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Donner: Die Chroniken von Hara 3

Donner: Die Chroniken von Hara 3

Titel: Donner: Die Chroniken von Hara 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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diesen Ort jeden Tag aufzusuchen. Er verbrachte dort ganze Stunden, in denen er mit der eigenen Gabe rang, um jene Zauber zu wirken, die allen anderen leicht und mühelos von der Hand gingen. Seit Jahren schon rannte er mit dem Kopf gegen die Wand, die ihn daran hinderte, sich seinen Funken zu unterwerfen. Die Beschaffenheit dieses Hemmnisses vermochte er beim besten Willen nicht zu begreifen, obwohl er bereits die gesamte Korunner Bibliothek auf der Suche nach einer Erklärung durchforstet hatte.
    Selbst die Bücher aus dem Zeitalter der Spaltung schwiegen darüber, wie der erste männliche Heiler in der Geschichte Haras ausgebildet werden müsse, damit er seine Gabe kontrollieren könne. Cavalar indes beabsichtigte keineswegs aufzugeben. Von einem unbeirrbaren Glauben an sich selbst erfüllt, zweifelte er nicht eine Sekunde daran, früher oder später Erfolg zu haben. Bis dahin hieß es freilich, Theorie zu bimsen und sich in der Praxis zu vervollkommnen.
    Er hatte den Springbrunnen noch nicht erreicht, als er stirnrunzelnd stehen blieb. In der Laube – in seiner Laube – saß ein Mann, ein Bein über das andere geschlagen. Diese Überraschung missfiel ihm, zumal an diesem Ort zuvor noch nie jemand gewesen war.
    Der Mann auf der Bank musste den Blick spüren, denn er wandte sich zu dem Heiler um. Er hatte ein hageres, sonnengebräuntes Gesicht mit scharf hervortretenden Wangenknochen, einer hohen Stirn und kurzen schwarzen Haaren. An den Schläfen schimmerte ein viel zu frühes Silber. Das Kinn zierte ein Dreitagebart. Die flinken Augen blickten verschmitzt drein. Auf dem Hemdsärmel des Unbekannten prangte zu des Heilers Erstaunen das Zeichen eines Glimmenden. Aber warum wundere ich mich darüber?, fragte sich Cavalar. Als gäbe es nicht zahllose Funkenträger im Land, vor allem in den Städten.
    Dieser Mann kommt bestimmt von außerhalb, dachte Cavalar und nickte dem Mann freundlich zu.
    Der Glimmende drehte sich jäh zu den schäumenden Strömen des Brunnens zurück. Achselzuckend setzte Cavalar seinen Weg fort, mochte er sich in Anwesenheit eines Fremden doch nicht mit seinen Zaubern beschäftigen. Hinter den Pappeln lag noch eine weitere kleine Laube, zu der er sich nun begab, zunächst noch verdrossen, dass sein angestammter Platz belegt war, dann jedoch wieder heiteren Gemüts.
    In der Laube legte er das Buch auf den Tisch und zeichnete voller Eifer verschiedene Schemata auf, die nur er verstand. Als er sieben Seiten mit Varianten gefüllt hatte, fing er an, jeden einzelnen der ersonnenen Zauber zu wirken. Die, die seinen Funken nicht ansprachen, strich er durch. Nach einer Stunde gönnte er sich eine Pause, aß eines der Zimtbrötchen und grübelte darüber nach, ob es nicht einen Fehler bedeutete, die Ströme über den südwestlichen Knoten zu verteilen. Sollte er, da sein Funken nun einmal nur schwach leuchtete, nicht lieber Doppelknoten benutzen, um die Wirkung zu verstärken?
    Aufs Neue machte er sich ans Werk. Mit dem sechsten Schema erzielte er einen ersten Erfolg. In seinen Fingern spürte er die vertraute Wärme, die Welt vor seinen Augen zitterte ein wenig, wie es stets der Fall war, wenn er die Herrschaft über seinen Funken errang. Behutsam wie jemand, der auf der Suche nach wildem Honig neben einem Astloch voll surrender Bienen verharrt, hielt er den Atem an und begann den Zauber zu wirken. Linie für Linie, Knoten für Knoten. Doch just als er das Geflecht vervollständigte, flackerte sein Funken und erlosch. Auch dieses Mal wollte ihm der Zauber nicht glücken …
    Enttäuscht fasste er sich an den Kopf.
    »Tröste dich, du bist schon gut vorangekommen«, bemerkte da der Glimmende von vorhin, der nun neben der Laube stand und Cavalar neugierig beäugte. »Auch ich hatte anfangs … diese Schwierigkeiten. Du behebst sie, indem du lernst, deine Kraft auf die richtige Weise zu schöpfen.«
    »Das weiß ich selbst«, grummelte Cavalar, der sich über diesen Besuch keineswegs freute.
    »Darf ich dir einen Rat geben?«
    »Von mir aus.«
    Der Unbekannte stellte eine dunkelgrüne Leinentasche auf den Tisch, langte nach dem Apfel, biss hinein und kaute nachdenklich.
    »Was ist die Grundlage der Gabe?«, fragte er schließlich.
    »Der Funke.«
    »Gewiss. Doch gehe einen Schritt weiter. Was liegt diesem wiederum zugrunde?«
    »Die Quelle.«
    »Richtig. Die Glücklichen Gärten für den lichten Funkenträger, das Reich der Tiefe für den dunklen Funkenträger – und alles beides für den klugen

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