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Donaugrund (German Edition)

Donaugrund (German Edition)

Titel: Donaugrund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Silberhorn
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eigentlich kein » zu nett« gab. Im Laufe der Zeit (oder der Beziehung) kehrten die meisten Männer ohnehin frohen Mutes und ungeniert den Rüpel heraus.
    Davon kann ich schließlich ein Lied singen … Nicht dass Raphael seinen inneren Haudrauf jemals, wenigstens anstandshalber, verschleiert hätte; so offen und ehrlich war er dann doch von Beginn an. Aber manchmal geht mir das ganze Auf-den-Tisch-Gehämmere und Zeugen-Angeschnauze und Markige-Sprüche-Geklopfe doch gehörig auf meinen zartbesaiteten Geist. Wie angenehm wäre es hingegen, Tag und Nacht von einem Feingeist, einer empfindsamen Künstlerseele gar umgeben zu sein, die mir Gedichte vorliest und hauptsächlich damit beschäftigt ist, ihre Liebe und Verehrung für mich in blumige Wort zu fassen? Hach …
    Wie, Sie meinen, das würde mir ziemlich schnell auf die Nerven fallen? Und ich müsste dann wohl für zwei Leute Getränkekisten schleppen und IKEA -Möbel aufbauen, und da möchten Sie mich mal sehen? Und überhaupt glauben Sie nicht, dass mich ein Feingeist länger als fünf Stunden am Stück ertragen würde? Ja, ja, ist ja gut, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich denke, ich habe verstanden.
    Im Übrigen fehlt mir jetzt ohnehin die Zeit, darüber nachzudenken.
    André König starrte trübsinnig vor sich hin, und am liebsten hätte ich ihn tröstend in die Arme genommen. Insgeheim hoffte ich bereits, dass er nicht aus unerfüllter Liebe einen – oder gleich mehrere – folgenschwere Fehler begangen hatte. Sogar auf das Risiko hin, dass das unsere Ermittlungen endgültig an einen toten Punkt bringen würde.
    »Wie standen Sie eigentlich zu Jan Wahlner, Herr König?«, fragte Raphael beiläufig.
    Der misstrauische Ausdruck in Königs Augen bewies, dass er dieses Mal genau durchschaute, worauf Raphael hinauswollte. »Auch wenn Sie sich das nicht vorstellen können: völlig neutral«, antwortete er betont sachlich. »Wir hatten nicht viel miteinander zu tun – Carola Bloch stand ja als Puffer zwischen uns. Und Carola hat ihre Abteilung gut genug im Griff, sodass Jan keinen Grund hatte, selbst mitzumischen. Bei den wenigen Gelegenheiten, wo es eine direkte Zusammenarbeit gab, hat aber alles problemlos geklappt.«
    »Kein geheimer Groll?«, fragte Raphael weiter. »Keine Eifersucht?«
    »Eigentlich nicht«, antwortete König mit ausdruckslosem Gesicht. »Wie ich schon sagte: Verdrängung.«
    »Wie lang kann man denn verdrängen, Herr König?« Raphael klopfte bedächtig mit den Fingerknöcheln auf den Tisch. »Bis sich das Verdrängte gewaltsam einen Weg bahnt?«
    Wieder trat ich Raphael unter dem Tisch auf den Fuß, dieses Mal weitaus weniger zärtlich.
    André Königs Augenlider flatterten nervös, aber unter den Umständen konnte ich ihm das auch nicht verdenken. Er besaß sicher genug Sensibilität, um Raphaels Absichten zu durchschauen. »Ich weiß nicht«, antwortete er schließlich. »Aber falls ich irgendwann nicht mehr verdrängen kann, werde ich es Sie gerne wissen lassen.«
    Diese für seine Verhältnisse ungewöhnlich forsche Antwort schien endlich auch Raphael davon zu überzeugen, dass König wenigstens über einen Mindestgehalt an Testosteron verfügte – jedenfalls erhob er endlich keinen Einwand mehr.
    Eines wollte ich noch abklären, bevor wir König fürs Erste wieder entließen. »Wie erklären Sie sich eigentlich, dass sich Frau Kleingrün so an ihren Job hier klammert?«
    König seufzte. »Ich glaube, sie hat große Angst, nichts anderes zu finden – ihr Abschluss war nicht gerade eine Glanzleistung, sie hat außer ihrem Job hier keine Berufserfahrung, und unser Tätigkeitsfeld bei HEUREKA ist so speziell, dass man in einer anderen Firma wohl wieder bei null anfangen müsste. Und davor scheut sie sich natürlich. Außerdem …« Er machte eine Pause, wie um nach den richtigen Worten zu suchen. »Auch wenn sie momentan mit den Nerven ziemlich runter ist: Sie ist nun mal eine Kämpferin. Vielleicht denkt sie sogar manchmal darüber nach, aber ich bin mir sicher, sie würde nie klein beigeben.«
    * * *
    Wenigstens war dieses tote Tier endlich aus ihrem Blickfeld verschwunden.
    Celia hatte eine Tablette gegen die Magenschmerzen genommen, dumpf aus dem Fenster gestarrt und darauf gewartet, dass endlich die Wirkung einsetzte. Bald hatten die Krämpfe aufgehört, nur noch ein flaues Gefühl war geblieben, aber das kam wohl weniger vom Magen als vielmehr von dem Wissen, dass es jemanden gab, der sie wirklich über alle Maßen

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