Donaugrund (German Edition)
schon im Bilde, André. Tja, die Wahrheit hört halt niemand gerne, richtig?« Mit einem überlegenen Grinsen, für das Celia ihn am liebsten getötet hätte, wandte er sich mit ausgestreckter Hand an sie. »Die Texte.«
Celia reichte ihm die Blätter mit mühsamer Beherrschung, während sie den sengenden Hass zu ersticken versuchte, der in ihr hochkroch. Nicht aufregen. Nicht … hassen. Damit käme sie nicht weiter. Sie musste cool bleiben, durfte sich nicht von Leo einschüchtern lassen …
»Schrott«, brüllte Leo und warf die Zettel zurück auf Celias Schreibtisch.
»Aber«, setzte Celia mit zittriger Stimme an, »du hast doch noch gar nicht –«
»Was hab ich nicht?«, fiel Leo ihr ins Wort. »Noch mal. Aber jetzt brauchbar.«
Celia konnte nichts mehr sagen, ihre Kehle fühlte sich an wie ausgedörrt.
»Glotz nicht so«, sagte Leo mit einer Kälte in der Stimme, die Celia in alle Knochen fuhr. »Mach dich an die Arbeit. Wird’s bald?«
André, der immer noch wie festgewachsen vor Leo stand, brachte kaum mehr als ein Zischen zustande. »Lass sie verdammt noch mal endlich in Ruhe, Leo.«
Leo drehte sich ungerührt um und winkte ihr mit einem bösartigen Grinsen zu, als er die Tür öffnete und verschwand.
»Oh Gott …« Kaum fiel die Anspannung von Celia ab, bahnte sich das verkrampfte Schluchzen in ihrer Kehle ganz von selbst seinen Weg ins Freie. Sie ließ ihren Kopf auf den Schreibtisch sinken und versuchte, Luft in ihre Lunge zu bekommen und das Schluchzen zu ersticken. Vergeblich. Erst als sie Andrés Hand auf ihrer Schulter fühlte, sah sie auf.
»Du musst etwas unternehmen, Celi«, sagte er eindringlich. »Du musst endlich mit Sascha reden. Das kannst du dir nicht gefallen lassen.«
Sie klammerte sich an ihm fest, und ohne Zögern beugte er sich zu ihr herab und nahm sie in die Arme, wiegte sie sanft hin und her, bis der Weinkrampf endlich nachließ. Verlegen wischte sie an den Make-up-Flecken herum, die sie auf Andrés weißem Pulli hinterlassen hatte, doch er griff nach ihrer Hand und sah sie nachdenklich an.
»Es stimmt, oder?«
»Was meinst du?«, fragte sie – obwohl sie das ganz genau wusste.
»Mit dir … und Jan?«
Celia senkte die Augen, aber sie schaffte es nicht, André anzulügen. Mühsam nickte sie. »Woher weißt du es?«
»Von Jessica.«
Natürlich. Von wem auch sonst? Wieder spürte Celia den Hass in sich. Und ihre verzweifelte Machtlosigkeit. Ja, die vor allem. »Wann hat sie das erzählt?«
»Schon vor ein paar Wochen.«
Celia schluckte. Mit einem Mal stieg ein ungeahntes Gefühl der Zärtlichkeit für André in ihr auf. Er hatte es gewusst. Und war trotzdem noch so nett zu ihr. Und liebte sie immer noch, das verriet sein Blick nur zu deutlich. Sanft streichelte sie über seine Wange.
»Schon gut, Celi.« Er ließ sie los. »Und jetzt ruf Simone an und lass dir einen Termin bei Sascha geben. Sonst erledige ich das für dich.«
* * *
»Wirst schon sehen«, sagte Raphael halb amüsiert, halb verächtlich. »Das ist die Erste und Einzige hier, die wirklich darauf brennt, alle schmutzigen Details loszuwerden.« Er verstummte gerade noch rechtzeitig, als sich die Tür öffnete und Jessica Egerjahns feuerroter Bob hereinwehte.
»Also, wie kann ich Ihnen helfen?«, fragte sie atemlos, noch bevor sie Platz genommen hatte. Kaum saß sie, trommelte sie mit ihren mittellangen künstlichen Fingernägeln auf ihren Oberschenkeln herum.
So sensationsgeil konnte doch kein Mensch sein! Ich kam nicht umhin, sie zumindest irritiert zu mustern. Raphael hatte wohl wirklich recht gehabt – was man ihr erzählte, würde im Laufe des Tages in der ganzen Firma die Runde machen.
Auch Raphael musterte sie abschätzend. »Indem Sie uns zunächst schildern, wie Ihr Verhältnis zu Jan Wahlner war.«
»Wieso?«, platzte sie heraus. »War es etwa doch kein Unfall?«
Meine Güte, die ging mir ja nach dreißig Sekunden schon auf die Nerven. »Wären Sie so freundlich, einfach die Frage meines Kollegen zu beantworten?«
»Ja, natürlich. Also, wir kamen ganz gut klar. So gut, wie man halt mit seinem Chef klarkommen kann. Natürlich, manchmal hat er genervt, und seine Ermahnungen, ›Jessica, hör auf zu ratschen und arbeite lieber was‹, die hätte er sich sparen können – ich hab genug Arbeit da vorn, das können Sie mir glauben. Ständig bimmelt das Telefon, ständig will irgendwer was, dazu Jan und Sascha, die einen auch permanent durch die Gegend hetzen, außerdem bin ich so
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