Donaugrund (German Edition)
würde ihn bestärken und Jan umstimmen, Leo darüber informiert. Tatsächlich hatte aber Leo natürlich nur seinen Job im Kopf, das Wohl der Firma ist ihm nämlich ziemlich egal. Er verdient hier ein Schweinegeld und hat nicht gerade viel Arbeit – kein Vergleich zu mir –, also wäre es für ihn natürlich so ziemlich das Schlimmste, wenn er an die Luft gesetzt würde. Er hat auch sein Studium nicht abgeschlossen, also wär’s das wohl mit der dicken Karre und dem vielen Geld gewesen, wenn Jan ihm wirklich gekündigt hätte. Tja …«
So nervös mich Jessica Egerjahns hektische Art und offensichtliche Panik, nicht wirklich alle verfügbaren Informationen loszuwerden, auch machten – dieser Hinweis warf tatsächlich ein anderes Licht auf die ganze Angelegenheit. »Und Sie glauben, darüber hätte es durchaus zum handfesten Streit kommen können?«, beeilte ich mich zu fragen.
»Oh ja, natürlich«, antwortete sie atemlos. »Leo hat zwar versucht, sich unter Kontrolle zu halten, aber eigentlich war er deswegen der personifizierte Hass, wenn Sie mich fragen. Sein Geläster kannte jedenfalls keine Grenzen, und er hat oft genug zu mir gesagt, er wird schon Mittel und Wege finden, damit er nicht entlassen wird.«
»Welche Mittel, das hat er aber nicht gesagt?«, fragte Raphael.
»Nein, dazu hat er sich natürlich nicht geäußert«, antwortete sie bedauernd. »Auch anderen gegenüber nicht. Wissen Sie, das hätte ich mitbekommen – ich bin so etwas wie das Auge und Ohr dieser Firma.«
»Das bezweifle ich nicht«, konnte ich mir nicht verkneifen zu sagen. Dass sie auch der Mund war, behielt ich für mich.
»Wobei Leo vermutet hat, dass Celia hinter dieser ganzen Sache steckt – Celia Kleingrün, unser Prinzesschen vom Dienst.«
Als Raphael und ich bestätigend nickten, fuhr sie fort: »Leo konnte Celia noch nie ausstehen, deshalb glaubt er, dass sie Jan gegen ihn aufgestachelt hat. Und tatsächlich hatte Jan ihn ja ganz gut in der Hand: Solange Leo freundlich zu Celia war, hat er seinen Job behalten.« Zufrieden nickte sie, als wäre ihr das jetzt selbst erst aufgefallen. »Hat Leo natürlich keinen Spaß gemacht, diesem Luder hinterherzuschleimen, das können Sie sich ja vorstellen. Aber da fällt mir ein –« Tatsächlich verstummte sie für einen Augenblick und legte nachdenklich die Stirn in Falten. Die Ruhe hielt aber nicht lange.
»Eventuell gab es ja auch Zoff zwischen Jan und Celia? Wissen Sie, die beiden hatten ein Verhältnis. Vielleicht gab es ja Streit, vielleicht wollte Celia, dass er seine Frau verlässt? Kann ja sein, ich hätte jedenfalls keine Lust, nur die geheime Affäre zu sein. Wobei, ich weiß nicht … Celia wollte sich wahrscheinlich nur hochschlafen, die ist ja durchaus ein bisschen berechnend, wenn Sie mich fragen. Na, hat ja auch geklappt. Und Jan sah ja jetzt auch nicht schlecht aus, ich könnte mir also schon vorstellen, dass die den flachgelegt hat, um hier beruflich weiterzukommen. Und falls –«
»Stopp«, sagte Raphael mit Autorität in der Stimme – und tatsächlich schaffte er es, Jessica Egerjahn auszubremsen.
»Das klingt jetzt ein bisschen sehr nach Spekulation, Frau Egerjahn«, kam ich ihm zu Hilfe.
»Ja«, sagte sie kleinlaut und zuckte die Achseln, »war’s auch.«
»Wer – außer Ihnen – wusste denn vom Verhältnis der beiden?«, fragte ich.
»Ach«, sie grinste gehässig, »Vermutungen und Spekulationen gab es da schon lange. Aber ziemlich sicher ist es erst seit der letzten Geschäftsreise – da kam nämlich eine verräterische Hotelrechnung ins Haus geflattert. Über ein Doppelzimmer – statt der zwei gebuchten Einzelzimmer. So blöd muss man erst mal sein.«
»Wann war das?«, fragte Raphael.
»Kurz vor der Weihnachtsfeier, glaube ich. Die Geschäftsreise war Anfang Dezember. Da fällt mir ein …« Zögerlich rieb sie sich die Nasenspitze.
»Ja?«
»Es gibt noch jemanden«, antwortete sie und neigte abwägend den Kopf zur Seite, »der ein Interesse an Jans Tod gehabt haben könnte.« Sie nickte wie zur Bestätigung. Mit Beschuldigungen war sie wirklich nicht gerade zimperlich. »André König. Das ist der, mit dem Celia im Büro sitzt. Und der seit Jahren unglücklich in sie verliebt ist. Ein netter Typ eigentlich, aber für Celia eindeutig zu zurückhaltend und schüchtern. Trotzdem ist er ihr völlig verfallen – das grenzt schon fast an Obsession. Und sie nutzt ihn schon seit Ewigkeiten aus, lässt sich von ihm helfen und Arbeit
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