Donaugrund (German Edition)
du hier angekommen bist. Trotzdem bohrte sich die Eifersucht wie ein giftiger Stachel in sein Herz. Oder der Neid. Vielleicht auch nur ein paar böse Macho-Allüren, das wusste er selbst nicht so genau.
»Alles klar?« Moritz musterte ihn besorgt.
»Ja, passt schon.« Seufzend griff Raphael nach seinem Kaffee, stellte Sarahs Tasse mit den vier Süßstofftabletten unter die Düsen und drückte ein zweites Mal den Milchkaffee-Knopf. Wann hätte sie es ihm sagen wollen? War das ihre verquere Vorstellung von einer Beziehung? Dass Moritz Bescheid wusste, und vermutlich auch alle anderen, ihr trotteliger Freund aber als Letzter davon erfuhr? Vielleicht erst dann, wenn sie Helfer für den Umzug brauchte? Hatte sie ihn bis dahin einfach mit ein paar tiefen Blicken aus ihren schönen hellbraunen Augen mund- und gehirntot machen wollen? Vielen Dank auch. Das waren ja tolle Voraussetzungen für eine gemeinsame Zukunft. Wenn Sarah überhaupt so weit plante.
»Erna hat es mir erzählt«, sagte Moritz noch und nestelte an seiner Jeans. »Die wusste es aber direkt vom Chef.«
Immerhin, wenigstens hatte Sarah nicht selbst alle informiert außer dem liebeskranken Vollpfosten, in den er sich in den letzten Monaten verwandelt hatte.
* * *
»Okay, danke dir! Servus!«
Raphael kam zurück in den Besprechungsraum, just als ich das Telefonat mit Herbert beendet hatte und auflegte. »Der Hansen kann’s nicht gewesen sein«, gab ich die soeben erhaltenen Informationen weiter. »Nach dem Tod seiner Tochter letzten Oktober ist er Anfang Dezember mit seiner Frau zurück nach Hamburg gegangen. Dort fährt er jetzt Taxi, so auch am Abend von Wahlners Tod. Arme Sau. Und was Wahlners Unterlagen und seinen Laptop angeht: Bis jetzt hat Herbert nichts Spannendes gefunden, aber er meldet sich natürlich sofort, falls sich das ändert.« Erst jetzt fiel mir Raphaels ungewöhnliche Blässe auf. »Hey, alles okay mit dir? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen!«
Raphael sah mich irritiert an, dann stellte er eine Kaffeetasse auf dem Tisch ab. »Alles okay«, antwortete er knapp. Als er meinen erstaunten Blick bemerkte, fügte er noch mit Nachdruck hinzu: »Wirklich.«
»Na dann … Hast du mir gar keinen Kaffee mitgebracht?«
Er schüttelte verwirrt den Kopf. »Doch«, sagte er und wies mit einer schnellen Kopfbewegung auf die Tasse. »Das ist deiner. Meinen hab ich anscheinend in der Küche stehen lassen.«
Verwundert sah ich ihm nach, als sich seine hochgewachsene Gestalt – gar nicht so schwungvoll wie sonst – wieder auf den Weg machte.
Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass nicht alles okay war, aber es blieb keine Zeit, nachzuhaken. Zeitgleich mit Raphael, diesmal inklusive Kaffee, betrat auch unser nächster Gesprächspartner Michael Gerlach den Besprechungsraum.
So spröde, wie ich einen Abteilungsleiter im Finanzwesen einschätzte, gestaltete sich das ganze Gespräch: Er war zufriedenstellend, wenn auch nicht hervorragend mit Jan Wahlner ausgekommen, benannte Leo Wollenschläger spontan als denjenigen, mit dem Wahlner die größten Probleme gehabt hatte, wusste, Jessica Egerjahn sei Dank, schon längst von der Affäre zwischen Celia Kleingrün und Jan Wahlner und war natürlich zwischenzeitlich auch im Bilde darüber, dass Jan Wahlner vermutlich nicht ganz ohne fremdes Zutun gestorben war – was er mit angemessener Bestürzung kommentierte.
Respekt. Auf Jessica Egerjahn war wirklich Verlass.
Nur bei der Suche nach dem Mörder half uns dieses Wissen nicht weiter.
* * *
Nicht zum ersten Mal in dieser Woche öffnete Celia die oberste Schublade ihres Schreibtischs und quetschte mit fahrigen Händen eine Tablette aus dem Blister. Die verdammten Schmerzen wurden von Tag zu Tag schlimmer, nicht mal mehr in der Nacht hatte sie noch Ruhe davor. Wahrscheinlich schlug ihr die viele Grübelei einfach auf den Magen, war ja schließlich kein Wunder. Ihre Gedanken rotierten permanent um den Job, sämtliche idiotischen Aufgaben, die Leo ihr auf den Tisch knallte, die Angst davor, den nächsten Fehler zu machen – denn tatsächlich stellte sie fest, dass ihre Konzentrationsfähigkeit langsam unter diesem ganzen Chaos zu leiden begann –, die vergangenen Auseinandersetzungen mit Leo, die ihr allein bei der Erinnerung schon Tränen der Ohnmacht in die Augen trieben, die abschätzigen Blicke der anderen, die insgeheim auf den nächsten Skandal warteten …
In der letzten Nacht war sie bis vier Uhr wachgelegen, weil
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