiße Wasser auf den schmerzenden Nacken prasseln lassen.
    Was meinen Sie, soll ich Raphael vielleicht doch mal einen Schlüssel zu meiner Wohnung geben? Um in Zukunft in solchen Fällen unter der Dusche bleiben zu können und ihn – den Tonfall Celia Kleingrüns imitierend – mit einem gurrenden »Hier hab ich mich versteckt, Darling!« zu animieren, mir unter dem heißen Wasser Gesellschaft zu leisten?
    Ja, Sie haben recht, jetzt reicht’s langsam. Es wird Zeit, dass ich meine Hormone wieder unter Kontrolle bekomme. Außerdem: Wie würde es wohl wirken, wenn ich ihm jetzt schon meinen Schlüssel in die Hand drücke? Ziemlich verzweifelt, so viel ist sicher. Als hätte ich es unglaublich eilig, weil das lautstarke Ticken meiner biologischen Uhr meine Ohren schon an die Grenzen eines Lärmtraumas treibt. Nein, besser nicht.
    Mit nackten Füßen tapste ich auf den Flur, drückte den Türöffner und zog die Wohnungstür auf.
    Freudestrahlend kam er kurz darauf die Treppe heraufgespurtet, mit zwei Pizzakartons in der einen und einer Flasche Weißwein in der anderen Hand, und ich schmolz dahin.
    Mal ganz ehrlich: Dieser Mann ist unglaublich. Ich kann einfach nicht nach München gehen. Nie und nimmer.
    »Na, immerhin hast du geduscht«, sagte er grinsend, »wenn du deine Mailbox schon ignorierst.«
    »Mailbox?« Mist, mein Handy hatte ich in den letzten eineinhalb Stunden tatsächlich völlig vergessen.
    »Ja. Du hörst mich darauf verzweifelt schluchzen, weil du anscheinend Dauertelefonate geführt hast und dein dir ergebener Pizzalieferant somit nicht in Erfahrung bringen konnte, welche Pizza er heute Abend servieren darf.«
    »Oh, sorry. Und für welche Pizza hast du dich jetzt entschieden?«
    »Spinat«, erwiderte er und schob sich an mir vorbei in den Wohnungsflur.
    Nein, lieber Gott, alles, bloß das nicht … Dabei habe ich erst vor Kurzem erwähnt, dass ich mir die kindheitstypische Abneigung gegen Spinat in meiner jugendlichen Art bis heute bewahrt habe!
    Aber so ist es doch immer, das kennen Sie bestimmt auch: Kaum ist man ein paar Wochen zusammen, schon lässt die Aufmerksamkeit drastisch nach. Es hat wohl keinen Sinn, sich darüber aufzuregen. Aber wenigstens macht mir das die Entscheidung leichter: Selbstverständlich gehe ich nach München, mein Entschluss ist soeben gefallen.
    Wo bitte ist der Vertrag?
    »War ein Witz«, sagte Raphael. »Meeresfrüchte. Besser?«
    Na gut, vielleicht bleib ich doch hier.
    Er beugte sich über die Kartons hinweg zu mir herunter und küsste mich zärtlich. Nein, ich würde diesen Mann nicht wegen eines Jobs verlassen. Das brachte ich einfach nicht übers Herz.
    Und wenn er dich

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