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Donaugrund (German Edition)

Donaugrund (German Edition)

Titel: Donaugrund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Silberhorn
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was wie der Seelsorger für alle Mitarbeiter, ich bin also gut mit Arbeit eingedeckt«, sprudelte sie ohne nennenswerte Atempause heraus.
    »Aber im Großen und Ganzen hat das schon gepasst mit Jan. Er war manchmal ein bisschen cholerisch, aber auch schnell wieder versöhnt. Das genaue Gegenteil von Sascha also, der ist ja eher ruhig, aber wenn man mal Mist baut, dann nimmt einem Sascha das echt lange übel. Ein Gedächtnis wie ein Elefant, da war Jan ganz anders. Na ja, das ist ja jetzt vorbei. Ziemlich tragisch, die ganze Sache, finde ich. Er war ja nun wirklich noch nicht so alt. Und dann ertrinken, im eiskalten Wasser, das stell ich mir echt schlimm vor. So was wünscht man doch keinem, oder? Also, ich hätte Jan das noch nicht mal dann gewünscht, wenn wir nicht gut miteinander ausgekommen wären. Schon krass, wenn man sich das mal überlegt.« Sie schnappte nach Luft, und Raphael nutzte die kurze Pause, um den Redeschwall zu unterbrechen.
    »Fertig, Frau Egerjahn?«, fragte er freundlich.
    Sie nickte. Zum Glück – mir bimmelten nämlich schon die Ohren. Ich hoffte, dass ihr meine nächste Frage wenigstens für einen Augenblick die Sprache verschlüge. »Unsere bisherigen Ermittlungen haben ergeben, dass Herr Wahlner kurz vor seinem Tod in ein Handgemenge verwickelt war. Und somit besteht natürlich die Möglichkeit, dass er durch fremdes Zutun in die Donau gestürzt ist.«
    »Ha! Also doch!« Sie riss die Augen auf und beugte sich weiter vor – als wäre sie sich nicht sicher, richtig gehört zu haben. Dann schlug sie sich mit Genugtuung auf die Schenkel. Wahrscheinlich freute sie sich, mit dieser Neuigkeit das große Los im Katastrophen-Lotto gezogen zu haben.
    »Mit wem hätte er Ihrer Meinung nach auf der Weihnachtsfeier Streit haben können, Frau Egerjahn? Oder haben Sie vielleicht sogar eine Auseinandersetzung beobachtet?«
    »Sie glauben also, das war wirklich geplant? Ein richtiger Mord?« Sie bemühte sich, ihrem Gesicht einen erschrockenen Ausdruck zu verleihen, aber ihre Augen bettelten darum, dass ich diese Ungeheuerlichkeit bestätigte.
    »Das wird sich zeigen«, antwortete ich kryptisch. »Also?«
    »Und einer der Kollegen ist der Mörder?«, fragte sie – wenn auch rein rhetorisch, denn für eine Antwort blieb keine Zeit. »Puh, also beobachtet habe ich nichts, aber ich habe auch nicht besonders darauf geachtet. Ich meine, in dem großen Saal, in dem wir uns aufgehalten haben, hat er mit niemandem gestritten, wenigstens nicht so, dass man es bemerkt hätte, verstehen Sie? Aber es kann natürlich auch draußen gewesen sein oder im Vorraum oder auf der Toilette – ich habe Jan natürlich nicht den ganzen Abend beobachtet, da hätte mir also durchaus was entgehen können. Aber«, sie tippte hektisch mit ihrem Finger auf die Tischplatte, bevor sie die Stimme verschwörerisch senkte, »es gibt einige Leute hier, die Grund für einen Streit mit Jan gehabt hätten. Sascha zum Beispiel, die beiden sind sich ja schon lang nicht mehr ganz einig. Jan wollte immer mehr miese Produkte auf den Markt schießen, teilweise sehr unausgegoren, aber er war sich sicher, dass es genug Idioten gibt, die sich trotzdem anmelden – schnelles Geld halt, wissen Sie? Sascha hingegen wollte in eine andere Richtung gehen, qualitativ hochwertigere Sachen machen, auch wenn dadurch nicht mehr ganz so viel Geld reinkommt. Na ja«, sagte sie und gluckste, »dem Ruf der Firma würde das auf jeden Fall ganz guttun. Aber Jan meinte, das Online-Geschäft lohnt sich nur, wenn man schnell auf dem Markt ist und zur Not halt auch schnell wieder verschwindet. Darüber gab’s natürlich viele Diskussionen, und meistens hat Sascha den Kürzeren gezogen – er konnte sich einfach nicht so durchsetzen.« Endlich musste sie wieder Luft holen.
    »Okay, Herr Hoyer also«, fuhr Raphael in Rekordgeschwindigkeit dazwischen. »Wer noch?«
    »Leo«, antwortete sie. »Leo Wollenschläger, mit dem haben Sie ja auch schon gesprochen. Jan wollte ja nach Amerika expandieren, ich weiß nicht, ob Sie das schon mitbekommen haben. Und natürlich braucht’s in diesem Fall auch eine gut – und international – aufgestellte Marketingabteilung. Ein Abteilungsleiter, der kaum Englisch spricht und zudem auch nicht gerade über die freundliche und verbindliche Art verfügt, die Amerikaner meistens so an den Tag legen, ist da natürlich keine gute Wahl – das fand wenigstens Jan. Also hat Sascha, der gegen diese Expansionspläne war und gehofft hat, Leo

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