Donaugrund (German Edition)
abnehmen, wo es nur geht – aber ran lässt sie ihn natürlich trotzdem nicht … Er ist aus allen Wolken gefallen, als er erfahren hat, dass seine heiß geliebte Celia tatsächlich mit dem Geschäftsführer ins Bett steigt.«
»Haben Sie ihm das etwa mitgeteilt?«, fragte ich und war selbst erstaunt angesichts der Kälte in meiner Stimme.
»Natürlich. Man kann doch den armen Kerl nicht einfach so ins Unglück laufen lassen. Allerdings hat er wie üblich reagiert – keine Wut oder so, dazu ist André wahrscheinlich nicht imstande. Er war einfach völlig geknickt und hat halb geheult.«
»Nun gut«, sagte ich und hielt diese Information in meinem Notizbuch fest – auch wenn die Schilderung von André König nicht so klang, als hätte man es mit einem Gewalttäter zu tun. »Eine letzte Frage, Frau Egerjahn: Halten Sie es für möglich, dass Jan Wahlners Frau von seiner Affäre wusste?«
»Bea?«, fragte sie und sah enttäuscht aus. Wahrscheinlich war sie noch nicht einmal die Hälfte der Informationen losgeworden, die sie loszuwerden trachtete. »Sicher. Sie hat zu ein paar Leuten in der Firma regen Kontakt – zu Carola Bloch zum Beispiel. Und zu Sascha natürlich.«
»Gut, vielen Dank für diese Informationen, Frau Egerjahn.« Man musste Raphael schon sehr gut kennen, um das äußerst verhaltene Schmunzeln auf seinem Gesicht zu bemerken. »Und behalten Sie die Details zu Herrn Wahlners Tod bitte noch für sich.«
»Und jetzt?«, fragte ich, als Jessica Egerjahn die Tür hinter sich geschlossen hatte. Mein Notizbuch lag vor mir und blinzelte mich vorwurfsvoll an, aber ich war nach diesem Redeschwall zu erschöpft, um noch weitere Einträge zu machen.
Nachdenklich legte Raphael die Stirn in Falten und strich sich durch die Haare. »Jetzt bringen wir unseren HEUREKA -Tag zu Ende und knöpfen uns vor allem Sascha Hoyer nochmals ordentlich vor. Morgen sprechen wir mit Beate Wahlner – außer ihren schlafenden Kindern hat sie kein Alibi, und so eine Zweitfrau wie Celia Kleingrün ist ja durchaus ein Motiv. Dann behalten wir diesen Wollenschläger im Auge, schnappen uns bei Gelegenheit auch André König, und während all dessen beten wir, dass sich irgendwer auf den Zeugenaufruf morgen meldet. Vielleicht finden in der Zwischenzeit ja auch Herbert oder Moritz was Interessantes … Na?«
»Uns wird wohl nicht so schnell langweilig werden«, stellte ich fest.
»Und den HEUREKA -Mitarbeitern auch nicht«, erwiderte Raphael grinsend. »Das geht jetzt bestimmt wie ein Lauffeuer um.«
»Und wenn sie tatsächlich dichthält, weil du sie darum gebeten hast?«
»Vergiss es. Das war doch erst der richtige Anreiz zum Weitertratschen.«
* * *
Raphael fand Moritz mit in sämtliche Richtungen abstehenden Locken und gefurchter Stirn an Wahlners Schreibtisch, wo er über Ordner Nummer 175 b brütete. »Komm schon«, sagte Raphael, als Moritz aufschreckte. »Lass die Ordner mal für ein paar Minuten Ordner sein und hol dir einen Kaffee. Bevor du hier noch frühzeitig ergraust. Oder dir alle Haare ausreißt.«
»Gute Idee.« Moritz erhob sich seufzend. »Die letzte Nacht war eindeutig zu lang. Und zu anstrengend«, fügte er mit einem anzüglichen Grinsen hinzu.
»Was Ernsthaftes?« Nicht dass es Raphael im Augenblick wirklich interessierte – dafür war er noch zu beschäftigt damit, die zahlreichen Fehden unter den HEUREKA -Mitarbeitern gedanklich zu sortieren. Aber als Ausgleich zu Sarahs ruppiger Ansage von vorhin konnte ein wenig Privatgeplänkel sicher nicht schaden.
Moritz winkte ab. »Eher nicht. Aber heiß war sie trotzdem.«
»Manchmal reicht das ja auch.« Raphael grinste, weil er vor seinem inneren Auge Sarah sah, die angesichts solcher Sprüche mit Begeisterung den Gang von John Wayne imitierte und sich mit übertrieben lässiger Geste die nicht vorhandenen Eier kratzte. Dabei waren sie und ihre Mädels keinen Tick besser.
»Eben, besser als nix. Kann ja nicht jeder so ein Riesenglück haben wie du«, fuhr Moritz zu Raphaels Erstaunen fort. Ein Kompliment an Sarahs Adresse, nachdem sie ihn erst heute Morgen, wenn auch zu Recht, wie einen Schwererziehbaren behandelt hatte – das zeugte doch wirklich von Größe.
Moritz machte ein paar zappelige Verrenkungen – wohl zur Dehnung verspannter Nacken- und sonstiger Muskeln – und trabte schließlich neben Raphael in die menschenleere Küche.
Wieder wunderte sich Raphael. Ein solcher Raum würde in der Dienststelle sicher weitaus mehr genutzt. Wenn sich
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