Donaugrund (German Edition)
hasste. » GIB ENDLICH AUF , SONST …« Sonst was? Sie spürte das Prickeln in ihrem Nacken, als sich die feinen Härchen aufstellten. Sonst … würde es ihr ergehen wie der Taube? Oder wie … Jan?
Sie schnappte unwillkürlich nach Luft, als ihr ein Gedanke kam. Weshalb hatte sich die Kripo so für die Anschläge auf sie interessiert? Oh mein Gott … War derjenige, der Jan auf dem Gewissen hatte, jetzt hinter ihr her? Aber weshalb? Wer sollte ihr nach dem Leben trachten? Ihr wurde heiß und kalt gleichzeitig. Trotz der Tablette schlug ihr eine eiserne Faust in den Magen.
Celia, beruhig dich. Du siehst Gespenster.
Kein Wunder, so angespannt, wie sie war.
Keine Panik, sie war bestimmt in Sicherheit. Daran durfte sie gar nicht zweifeln, wenn sie nicht endgültig durchdrehen wollte. Mit einer unwirschen Geste fegte Celia ihre Paranoia vom Tisch. Dennoch, ein kleiner, mit spitzen Zähnen nagender Zweifel blieb.
Aber es half nichts, die Show musste weitergehen. Sie beschloss, zunächst die Texte für das Seitensprung-Portal nach Saschas Wünschen zu überarbeiten, damit die Webseite endlich online gehen konnte; an ein paar – zum Glück sehr wenigen – Formulierungen hatte er sich gestern noch gestoßen. Und danach konnte sie sich endlich mit vollem Engagement der ihr auferlegten Bewährungsprobe widmen.
Tatsächlich ging ihr die Arbeit erstaunlich gut von der Hand. Vielleicht, weil André zuerst vernommen worden war und dann ein Abteilungsmeeting hatte – und sie so nicht durch seine Anwesenheit und seine betroffenen Blicke ständig an die tote Taube und das Desaster des gestrigen Abends erinnert wurde. Nur ab und an schweiften ihre Gedanken ab, zu Andrés erst enttäuschter, dann verärgerter Miene. Und natürlich zu den trüben Augen der Taube. Aber nach jedem tiefen Durchatmen rückten diese Schrecken zum Glück weiter in den Hintergrund, und so klopfte sie bereits nach einer knappen Stunde an Leos Tür.
»Herein.« Ruppig wie eh und je. Mittlerweile reichte der Gedanke an Leo aus, um ihr schweißnasse Hände zu bereiten, der Klang seiner Stimme bescherte ihr zusätzlich einen trockenen Mund, und dieses lästige Zittern, das sie in den letzten Tagen ständig befiel, hatte sie auch nicht unter Kontrolle.
Ganz ruhig, Celi!
Mit einem knappen Nicken trat sie ein und ignorierte Leos genervtes Schnaufen. »Ich bin nur … äh … ich habe die Texte für das Seitensprung-Portal jetzt fertig und wollte … äh … damit du noch mal gucken kannst.« Scheiße. Mit diesem Gestammel provozierte sie ja geradezu, dass Leo gleich wieder auf ihr herumtrampelte!
»Meine Fresse, Celi, ich kann diese Scheiße nicht mehr sehen!« Er lehnte sich zurück und musterte sie verächtlich von oben bis unten.
»Ich dachte nur … Sascha wollte noch ein paar Kleinigkeiten umformuliert haben, und das hab ich jetzt gemacht, aber vielleicht soll das noch einmal geprüft werden, weil –«
»Sag mal, kriegst du eigentlich irgendwas allein auf die Reihe?« Leo stand auf, ging um seinen Schreibtisch herum und baute sich vor ihr auf.
Intuitiv wich Celia einen Schritt zurück.
»Mach den Bockmist allein, und zwar dalli. Du wirst es doch wohl schaffen, endlich dieses Fremdfick-Portal online zu bekommen.«
»Okay«, sagte sie und verfluchte sich selbst dafür, dass ihre Stimme zitterte. Die Technikabteilung hatte längst alles vorbereitet, wartete nur noch auf die Inhalte – das würde sie wirklich allein schaffen. Es sah Leo zwar nicht ähnlich, ihr freie Hand zu lassen, aber …
»Ist doch genau dein Thema, oder?« Er grinste süffisant auf sie herunter.
Arschloch. Gottverdammtes Arschloch. Mit einem letzten, ziemlich kläglichen Nicken öffnete Celia die Tür in ihrem Rücken.
* * *
»Also, ich weiß nicht. Auf mich macht er einen aufrichtigen Eindruck. Er ist halt schüchtern.«
»Das sind die Schlimmsten«, knurrte Raphael.
»Ach, Sarah. Es ist doch alles sonnenklar!« Moritz’ begeistertes Grinsen strahlte mit der sich nach gefühlten zehn Jahren erstmalig wieder durch die Wolkendecke kämpfenden Sonne, die plötzlich den Besprechungsraum erhellte, um die Wette. »König ist der festen Überzeugung, dass die Kleingrün eh nicht klein beigibt. Also spielt er auf Zeit: Irgendwann wird sie Dankbarkeit mit Liebe verwechseln und unter orgiastischem Stöhnen in seine Kiste sinken!«
»Entspricht das deinen einschlägigen Erfahrungen mit Frauen?« Ich konnte kaum glauben, dass Raphael und Moritz trotz – oder gerade
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