Donavan und das süsse Leben
für
Pervertierte übers ganze Land verbreiten — mit Entführungsspezialitäten am
Freitagabend?«
»Das Bordell ist nur ein
Nebengeschäft«, erwiderte er kurz. »Im wesentlichen dient es meinem eigenen
Vergnügen. Es ist außerdem sehr nützlich bei der Unterhaltung von Kunden. Kann
ich einen Drink bekommen?«
»Noch nicht«, sagte ich.
»Gut.« Er fletschte die Zähne.
»Es handelt sich um einen meiner Freunde, Mike Alvarez. Haben Sie von ihm
gehört?«
»Bis jetzt nicht«, antwortete
ich.
»Er ist einer der Top-Auslandskorrespondenten
in diesem Land«, sagte er. »Absolut brillant und sehr engagiert. Vor einem
halben Jahr beschloß er, nach Kambodscha zu gehen und herauszubekommen, was
sich dort abspielt. Obwohl ihm, wie ich hinzufügen möchte, jedermann abgeraten
hat. Er kam dort hinein, aber sie lassen ihn nicht mehr heraus.«
»Haben Sie von ihm gehört?«
»Sozusagen auf Umwegen. Sie
halten ihn in der Nähe der Küste gefangen, und ich vermute, sie werden ihn
niemals wieder laufenlassen, weil das, was immer er berichten würde, nicht eben
schmeichelhaft für die Machthaber sein würde, um es milde auszudrücken.«
»Und?«
»Er ist mein bester Freund. Ich
kann ihn nicht einfach für den Rest seines Lebens dort verrotten lassen.«
»Und Sie brauchen Hilfe, um ihn
herauszuholen?«
»So ist es, Donavan«, sagte er.
»Ich bitte Sie, mir zu helfen, ihn herauszuholen. «
»Haben Sie da eine bestimmte
Vorstellung?« erkundigte ich mich. »Sollte man vielleicht einen Dritten
Weltkrieg als raffiniertes Ablenkungsmanöver inszenieren?«
»Ich glaube, daß es durchaus
möglich ist«, sagte er ernsthaft. »Eine sorgfältig geplante Befreiungsaktion
mit anschließender Flucht.«
»Das klingt sehr interessant«,
sagte ich. »Wollen Sie jetzt Ihren Drink haben?«
»Danke«, erwiderte er. »Scotch
und Soda, bitte.«
»Schenken Sie sich ein«, sagte
ich.
Er stand auf und strebte in
Richtung des Barschranks. Ich ließ ihn drei Schritte weit gehen, während ich
die Pistole aus dem Holster nahm, dann verpaßte ich ihm mit dem Lauf von hinten
einen Schlag gegen die Schläfe. Sobald er zu Boden gestürzt war, packte ich ihn
am Kragen seines Jacketts und schleifte ihn zur vorderen Haustür. Sein Wagen
war unverschlossen, und der Zündschlüssel steckte. Ich stopfte den Burschen auf
den Rücksitz. Dann kehrte ich ins Haus zurück und trug Jennie Moss’ Leiche
hinaus, um sie neben den >Besitzer< zu legen.
Die Fahrt zurück zu dem Haus
aus dem siebzehnten Jahrhundert dauerte nicht lang. Ich parkte den Wagen auf
der ungeteerten Straße in rund hundert Meter Entfernung von dem Gebäude und
schaltete die Lichter ab. Der Kerl war noch bewußtlos, als ich ihn aus dem
Rücksitz zerrte. Ich zog ihn splitterfasernackt aus, verstaute ihn in dem
Kofferraum des Wagens und schlug den Deckel zu. Nachdem ich der Jackettasche
die Hausschlüssel entnommen hatte, legte ich den Saville Row-Anzug über das
Mädchen. Irgendwie, so schien mir, wirkte sie dadurch dezenter. Dann trug ich
sie zu einer nahegelegenen Baumgruppe und setzte sie dort ab, so daß ihr Rücken
von einem der Stämme abgestützt wurde. Ich hoffte, daß sie in nicht allzu ferner
Zeit von irgend jemandem gefunden wurde.
4
Ich fuhr, nachdem ich die
Scheinwerfer wieder angestellt hatte, den Wagen vollends die ungeteerte Straße
entlang und hielt vor dem Haus. Nach einigem Herumexperimentieren fand ich den
Schlüssel, mit dem ich die Eingangstür öffnen konnte. Niemand stand zu meiner
Begrüßung bereit, wofür ich dankbar war. Ich ging den Korridor entlang zum
>Jagdzimmer<, und da saßen sie beide und hatten gemütlich einen Drink vor
sich stehen. Keiner der zwei schien sonderlich entzückt zu sein, als ich, die
Pistole in der Hand, ein trat. Der Major sah eigentlich weniger mißvergnügt als
schlicht nervös aus.
»Kein Drumherumgerede«, sagte
ich kalt. »Ich will ein paar exakte Antworten haben.«
»O Gott«, sagte Lottie
verbittert, »der schon wieder!«
»Wenn Sie den >Besitzer<
sprechen wollen«, sagte Major Orpington nervös, »er ist schon vor einiger Zeit
weggefahren. Er sagte, er wolle Sie aufsuchen.«
»Ich suche nach meinem Faktotum
Hicks«, erklärte ich.
»Nach wem?« fragte Lottie
verdutzt.
»Nach dem Irren, der mich vom
Pferd geworfen hat«, sagte der Major. »Ein schrecklich aussehender Kerl mit
einer Narbe von einem Schnitt an der einen Seite seines Gesichts.«
»Ziehen Sie sich aus«, sagte
ich zu Lottie.
»Wie?« fragte sie mit
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